Wer in der Schweiz an Radquer denkt, der hat Bilder wie dieses im Kopf:
Die Schweiz mit ihren vielen Hügeln, Bergen und Wiesen scheint prädestiniert zu sein für die dynamische Sportart im Dreck. Deshalb sorgte die Wahl des WM-Austragungsortes für einige Kritik. Denn der Flugplatz Dübendorf ist – wenig verwunderlich bei seiner eigentlichen Bestimmung – topfeben. Aus den wenigen natürlichen Möglichkeiten für Höhenmeter das Maximum herauszuholen war die Aufgabe von Streckenchef Daniel Gysling.
«Der Kurs führte zu einigen Diskussionen», gibt Markus Pfisterer zu. Der Geschäftsführer von Swiss Cycling und Co-Präsident des WM-Organisationskomitees erklärt, dass ein Anlass dieser Grössenordnung viel Platz für die gesamte Infrastruktur benötigt, für Zuschauer, für das Fernsehen.
«Wir wollen auch Leute erreichen, die vielleicht keine Hardcore-Velofans sind», führt Pfisterer aus. Deshalb findet beispielsweise während der WM auch ein Food Festival auf dem Gelände statt. «Hier in Dübendorf werden die verschiedenen Anforderungen ideal erfüllt», ist er überzeugt.
Aus Sicht des OKs finde die WM auf einem Kurs statt, der «ganz interessante Rennen ermöglichen wird. Die Fahrer, mit denen ich bis jetzt geredet habe, fanden den Kurs jedenfalls recht cool.» 3,2 Kilometer lang ist eine Runde.
Einer davon ist Kevin Kuhn. Der Zürcher Oberländer tritt als Gesamtweltcupsieger der U23-Kategorie an und gilt als grösste Schweizer Hoffnung auf eine Medaille. Die Kritik am Parcours könne er überhaupt nicht verstehen, sagt Kuhn. «Ich bin komplett anderer Meinung. So ist Radquer eben heute. In Belgien hat es auch Strecken, die topfeben sind, bei denen es sogar noch weniger hoch und runter geht als in Dübendorf, da sagt auch niemand etwas dagegen.»
Für den bald 22-jährigen Kuhn ist das Flughafen-Gelände der perfekte Ort für eine WM. «Es hat generell viel Platz und man hat auch genügend Hindernisse und Brücken aufgestellt. Für mich ist der Kurs top.»
Auch der Schweizer Nationaltrainer Bruno Diethelm mag nicht in den Kanon jener einstimmen, die über fehlende Hügel jammern. «Schlussendlich kann man alles kritisieren», meint Diethelm, «hätte es grosse Berge dabei, wäre das auch kritisiert worden. Ich bin davon überzeugt, dass es eine tolle Strecke ist.»
Diethelm erinnert an die letzten EM- und WM-Rennen, die tendenziell auch auf eher flachen Kursen ausgetragen wurden. «Alle diese Rennen waren extrem spannend.» Darauf kommt es aus Zuschauersicht ja letztlich auch an: Dass der Kampf um Sieg und Medaillen bis zuletzt offen bleibt. Diethelm sagt, man habe aus den gegebenen Umständen in Dübendorf viel herausgeholt. «Die kleinen Rampen sind ziemlich tricky und auch sehr steil. Wenn man in einer Gruppe dahin kommt und einer einen Fehler macht, dann kommt da keiner hoch, weil sie absteigen müssen. Sofort entsteht ein Loch, das man wieder zufahren muss.»
Verbands-CEO Pfisterer sagt zwei Tage vor dem ersten Rennen, man sei sehr, sehr guter Dinge. Die Vorverkaufszahlen stimmten, man rechne mit knapp 20'000 Zuschauern an beiden WM-Tagen zusammen. «Aber mehr Fans nehmen wir natürlich gerne.» Nicht nur Schweizer Anhänger werden erwartet, aus Belgien und Holland haben sich einige Cars mit Schlachtenbummlern angemeldet.
Ihnen allen dürfte es ähnlich gehen wie Markus Pfisterer, der sagt: «Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nur alle drei Tage auf den Wetterbericht schaue. In Tat und Wahrheit mache ich es alle drei, vier Stunden.» Es wird wohl mild sein in Dübendorf, zwischendurch fällt vermutlich Regen. Es ist also angerichtet für ein Schlammfestival, an dem Bilder produziert werden, die an früher erinnern – auch wenn es keinen dreckigen Steilhang gibt.
Mit 40 Fr Eintritt am Sonntag?
Wenn jetzt zwei ganz genau identische Fahrer gegeneinander antreten würden, einer mit dem Radquer Velo und einer mit dem Mountainbike. Wer wäre wohl schneller?
Kommt warscheinlich auch ein bisschen auf die Wetterbedingungen an.