«Oh, verflucht», rutscht es aus Nöldi Forrer raus. Dann muss er lachen: «So genau wollte ich das gar nicht wissen.» Der Schwingerkönig aus dem Toggenburg hat gerade erfahren, wie weit die Distanzen beim Cape Epic wirklich sind. Im März wird er sich mit 1200 weiteren Wagemutigen rund um Kapstadt in Südafrika während acht Tagen auf dem Mountainbike durch die Gegend quälen. 700 Kilometer wird er dann zurücklegen und rund 16'000 Höhenmeter.
Wir haben die Distanzen für ihn «übersetzt»: Die Gesamtlänge entspricht etwa der Distanz von seinem Wohnort Stein im Toggenburg nach Paris, die Höhenmeter bedeuten von sich zuhause innert acht Tagen zehn Mal auf den Säntis (2502 M.ü.M.). Die längste Etappe über 128 Kilometer entspricht etwa dem Weg von Stein bis nach Luzern oder Andermatt. Die 2300 Höhenmeter der anspruchsvollsten Etappe würden bedeuten, dass er von der Schwägalp an einem Tag zweimal auf den Säntis hoch müsste. Diese Gegend kennt der Käsermeister bestens. Das Schwägalp-Schwinget hat er schon viermal gewonnen. Bei allen vergleichen wiederholt sich Forrer: «So genau wollte ich das gar nicht wissen.»
Am Mittwochabend wurde die Route der «Tour de France des Mountainbike-Sports», wie eines der härtesten Etappenrennen der Welt auch genannt wird, bekannt gegeben. Die Organisatoren haben die Vorstellung der Tortur in ein nettes zehnminütiges Video verpackt:
Forrer hat das Video gesehen. Sein erster Eindruck: «Ich habe mich gefreut. Die Landschaft sieht super aus.» Aber klar, auch er weiss, dass es auf Youtube einfacher aussieht, als dann auf dem Bike: «Ich habe gesehen, dass es weit ist, aber in Gottes Namen, das werden wir über die Bühne bringen.»
Wir, das sind er und sein Partner Evert van Muyden, der das Cape Epic im letzten Jahr bereits beendete. Das Rennen wird in Zweierteams ausgetragen. Van Muyden vom Team Meerendal fragte den Schwinger an, ob er Lust auf das Abenteuer habe. «Ich kannte das Cape Epic vorher schon, habe es teilweise am TV gesehen – aber nein, von mir aus wollte ich nie mitmachen.»
Trotzdem hat der 36-Jährige zugesagt. Biken ist eines seiner Hobbys. Aber solche Strecken hat er noch nie absolviert. Viele Etappen sind länger als 100 Kilometer: «Das habe ich noch nie am Stück zurückgelegt. Also mit dem Auto schon, aber das hilft da ja auch nichts», scherzt Forrer.
Das Training allerdings geht er motiviert an. Auch die Gedanken an seinen üblen Bike-Sturz von 2010 ändern da nichts mehr. Damals flog er kopfüber ab, verletzte sich und sagt noch heute, dass er die Nachwehen in der Schulter oder im Nacken teilweise noch spüre. Der Sturz ist nichts für schwache Nerven, aber hier gibt's den Unfall zu sehen:
Die Vorbereitungen auf das Cape Epic laufen auf Hochtouren. Bald möchte der Schwinger mit Mountainbike-Crack Ralph Näf, der das Cape Epic als Profi zweimal beendete, eine Trainingsfahrt unternehmen. Und ansonsten hält sich Forrer an sein persönliches Spezialtraining: Die zweijährige Tochter in den Anhänger, mit dem Bike 700 Höhenmeter auf den Stockberg hoch und dann noch für die letzten 300 Höhenmeter zu Fuss das Töchterchen auf dem Rücken hochtragen. «Das ist sicher so hart wie 2000 Höhenmeter alleine auf dem Velo, oder?», fragt Forrer amüsiert.
Im Weiteren möchte Forrer im Winter auf dem Spinningvelo, beim Langlaufen und mit Skitouren seine Ausdauer trainieren. Zudem wird er bei der Premiere des Snow Epic im Januar mit einem Fatbike vier Tage rund um Engelberg unterwegs sein. «Die Kälte mag ich eigentlich nicht so. Ich mags lieber heiss, das ist auch beim Schwingen so», sagt Forrer.
Diesen Wunsch wird ihm Südafrika im März erfüllen. Mit bis zu 40 Grad muss der 1,94-Meter-Hüne rechnen. Da wird er dann jedes Kilogramm Körpergewicht merken. Darum sagt der fast 125-Kilogramm-Turm: «Ich will bis im März 15 Kilogramm abspecken. Das wird mir auch das Velo danken.»
Mit 110 Kilogramm hätte der fast 100-fache Schwingfest-Sieger zwar noch nicht die Idealfigur für einen mehrtägigen Bike-Marathon, aber in diesem Jahr beendete die südafrikanische Rugby-Legende John Smit mit 112 Kilo das Rennen. Dieser erklärte damals: «Mental war ich bereit. Ich weiss wie man mit Schmerzen umgeht.» Allerdings gestand Smit auch: «Ich ahnte nicht, auf was ich mich wirklich einliess.» Und er dürfte Forrer recht geben, wenn dieser sagt: «So genau will ich das nicht wissen.»