Noch neun Tage dauert es, bis der Schweizer Radsport wieder eine Landesrundfahrt für Frauen hat. Wobei dieser Name etwas mehr verspricht, als er hält. Am Samstag und Sonntag nächste Woche (5./6. Juni) werden zwei Etappen auf Rundkursen mit Start und Ziel in Frauenfeld ausgetragen – und dann ist diese Rundfahrt auch schon wieder vorbei. Dennoch wurde der Name «Tour de Suisse Women» gewählt, auch weil es das Ziel der Organisatoren ist, künftig eine längere Rundfahrt ausrichten zu können.
Thomas Peter, der Geschäftsführer von Swiss Cycling, sagte am Mittwochmorgen vor den Medien mit Blick auf die Finanzierung des Rennens, dass man «ein kleines Stück weiter» sei. Es sehe zudem gut aus, dass auch 2022 ein Rennen organisiert werden könne. Klar ist: Diese Tour de Suisse der Frauen soll keine Eintagsfliege sein.
Eine eher kurzfristige Organisation und die Tatsache, dass in Frauenfeld ein Schweizer National- und zwei Regionalteams am Start sein werden, sorge beim Verband derzeit für viel Arbeit, schilderte Peter. Weil auch andere Rennen anstehen, muss etwa geschaut werden, dass genügend Betreuer und Material vorhanden sind. Dies alles vor dem Hintergrund, dass bald die Olympischen Spiele in Tokio anstehen, die ebenfalls final vorbereitet werden. Doch das sei Arbeit, die man gerne auf sich nehme. «Wir sind sehr, sehr begeistert, dass es mit der Tour de Suisse Women klappt.»
Die Premiere in Frauenfeld wird ein Rennen der dritthöchsten Stufe des Weltverbands sein. Laut dem Sportdirektor der Tour, David Loosli, ist es das Ziel, «die Leiter hochzukraxeln und vielleicht einmal ein Rennen der höchsten Stufe ausrichten zu können.» Damit würde man offene Türen einrennen, schon jetzt war das Interesse der Teams gross. Nicht weniger als 45 Equipen hätten sich um einen Startplatz beworben, freute sich Loosli. «Die Nachfrage nach diesem Rennen in der Schweiz ist enorm.» 17 Equipen erhielten letztlich eine Zusage, vier davon aus der höchsten Kategorie.
Auf der provisorischen Startliste sind nicht weniger als 28 Namen von Schweizerinnen aufgeführt. Die prominentesten beiden sind jene der bei Profi-Teams beschäftigten Elise Chabbey und Marlen Reusser. Letztere sagte, sie freue sich «wahnsinnig» darauf, vor Schweizer Publikum fahren zu dürfen. Die Tour de Suisse Women sei für sie «ein emotionales Saison-Highlight, aber kein sportliches.» Die 29-Jährige ist eine Weltklasse-Zeitfahrerin, gewann an der WM 2020 Silber im Kampf gegen die Uhr.
Die beiden Etappen im Raum Frauenfeld haben einen unterschiedlichen Charakter. Die erste ist hügelig, «da werden wir sicher Action sehen», ist Loosli überzeugt. Die zweite Etappe ist flach und kommt damit den Sprinterinnen entgegen.
«Beide Etappen sind nicht auf meine Fähigkeiten zugeschnitten», meinte Reusser, die gespannt ist, was ihre Kollegin Chabbey auf der ersten Etappe erreichen kann. Die 28-Jährige hatte kürzlich an der Burgos-Rundfahrt geglänzt, bei der sie zwischenzeitlich das Leadertrikot trug.
Eine andere Schweizer Starterin wird Noemi Rüegg sein. Die 20-Jährige wurde unlängst bei der Valencia-Rundfahrt beim Sieg von Ex-Weltmeisterin Annemiek van Vleuten Gesamtfünfte und gewann die Nachwuchswertung. Es sei super, dass es nun eine Tour de Suisse für Frauen gebe, betonte Rüegg und blickte gleichzeitig in eine Zukunft, in der das Rennen aus mehr Etappen besteht. «Einmal wie die Männer einen Pass wie den Gotthard rennmässig zu befahren, wäre ein Traum, denn ich fahre gerne Berge.»
Es wäre ein weiterer Schritt hin zur Gleichstellung im Sport. Diese ist ein erklärtes Ziel von Bundesrätin Viola Amherd. In einer Videobotschaft brachte die Sportministerin ihre Freude darüber zum Ausdruck, dass es nun auch eine Frauen-Ausgabe der Tour de Suisse gebe. «Ich bin überzeugt, dass die Radsportlerinnen uns begeistern werden. Und Mädchen können dadurch sehen, wie attraktiv dieser Sport auch für Frauen ist und es kann sie motivieren, es ebenfalls zu versuchen.»