Drei Monate nach ihrem zweiten Geburtstag war Patrizia Kummer erstmals auf Ski unterwegs. Später tauschte sie diese mit einem Snowboard aus, wurde damit 2014 Olympiasiegerin im Parallel-Riesenslalom und strebt nun in Peking als 34-Jährige ihre dritte Teilnahme an Olympischen Spielen an.
Viele Wege führen zwar nach Rom, aber an die Olympischen Winterspiele 2022 in China führen genau zwei. Der eine Weg ist – wenn man sich sportlich dafür qualifiziert hat – einfach: Patrizia Kummer hätte sich wie fast alle anderen Wintersport-Cracks gegen Covid-19 impfen lassen können.
Kummer entschied sich gegen die Spritze. Ihr Weg zu einer Olympia-Teilnahme ist daher etwas komplizierter und führte sie ins Ungewisse. Denn die einzige Alternative, um ohne eine Impfung gegen das Coronavirus um die Medaillen fahren zu können, sind drei Wochen Quarantäne in China.
Und so lebt Kummer nun schon seit einer Woche in einem Hotel der Kette Holiday Inn Express am Stadtrand von Peking. Dort gehe es ihr hervorragend, sagte die Walliserin. Unfair findet sie das nicht. «Ich wusste, was auf mich zukommt.» Am Donnerstagvormittag schilderte Kummer per Video-Chat die Umstände ihrer aussergewöhnlichen Vorbereitungen.
«Es ist tiptop und sauber», sagte die Snowboarderin über ihr temporäres Daheim. Im Zimmer kann sie sich mit einem Ergometer und mit zwei verstellbaren Hanteln fit halten, andere Fitnessgeräte hat sie selber mitgenommen. Kummer wurde vor der Abreise nach China ein mindestens 25 Quadratmeter grosser Raum versprochen, sie schätzt ihn ein wenig grösser ein. Und weil sie die Möbel umgestellt hat – das Sofa steht neu am Kopfende des Bettes – meinte sie: «Ich habe nun ein Schlafzimmer und eine Stube.»
Schlau sei es gewesen, dass sie ihr eigenes Besteck mitgenommen habe, verrät die dreifache Gesamtweltcup-Siegerin mit einem Lachen. «Ich esse sowieso schon sehr langsam und mit Stäbchen dauert es ewig.» Das Essen schmecke ihr und sie erhalte auch genug: «Sie fragen jeden Tag, was ich gerne möchte.» Bislang habe sie stets Chinesisch gegessen in der Quarantäne. Gebracht wird ihr das Essen von Angestellten «in einem Mondanzug».
Während sie über ihr Wohlbefinden gerne Auskunft gab, hielt sich Kummer beim Thema Corona-Impfung zurück. «Andere haben sich für ihren Job entschieden, ich für meinen Körper», sagte sie dazu. Die 34-Jährige, die sich derzeit nebst dem Sport auch in traditioneller chinesischer Medizin weiterbildet, betonte, sie sei nicht generell gegen Impfungen und habe sich auch schon gegen die Grippe impfen lassen. Für sie ist es eine persönliche Wahl: «Das muss jeder für sich entscheiden.»
Die Kosten für die Quarantäne trägt sie selber, die Verbände übernehmen keinen Anteil daran. Sie freue sich jedoch, dass der Verband Swiss-Ski sie grundsätzlich weiterhin unterstütze. «In der heutigen Zeit ist es schwierig für Menschen, die nicht geimpft sind. Mir ist es egal, ob jemand geimpft ist oder nicht – und so denkt Swiss-Ski auch.» Auch im Snowboard-Team würden alle ihren Impfstatus akzeptieren.
Patrizia Kummer werden im Vergleich mit der Konkurrenz drei Wochen fehlen, in denen sie sich für das Saison-Highlight hätte auf Schnee in Form bringen konnte. Sie hofft, dass ihre körperliche Verfassung nicht all zu sehr unter der Quarantäne leidet. «Ich mache Visualisierungstraining, damit ich trotzdem ein wenig auf dem Snowboard bin – einfach in meinem Kopf.» Mental habe sie bislang gar keine Probleme: «Ich mag es, Zeit mit mir alleine zu verbringen.»
Negative Gedanken lasse sie gar nicht zu, sagte sie. «Andere Leute zahlen viel Geld, damit sie in einem Tempel drei Wochen in Stille verbringen können. Ich kann das jetzt hier.» Alles eine Frage der Einstellung. Die routinierte Athletin sagt zudem: «Snowboarden hat sehr viel mit Selbstvertrauen zu tun und ich glaube nicht, dass ich sehr viel verpasse.»
Kummer sieht für sich gar einen Vorteil ihrer Situation: «Ich werde keinen Jetlag haben und und die anderen haben auf europäischem Schnee trainiert, den chinesischen kennen sie genau so wenig wie ich.» Vier Tage bleiben ihr wie allen Snowboardern, um sich vor Ort auf den Wettkampf vorzubereiten. Sie kommen dann in China an, wenn Kummers Quarantäne endet.
Wie sich der Umweg über die dreiwöchige Quarantäne in China ausgewirkt hat, wird man in der Schweiz in den frühen Morgenstunden des 8. Februars mitverfolgen können. Dann findet im Wintersport-Resort «Secret Garden», etwa 200 Kilometer nördlich von Peking, der olympische Parallel-Riesenslalom der Frauen statt.
Emil Eugster
… und meint dabei das sei eine intelligente Aussage … jä nu …
TanookiStormtrooper
Für die Einreise in China muss man sich aber auch gegen Gelbfieber impfen lassen, da verstehe ich nicht warum diese Impfung dann kein Problem ist? Aber ja, Walliser verstehen ist allgemein schwierig. 🤷♂️
sansibar