Goran Stojanic fällt Danijel Saric um den Hals. Die beiden Goalies feiern den Vorstoss in den WM-Halbfinal. Die 37-jährigen Stojanic und Saric sind: Katarer. Eingebürgert für die WM. Sie sind zwei der Spieler, weswegen die Handball-Nationalmannschaft des Wüstenstaats derzeit im Fokus steht.
Katar hat viel Öl und wer viel Öl hat, der hat auch viel Geld. Aber weil damit nicht automatisch auch Anerkennung der Weltöffentlichkeit verbunden ist, versucht der Wüstenstaat diese auf andere Art zu gewinnen. Zum Beispiel mit Sport. Katar führt in den nächsten Jahren eine WM nach der anderen durch, das international umstrittene Highlight wird die Fussball-WM 2022 sein.
Doch mit der Organisation von Grossanlässen alleine haben die Scheichs nicht genug. Sie wollen – da der Gastgeber in der Regel fix für ein Turnier qualifiziert ist – auch aus sportlicher Sicht eine gute Visitenkarte abgeben. Der Haken: Katar ist vier Mal kleiner als die Schweiz. Und von den gut zwei Millionen Einwohnern haben nur etwa 300'000 einen katarischen Pass, der Rest sind Ausländer. Die Masse an potenziellen Fussball- oder Handball-Nationalspieler ist also gering.
Die Lösung: Spieler einkaufen. Am Geld scheitert dies ja nicht. Die Scheichs wussten bestimmt um den Reglements-Passus des Internationalen Handball-Verbands, welcher Nationenwechsel erlaubt. Wessen letztes Länderspiel drei Jahre zurückliegt, darf für ein anderes Land auflaufen.
Katars Handeln ist legal. Aber es gibt Reglemente und es gibt eine Moral. Die Scheichs können Klubs kaufen wie Manchester City oder Paris St-Germain und dürfen dort die teuersten Spieler der Welt verpflichten. Aber sie haben kein Recht, den Sport kaputt zu machen, indem sie nun auch Nationalmannschaften nach eigenem Gusto zusammenstellen.
Doch was kratzt es die Scheichs? Die diversen Berichte über die Sklaven, welche die Stadien für die Fussball-WM bauen müssen, sind kaum erfunden. Den Scheichs ist demnach offensichtlich egal, was die Welt von ihnen denkt. Dass sie mit diesem Verhalten ihr eigenes Ziel, nämlich anerkannt und respektiert zu werden, torpedieren, scheinen sie nicht zu merken.
Wir müssen uns also darauf einstellen, dass diese Katarisierung der Sportwelt weitergeht. In der Leichtahtletik sorgen schon seit einigen Jahren Läufer aus Katar und Bahrain für Siege und Rekorde – in der Regel sind es eingebürgerte Kenianer. Bis zur Fussball-WM 2022 dauert es noch sieben Jahre. Genügend Zeit, um sich eine schlagkräftige Nationalmannschaft zu zimmern.
Ein Gedankenspiel: Katar holt 100 Talente aus Brasilien ins Land, 16- oder 18-Jährige. In einem Casting wird in den nächsten sieben Jahren ausgesiebt, es wird eingebürgert, eine WM-Truppe wird zusammengestellt. Es wird Wege geben, auf welchem die Reglemente ausgehebelt werden können. Und an Geld zur Umsetzung dieses Planes fehlt es nicht.
Die letzte Konsequenz ist die: Sportanlässe, bei denen nationale Auswahlen gegeneinander antreten, werden abgeschafft. Keine WM mehr, keine EM mehr, kein Davis Cup mehr. Nirgends mehr Schweiz – Deutschland, nur noch FC Basel – Bayern München. Bei Olympia keine Mannschafts-Sportarten mehr.
«Das spielt doch keine Rolle», kann man nun sagen. Und ergänzen: «Seit in der Schweizer Fussball-Nati fast nur noch Secondos spielen, ist mir das Team eh egal.» Aber diese Haltung ist schlicht falsch und auch gelogen: Die Schweiz ist dank der Secondos besser denn je und das Interesse an der Nati während der WM war riesig.
Shaqiri, Seferovic und wie sie alle heissen, sie alle haben einen Bezug zur Schweiz, sind in diesem Land aufgewachsen, zur Schule gegangen, sprechen die selbe Sprache wie der Müller, der Meier und der Huber. Mehr Bindung zu haben, geht eigentlich gar nicht. Das ist es, was die europäischen Multi-Kulti-Truppen von den Fremdenlegionen der Araber unterscheidet.
Nein, die Sportwelt darf nun nicht einknicken und Nationalmannschaften abschaffen. Die Verbände müssen im Gegenteil die Reglemente so verschärfen, dass ein Nationenwechsel nicht mehr so einfach möglich ist. Das ist auch im Interesse der Schweiz. Wer einmal für ein Land gespielt hat, auch schon als Junior, soll nicht mehr für ein anderes Land auflaufen dürfen.