Offiziell feiert Taribo West heute seinen 41. Geburtstag. Offiziell. Denn wie viele seiner Landsleute wird der 42-fache nigerianische Nationalspieler des Altersbetrugs beschuldigt. Während sich Normalsterbliche ein paar Jährchen zu früh in die Disco schmuggeln, soll West im grossen Stil betrogen und sich während seiner ganzen Karriere als zwölf Jahre jünger ausgegeben haben.
«Als Taribo im Jahr 2002 zu uns kam, erzählte er, dass er 28 sei. Später haben wir herausgefunden, dass er eigentlich schon 40 war. Aber er spielte immer noch super – also bereue ich nichts», erinnert sich Zarko Zecvic, der Ex-Präsident von Partizan Belgrad.
Taribo West bestreitet die Vorwürfe bis heute. Doch mit ein klein wenig Kopfrechnen lässt sich erahnen, dass seine Version wohl eher unglaubwürdig ist. 2013 vermeldeten verschiedene Quellen den Tod seiner Mutter. Sie soll 90-jährig in Lagos gestorben sein. Mit Jahrgang 1923 wäre sie an Taribo Wests offiziellem Geburtsdatum schon 51 Jahre alt gewesen.
Weltberühmt wird der Innenverteidiger aber nicht wegen dieser Schummelei. Seine verrückten Frisuren bringen Taribo West den Ruf eines Paradiesvogels ein. Vor allem während der Gold-Kampagne der «Super Eagles» bei den Olympischen Spielen von 1996 und den Weltmeisterschaften 1998 und 2002 zieht er mit seinen bunt gefärbten Zöpfchen alle Blicke auf sich.
Wer deshalb glaubt, Taribo West müsse ein grosser Partytiger sein, liegt völlig falsch. Er trinkt während seiner Karriere keinen Schluck Alkohol und lebt tief religiös. Während seiner Zeit in Mailand engagiert er sich bis zur Selbstaufgabe für Obdachlose, während die Kollegen von Inter Mailand und der AC Milan sich im Nachtleben vergnügen. Heute arbeitet er als Prediger für die Kirchgemeinde «Shelter in the Storm». Dorthin ist auch ein Grossteil seiner Fussball-Millionen geflossen.
Nicht immer war West so religiös. In den Slums von Lagos bestreitet er seinen Lebensunterhalt als Jugendlicher mit Einbrüchen, Drogenhandel und Raubüberfällen. Als sein bester Freund nach einer Messerstecherei auf offener Strasse verblutet, flieht er aus der Stadt und konzentriert sich ganz auf seine Sportkarriere. Seine Vergangenheit verarbeitet er mit Hilfe seines frisch entdeckten Glaubens.
Der wird ihm während seines fünfmonatigen Kurz-Engagements beim 1. FC Kaiserslautern zum Verhängnis. Nachdem er sich für ein Spiel gegen St. Pauli wegen einer Magen- und Darmerkrankung abgemeldet hat, reist West nach Mailand zu einem Fest seiner Kirchgemeinde und ist die ganze Woche nicht für seinen Verein zu sprechen. Kurzerhand wird er von den FCK-Verantwortlichen entlassen.
Später müssen diese nochmals für den teuren Fehlgriff bluten. Präsident Jürgen Friedrich und sein Vorstandskollege Gerhard Herzog werden wegen Steuerbetrugs verurteilt, weil sie mit Taribo West beim Vertragsabschluss eine Nebenvereinbarung über die Zahlung von 4,5 Millionen Mark Schwarzgeld getroffen haben.
Überhaupt ist fast kein Verein lange glücklich mit Taribo West. Immer wieder kommt es nach Eklats zur vorzeitigen Trennung. Ausser während seines ersten Europa-Engagements bei der AJ Auxerre verbringt er nie länger als zwei Saison beim gleichen Klub. Zwölf Profi-Stationen hat der Weltenbummler 2007 auf der Visitenkarte stehen, als er nach seinem letzten Auftritt in der iranischen Liga seine Karriere beendet. Bei europäischen Klubs bringt er es während zehn Jahren nur auf 168 Pflichtspieleinsätze.
Egal ob heute 41 oder 53 Kerzen auf der Torte stecken – Taribo West hat den Sprung ins moderne Kommunikationszeitalter geschafft. Auf Twitter postet die Frisur-Legende regelmässig und outet sich dabei als grosser Spassvogel.
Am proud to officially announce that I am applying to be da next president of FIFA
#GoWest
#YesWeAfriCan
#WestIsBest pic.twitter.com/MTWG03n8J5
— Taribo West (@Taribo_West_) 16. Januar 2015