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Katerstimmung beim Blauen Kreuz: Happy Hours, Fünfliber-Abende und Börsen-Drinking bald wieder legal

Katerstimmung beim Blauen Kreuz: Happy Hours, Fünfliber-Abende und Börsen-Drinking bald wieder legal

Mit der Totalrevision des Alkoholgesetzes eröffnen sich der Gastrobranche alte Möglichkeiten wieder. Besonders an «Fünfliber-Abenden», bei denen alle Drinks fünf Franken kosten, können wieder Teenies abgefüllt werden. 
05.06.2015, 10:1106.06.2015, 08:21
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Die deutsche Distillerie-Besitzerin Cornelia Bohn trinkt vergünstigt. Das sollen bald wieder alle dürfen. Jedenfalls in der Schweiz. 
Die deutsche Distillerie-Besitzerin Cornelia Bohn trinkt vergünstigt. Das sollen bald wieder alle dürfen. Jedenfalls in der Schweiz. Bild: THOMAS PETER/REUTERS

Hierzulande kennt man sie seit rund fünf Jahren nur noch aus Filmen und aus dem Ausland: Die Schilder, auf denen «Happy Hour» steht und zwei Drink-Gläser mit einem Preis daneben draufgemalt sind. 

Bis 2010 ging die Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) gegen Wirte vor, die Spirituosen im Rahmen von «Happy Hours», «Fünfliber-Abenden» oder anderen Alkohol-Aktionen wie «Börsen-Trinken» vergünstigt abgaben und diese Angebote bewarben. Das geltende Alkoholgesetz verbietet solche Angebote und letztlich errang die Alkoholverwaltung vor Bundesgericht einen Sieg. 

Die Fünfliber-Abende kommen zurück

Mit dem neuen Alkoholgesetz, dessen Revision derzeit im Nationalrat behandelt wird, drohen alle diese Restriktionen wieder wegzufallen. Die berühmten Fünfliber-Abende im Basler «Fame» und vielen Ost- und Innerschweizer Clubs dürften also bald wieder an der Tagesordnung sein. Die Fünfliber- oder «Schnägge»-Abende, an denen sämtliche Longdrinks wie Wodka Redbull oder Gin Tonic nur fünf Franken kosten, sind vor 2010 vielerorts dazu genutzt worden, an umsatzschwachen Donnerstagen Schüler und Studierende in die Clubs zu bringen. 

«Es ist richtig, dass die Happy Hours und die sogenannten Fünfliber- oder Schnägge-Abende künftig auch mit Spirituosen erlaubt sein werden», bestätigt EAV-Sprecher Nicolas Rion. Mit anderen Alkoholika wie Bier und Wein ist das bereits heute möglich. 

Für die Präventionsfachleute des Blauen Kreuzes ist dieses neue Alkoholgesetz, bei dem am Mittwoch im Nationalrat auch das angedachte Nachtverkaufsverbot von 22.00 bis 6.00 Uhr morgens gekippt wurde, nicht mehr annehmbar. «Der Gedanke der Prävention ist vollends ins Hintertreffen geraten, es geht nur noch darum, Alkoholindustrie, -produktion und -absatz zu fördern», sagt Philipp Hadorn, Präsident des Blauen Kreuzes und SP-Nationalrat (SO). Hadorn erwartet, dass das Gesetz, so wie es jetzt besteht, den Konsens in den Schlussabstimmungen nicht findet und noch einmal komplett neu aufgesetzt werden muss. «Ich bin guter Hoffnung, mittlerweile ist niemand mehr so richtig zufrieden damit», sagt Hadorn.

«Trinken zum Spottpreis als Freizeitbeschäftigung»

Nebst dem Verbot von Nachtverkauf auf Bundesebene, Happy Hour und Fünfliber-Abend werden auch Steuersätze für kleinere Spirituosen-Produzenten angepasst. Wer unter 1000 Liter Alkohol pro Jahr produziert, erhält die Steuern um 30 Prozent reduziert. 

Philipp Frei, Mediensprecher des Blauen Kreuzes, ist ob der jüngsten Entscheide des Parlaments alarmiert. Frei führt seit drei Jahren Sensibilisierungskurse in Schulen durch. «Alkohol ist günstig, Alkohol ist leicht verfügbar und Alkohol steht oft in Zusammenhang mit Gewaltausbrüchen, Unfällen oder sexuellen Übergriffen bei Jugendlichen», sagt Frei. 

15-Jährige, die bereits erste folgenreiche Vollräusche hinter sich haben, seien keine Seltenheit. Zwar seien die Fünfliber-Abende, an denen Spirituosen günstig ausgeschenkt werden, nicht für unter 18-Jährige gemacht. «Aber es ist völlig normal, dass da auch jüngere Partygäste dabei sind», sagt Frei. Und die Message, die solche Anlässe verbreiten, sei bedenklich. «Trinken zum Spottpreis und bis zum Umfallen als Freizeitbeschäftigung, erschwinglich für jedermann», sagt Frei. Und da wollten die Jüngeren nicht im Abseits stehen. Und: «Wenn Alkohol wegen der Steuersenkung günstiger wird, dann werden die Probleme gerade bei den Jugendlichen zunehmen», sagt Frei.

«Jugendschutz als Argument mutet seltsam an»

Aus Sicht der Gastrowirtschaft sind die Befürchtungen der Präventionsfachleute unbegründet. «Spirituosen sind sowieso erst ab 18 erlaubt, da mutet es seltsam an, mit Jugendschutz gegen Happy Hours und Fünfliber-Abende zu argumentieren», sagt Maurus Ebneter, Sprecher des Wirteverbandes Basel-Stadt. Als Jugendlicher komme man legal nicht an Spirituosen heran und wo dies trotzdem gelinge, herrsche keine mangelnde Gesetzeslage, sondern ein Vollzugsnotstand. Auch das sogenannte Binge-Drinking werde mit den kantonalen Gastwirtschaftsgesetzen bereits verhindert, da diese den Alkoholausschank an offensichtlich betrunkene Personen untersagen. 

Das derzeitige Alkoholgesetz führe hingegen zu absurden Situationen. So seien Wirte wegen der unerlaubten Verbilligung von Spirituosen gebüsst worden, weil Gastrokritiker in ihren Zeitungsberichten erwähnt hatten, dass der Wirt nach dem Essen noch einen Limoncello oder einen Grappa spendiert habe. «Das ist reine Schikane, die fällt jetzt weg und das ist gut so», sagt Ebneter. 

Achtung: Absurde Schilder

Allerdings wird der Eidgenössischen Alkoholverwaltung, beziehungsweise ihrer designierten Nachfolgebehörde, der Zollverwaltung, die absurde Arbeit auch in Zukunft nicht ausgehen. Zwar sind Happy Hours und Fünfliber-Abende künftig wieder erlaubt. Aber die Werbung für vergünstigte Spirituosen bleibt nach wie vor verboten. So dürfen Wirte zwar «Happy Hour» auf die Schilder schreiben. Aber sie müssen es mit einem * versehen und auflösen: «* Gilt nicht für Spirituosen». 

Obwohl die Spirituosen in der Bar oder im Club beliebig vergünstigt angeboten werden dürfen. Nur die Werbung gilt nicht für den Schnaps.

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Joshzi
05.06.2015 10:42registriert September 2014
Warum aber nicht alle Drogen freigeben, zumindest den Konsum von Strafe befreien? Was unterscheidet die Freiheit des Biertrinkers von der Freiheit des Cannabis-Rauchers? Ich sehe keinen Grund weiterhin den Drogenhändlern das Geschäft zu überlassen und die Allgemeinheit muss dann die Kosten für die Behandlung übernehmen. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Drogen könnte die Kosten vielleicht sogar decken. Beim Alkohol scheint das jedenfalls der Fall zu sein, sonst würden die konservativen Kräfte im Parlament kaum ihre Zustimmung geben, oder? Also, Freiheit für Alle gleichermassen!
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BigMic
05.06.2015 10:51registriert Januar 2014
Uf das nimmi eis, Prost!
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Max Heiri
05.06.2015 10:22registriert Februar 2015
Eidgenössische Alkoholverwaltung war das finanzielle Grab meiner Jugend....
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