«Shifty» (zwielichtig) und «congenital liar» (geborener Lügner) sind noch die harmlosen Attribute, die Adam Schiff derzeit von den Fox-News-Moderatoren Sean Hannity, Laura Ingraham & Co. täglich zu hören bekommt. Tucker Carlson will gar wissen, dass besagter Schiff in der Schule «keinen einzigen Freund» gehabt habe.
Regelmässig stimmt auch der Präsident in das Anti-Schiff-Geheul ein. Am Mittwoch hat er mehr als 140 Tweets gepostet – ein neuer Rekord –, um so von Schiffs Auftritten im Senat abzulenken.
Die Hysterie hat einen Grund: Adam Schiff ist zum Star des Impeachment-Prozesses avanciert. Als Vorsitzender des Intelligence Committee hat er bereits bei den Hearings im Abgeordnetenhaus mit seiner ruhigen und präzisen Art geglänzt. Im Senat besticht er nun als einer der Manager, welche die Anklage gegen den Präsidenten vortragen.
Vor seiner Karriere als Politiker war Schiff Staatsanwalt. Er beweist, dass er nichts verlernt hat. Immer wieder gelingt es ihm, dürre Fakten zu einer fesselnden Geschichte zu verknüpfen und dabei an die Emotionen zu appellieren. Tritt er ans Rednerpult, hören selbst die Republikaner zu. So auch gestern, als Schiff in seinem Abschlussreferat einmal mehr mit präziser Logik herleitet, weshalb der Präsident aus seinem Amt entfernt werden muss. Hier sein Schlussbouquet:
Das ist mehr als hohler Pathos. Schiff hat seine Ausführungen mit Clips von Zeugenaussagen eindrücklich untermalt. Die meisten Zeugen sind dabei entweder von Trump selbst ernannt worden – so etwa der EU-Botschafter Gorden Sondland –, oder es handelt sich um über jeden Zweifel erhabene Technokraten wie Fiona Hill oder Botschafter William Taylor.
Am schlimmsten für Trump sind jedoch die Aussagen vor TV-Kameras und per Tweet, die er selbst gemacht hat. So hat er öffentlich die Ukraine und China aufgefordert, eine Untersuchung gegen seinen härtesten Rivalen Joe Biden einzuleiten. Er hat selbst erklärt, er habe keine Bedenken, Informationen von fremden Mächten über seine Gegner entgegenzunehmen.
Und soeben hat Trump in Davos damit geprahlt, dass die Demokraten im Gegensatz zu ihm «kein Material zur Verfügung» hätten. Damit hat er indirekt den Vorwurf der Behinderung des Kongresses bestätigt.
Schiffs Auftritte zeigen Wirkung. Jüngste Umfragen zeigen, dass eine knappe Mehrheit der Amerikaner es begrüsst, dass Trump aus dem Weissen Haus verjagt werde. Im Segment der 18- bis 30-Jährigen sind es sogar mehr als 60 Prozent.
Im Direktvergleich liegen derzeit alle fünf führenden demokratischen Präsidentschaftskandidaten vor Trump, Joe Biden gar mit einer zweistelligen Prozentzahl. Gegen 80 Prozent der Amerikaner wollen zudem, dass Zeugen und Dokumente im Prozess zugelassen werden.
Genau das wollen Trump und sein Handlanger, Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell, um jeden Preis verhindern. Sie sollen angeblich alle Hebel in Bewegung setzen, damit das Urteil bereits am kommenden Freitag gefällt und der Präsident freigesprochen wird.
Die Demokraten befinden sich so derzeit in einer Win-win-Situation. Werden Dokumente und Zeugenaussagen verweigert, dann ist das de facto der Beweis, dass der Präsident etwas zu vertuschen hat. Sollten Zeugen von einer Mehrheit des Senats bewilligt werden – was eher unwahrscheinlich scheint –, dann wird sich der Prozess noch lange hinziehen. Damit steigt auch das Risiko, dass immer neues, den Präsidenten belastendes Material zutage kommt.
Nun werden zunächst Trumps Verteidiger das Wort haben. Weil sie keine Argumente zur Verfügung haben, die den Präsidenten faktisch entlasten können, werden sie das Gewicht auf das Verfahren legen und werden sinngemäss plädieren: Der Prozess sei unfair verlaufen und überhaupt liege kein Verbrechen vor, das ein Impeachment rechtfertige.
Ob Trumps Verteidiger damit ein Gegengewicht zu Schiffs rhetorischem Feuerwerk schaffen können, ist fraglich. Bisher waren ihre Auftritte alles andere als berauschend. Selbst Matt Gaetz, Abgeordneter aus Florida und einer der härtesten der harten Trump-Fans gibt zähneknirschend zu, die Auftritte der Demokraten seien «beste TV-Unterhaltung» gewesen. Die Trump-Verteidiger hätten derweil eher «an Vorträge von Sekundarschülern» erinnert.
So einen Präsidenten würde der USA gut tun.
brilliant: Seine Argumente, seine Rethorik - einmalig.
Sogar der grösste Trump-Fan müsste nach Anhörung
dieser Rede sich fragen, ob Mr. President noch der richtige Mann für dieses Land ist.
Ich würde es sehr begrüssen, wenn watson und Philipp Löpfe Trumps kindisches "Spitznamen-Spiel" nicht mitmachen würden. Zumindest im Titel haben "Shifty" Schiff oder "Crooked" Hillary nichts verloren. Damit setzt sich Trumps dämliche Propaganda nur noch weiter in den Köpfen fest, was meiner Meinung nach nicht die Aufgabe der Medien ist. Bleibt bitte sachlich und neutral (oder denkt euch auch für Trump einen "lustigen" Spitznamen aus).