Wirtschaft

Cablecom legt Kabel, stellt ungefragt Rechnungen aus und mahnt Nichtkunden

Auf Kundenfang?

Cablecom legt Kabel, stellt ungefragt Rechnungen aus und mahnt Nichtkunden

Wieder flatterten Cablecom-Rechnungen bei Mietern in die Briefkästen, die gar keine Dienstleistung des Kabelnetz-Anbieters nutzen. Bezahlen die Adressaten, werden sie automatisch Kunden. Bezahlen sie nicht, werden sie gemahnt.
17.02.2014, 16:1615.07.2014, 13:26
Daria Wild
Folge mir
Mehr «Wirtschaft»

Cablecom verschickt erneut Rechnungen an Kunden, die gar keine Kunden sind. Derzeit ist Zürich-Nord betroffen. Dort hat die Cablecom in mindestens einer grösseren Siedlung ihre eigenen Kabel eingezogen. Ob die einzelnen Mieter die Kabelanschlüsse der Cablecom nutzen oder nicht, ist egal: Die Cablecom schickt allen eine Rechnung für die Nutzung des Cablecom-Anschlusses. Egal, ob sie diesen nutzen oder nicht. Mit «Willkommen bei Kabelfernsehen und -radio von UPC Cablecom» begrüsst der Kabelanbieter die ahnungslosen Mieter und erlaubt sich sogleich, die erste Monatsrate in Rechnung zu stellen. So auch bei F. M.*

M. wohnt seit drei Jahren in der selben Liegenschaft und bezahlt bereits für einen Swisscom-Anschluss. Sollte sie – so das Cablecom-Schreiben – den Cablecom-Kabelanschluss nicht nutzen wollen, könne sie sich melden. «Auf Anfrage teilte man mir mit, ich hätte Glück gehabt, dass ich die Rechnung noch nicht bezahlt hätte», sagt M. «Ansonsten wäre ich mit der Cablecom in ein Vertragsverhältnis eingetreten und hätte ihre Dienstleistungen für mindestens ein Jahr beziehen und natürlich auch bezahlen müssen.»

Das «Willkommens»-Schreiben der Cablecom.
Das «Willkommens»-Schreiben der Cablecom.Dokument: Cablecom/zvg

Konsumentenschutz gibt grünes Licht

Bereits letzten Herbst sorgte die Strategie von Cablecom für Schlagzeilen und genervte Kunden. Damals sagte Konsumentenschützerin Sara Stalder gegenüber der Baz: «Diese Rechnungen, wie sie die Cablecom verschickt, erachte ich als unlauter, denn sie entbehren jeglicher rechtlichen Grundlage. Darum gar nicht reagieren. Cablecom müsste bei einem Gerichtsfall beweisen, dass der Wohnungs­mieter die Dienste von Cablecom in Anspruch genommen hat. Und das funktioniert nicht.» 

Heute formuliert Stalder ihr Urteil über die Cablecom-Strategie milder. Cablecom habe damals beweisen können, dass nicht flächendeckend, sondern gezielt Leute angeschrieben werden, die theoretisch Cablecom-Anschlüsse nutzen könnten. «Es ist nachvollziehbar, dass diese Leute aufgefordert werden, für die Dienstleistung zu bezahlen – wenn sie diese überhaupt nutzen.» Es sei aber nach wie vor klar: «C'est le ton qui fait la musique» – Cablecom müsse klar kommunizieren, dass die Rechnungen nur die aktiven Nutzer etwas angehe. 

Angestellte eines Kabelanbieters verlegen Glasfaserkabel.
Angestellte eines Kabelanbieters verlegen Glasfaserkabel.Bild: KEYSTONE

Doch an der Kommunikation hat sich seit letztem Herbst nicht viel verändert. Das Schreiben, das mit der ersten Rechnung versendet wird, ist immer noch gleich formuliert. Der Adressat erhält eine Referenz-Nummer und wird ohne Umschweife als «Kunde» angeschrieben.

Mahnungen für nichtbezogene Leistungen

Besonders dreist ist dabei das Nachhaken von Seiten Cablecom: Reagiert der vermeintliche Neukunde nicht auf die Rechnung, wird er gemahnt. Das hält auch Stalder für nicht korrekt. «Cablecom muss bei Nichtreaktion auf die Rechnung akzeptieren, dass der angeschriebene Mieter keinen Vertrag hat und will. Dass dennoch gemahnt wird, ist fragwürdig», so Stalder.

Bei der Cablecom erklärt man das Versenden der Rechnungen damit, dass Neumieter ausfindig gemacht werden müssten, die einen unplombierten Anschluss übernehmen und diesen eventuell nutzen würden. «Ein aktiver Anschluss wird in Rechnung gestellt. Das heisst zugleich, dass es sich beim Adressaten um einen Kunden handelt», sagt Cablecom-Sprecher Andreas Werz. Deshalb müsse auch gemahnt werden. Auf diese Weise Kunden anzuwerben, beabsichtige man nicht.

*Name der Red. bekannt.

Cablecom verliert im Kerngeschäft Kunden
Gestern berichtete die Schweiz am Sonntag über den Kundenrückgang der Cablecom. So habe die einstige Kabelnetz-Pionierin am Rande eines euphorisch formulierten Communiqués mitgeteilt, dass die Zahl der TV-Kunden «geringfügig» abgenommen habe. 32000 Kunden weniger als noch vor einem Jahr hätten einen Fernsehanschluss bei der Cablecom, die offiziell 1,42 Millionen «digitale Fernsehanschlüsse» ausweise.

Die Bilanz von Cablecom wäre noch schlechter, hätte sie nicht Kabelnetze aufgekauft. Die Cablecom verweise darauf, dass 140000 Kunden die neue Digitalplattform Horizon verwendeten. Der Zuwachs von 45700 Digitalkunden gemäss Konzernstatistik zeige jedoch, dass die meisten Horizon-Kunden schon vor der Einführung zum Digital-Segment gehörten.
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
8 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
8
Tesla will 400 Stellen im Werk im deutschen Grünheide abbauen
Nach der Ankündigung eines weltweiten Stellenabbaus beim US-Autobauer Tesla zeichnen sich auch Einschnitte für das einzige europäische Tesla-Werk in Grünheide ab.

Der weltweit geplante Stellenabbau bei Tesla betrifft auch hunderte Jobs im einzigen europäischen Werk des US-Elektroautobauers in Grünheide bei Berlin. Das Unternehmen kündigte am Dienstag in einer Mitteilung den Abbau von 400 Stellen an. Um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden, plant das Unternehmen dazu ein «Freiwilligenprogramm» für die Mitarbeitenden. Zur Umsetzung dieses Programms würden Gespräche mit dem Betriebsrat aufgenommen. Details nannte Tesla zunächst nicht.

Zur Story