Der 31. Januar ist ein Tag für die Geschichtsbücher für die US-Justizbehörde. 94’636 gestohlene Bitcoins gingen den Ermittlern ins Netz. Es ist die grösste Sicherstellung von Finanzanlagen in der Geschichte der Behörde. Der aktuelle Gegenwert beträgt 4,1 Milliarden Dollar (Stand 9.2.2022, 09:55).
Es handelt sich dabei um einen Grossteil der 2016 von der Hong Konger Kryptobörse Bitfinex entwendeten 119’754 Bitcoins. Damals hatten die Krypto-Coins noch einen Wert von lediglich 72 Millionen Dollar. Die Verantwortlichen für den Diebstahl wurden bis heute (noch) nicht überführt. Gefunden wurde das Diebesgut aber auf 2000 Bitcoin-Wallets, welche vom Ehepaar Ilya Lichtenstein (34) und Heather Morgan (31) verwaltet wurden.
Die Liste inklusive Zugriffcodes befand sich auf Lichtensteins verschlüsseltem Cloud-Speicher, auf den sich die Ermittler aufgrund eines Durchsuchungsbefehls Zugriff beschafften. Gegen das Paar ist nun ein Strafverfahren wegen Verschwörung zur Geldwäsche eröffnet worden. Konkret: Die beiden sollen die Spuren zum entwendeten Vermögen verwischt haben. Dafür kamen sogenannte «Tumbler» und «Mixer» zum Einsatz – komplizierte Transaktionsabläufe zur Verschleierung der Herkunft von Kryptowährungen.
25’000 Bitcoins wurden so in den letzten fünf Jahren von Lichtensteins Wallets reingewaschen. Trotzdem konnten die Ermittler die Transaktionswege bis zu einem Konto zurückverfolgen, das dem Paar gehört. Wie die «New York Times» schreibt, wurde dieses dafür benutzt, Gold, NFTs und eine Walmart-Geschenkkarte zu kaufen.
Ob auch in Sachen Bitfinex-Raub gegen die zwei ermittelt wird, kommunizierte die Justizbehörde nicht. Sie dürften aber zum engen Kreis der Verdächtigen gehören.
Ilya Lichtenstein (34) beschreibt sich selbst auf Twitter als «menschlichen» Angel Investor, Unternehmensgründer und Web3-Entwickler.
Sein Frau Heather (31), eine Journalistin, versucht sich auch als surreale Künstlerin, Rapperin und Modedesignerin.
Let’s make some EPIC FOOKIN ART IN 2022! 🧞♀️🔥
— Heather R Morgan (rzk.eth) (@HeatherReyhan) December 22, 2021
…who’s with me? pic.twitter.com/tyj6mKkEcX
Bis vor Kurzem schrieb Morgan regelmässig für das Magazin «Forbes Women» – unter anderem auch über Cybersecurity. Dabei erklärte sie, wie sich Cyberkriminelle Passwörter beschaffen und diese gezielt einsetzen. Die drei Artikel zum Thema fanden bisher wenig Beachtung. Das wird sich nun wohl ändern.
Anders verhält es sich mit ihren Rap-Videos. Sie bieten nicht nur im Zusammenhang mit den entwendeten Bitcoins viel Zündstoff: «Dieses Lied ist für alle Unternehmer, Hacker, Sonderlinge und schlauen Schelme», beginnt sie den Song «Versace Bedouin».
Morgans Rap-Talent hält sich in Grenzen, die Schamlosigkeiten weniger. Das kann, je nach Sichtweise, als vulgär oder erfrischend empfunden werden. Unbestreitbar ist aber: Heather Morgan kümmert sich um keine Konventionen. Sie wirkt vogelfrei.
Das könnte sich nun allerdings ändern. Heather Morgan und Ilya Lichtenstein drohen Gefängnisstrafen bis zu 20 Jahren. Bis zu einer Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.
Was mit den von der Justizbehörde beschlagnahmten Bitcoins geschieht, ist noch nicht bekannt. Bitfinex meldete, alles daranzusetzen, sie den rechtmässigen Besitzern zurückzugeben.
Salvatore_M
Sättigungsbeilage