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Abwertung und Börsencrash: Stürzt China die Weltwirtschaft ins Elend?

Der chinesische Drache ist kein Papiertiger.
Der chinesische Drache ist kein Papiertiger.bild:shutterstock

Abwertung und Börsencrash: Stürzt China die Weltwirtschaft ins Elend?

China hat in den letzten Jahrzehnten das grösste Wirtschaftswunder der Welt vollbracht. Doch jetzt geht dem Gelben Riesen der Schnauf aus – mit schlimmen Folgen für uns alle.  
20.08.2015, 13:4921.08.2015, 08:28
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Die jüngsten Wirtschaftsnachrichten aus Peking sind alle schlecht: Die chinesische Zentralbank hat den Wechselkurs des Renminbis per Dekret herabgesetzt. Derweil versucht die chinesische Regierung mit staatlichen Interventionen, das Platzen einer Börsenblase zu verhindern. Etwas ist offensichtlich faul im Reich der Mitte. 

Das chinesische Wachstumsmodell ist kaputt

«Nach 30 Jahren ist das alte Wirtschaftsmodell zerbrochen und das Wirtschaftswachstum ist viel schwächer als alles, was wir bisher erlebt haben», sorgt sich denn auch die «Financial Times». «Das Problem der chinesischen Führung besteht darin, dass sie heute viel weniger Optionen als in der Vergangenheit hat.» 

Chinesische Arbeiter im Mao-Einheitslook.
Chinesische Arbeiter im Mao-Einheitslook.bild: shutterstock

Bis zur Jahrhundertwende hätten wir im Westen eine Krise im Osten mit einem Achselzucken wegstecken können. Zu Maos Zeiten hatte China zwar viele Menschen, aber wirtschaftlich war es bedeutungslos. Heute sieht dies völlig anders aus. Mehr als 30 Jahre lang ist die chinesische Wirtschaft jährlich um mehr als zehn Prozent gewachsen und ist die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt geworden. Wenn also in Peking ein Velo umfällt, dann hat dies Konsequenzen rund um den Globus.

China als «Schock-Absorber» der Weltwirtschaft

Nach der Wirtschaftskrise 2008 löste China die Vereinigten Staaten als «Schock-Absorber» ab. Der jährliche Überschuss der Leistungsbilanz fiel von rund zehn Prozent im Jahr 2007 auf rund zwei Prozent im letzten Jahr. «Die anderen sparten, China nahm Geld auf», fasst Stephen King, ökonomischer Berater bei der Bank HSBC, die Situation zusammen.

Die chinesische Führung bewältigte die Krise mit klassischen Methoden: Sie investierte massiv in Infrastruktur und Immobilien – und hatte damit Erfolg. Chinas Wirtschaft meisterte die Krise zunächst problemlos. Das war auch für den Rest der Welt ein Segen: Der scheinbar grenzenlose chinesische Hunger nach Stahl und Rohstoffen hielt die Volkswirtschaften von Ländern wie Brasilien und Australien über Wasser; und von der neuen Lust an Importen profitierten etwa Deutschland und ja, auch die Schweiz.

So sieht der chinesische Businessmann heute aus.
So sieht der chinesische Businessmann heute aus.bild: shutterstock

Jetzt zeigen sich die Schattenseiten des chinesischen Booms. Es gibt mittlerweile im Land Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von «Geisterstädten». Sie wurden in den letzten Jahren im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Boden gestampft, sind aber praktisch unbewohnt.

China ist stärker verschuldet als die USA

Gleichzeitig hat sich die Finanzlage massiv verschlechtert. «Insgesamt hat sich die Schuldenlast der chinesischen Wirtschaft vervierfacht», schreibt die «Financial Times» mit Berufung auf das McKinsey Global Institute. «Von 7 Billionen Dollar im Jahr 2007 ist sie auf 28 Billionen Dollar heute angewachsen. Heute beträgt die Schuldenlast 282 Prozent des Bruttoinlandprodukts, und steigt weiter. Relativ gesehen ist Chinas Verschuldung heute schon grösser als diejenige von Deutschland oder den USA.» 

Was bedeutet dies? Die China-freundliche Interpretation, wie sie etwa Stephen King vertritt, lautet wie folgt: China kann nicht mehr länger die Rolle des «Schock-Absorbers» der Weltwirtschaft spielen. Es braucht eine Verschnaufpause. «Die jüngsten chinesischen Schritte müssen in diesem Licht betrachtet werden», schreibt King in der «Financial Times». «Das letzte, was China jetzt brauchen kann, ist eine weitere Wertsteigerung seiner Währung.»

Ein gewohntes Bild: Chinesische Investoren starren auf Börsenkurse.
Ein gewohntes Bild: Chinesische Investoren starren auf Börsenkurse.Bild: Getty Images AsiaPac

China-kritische Stimmen hingegen beurteilen das Ganze weit dramatischer. Sie gehen davon aus, dass der Zustand der chinesischen Wirtschaft noch sehr viel schlechter ist als offiziell zugegeben wird. «Die chinesischen Exporte sind auf dem tiefsten Punkt seit 2008 angelangt», stellt etwa die «Financial Times» fest. «Die Abwertung letzte Woche erfolgte wenige Tage nach der Ankündigung der Regierung, dass die Exporte im Juli um 8,3 Prozent gefallen seien.» 

Wer soll nun konsumieren?

Mit der Abwertung, so die kritische Sicht, wolle China wieder das alte Exportmodell beleben. Die Lage sei so schlimm, dass Peking nun gar einen Währungskrieg in Kauf nehme. 

Ob China-Freund oder China-Kritiker: Beide sind sich darin einig, dass das Reich der Mitte als Zugpferd der Weltwirtschaft bis auf weiteres ausfällt. Das könnte sich als Problem erweisen. Die USA, die bis zur Krise den «Schock-Absorber» spielten, sind immer noch auf dem Weg der Erholung. Europa setzt auf Austerität und sieht das Heil ebenfalls im Export. Wer um Himmels willen soll also noch konsumieren?  

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4 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Hackphresse
20.08.2015 14:10registriert Juli 2014
Jeder Staat und jeder Bürger und Politiker tragen Verantwortung.
Nicht für sich selbst oder das eigene Land, sondern für die GANZE WELT. Wirtschaftskrisen und platzende Blasen zeigen uns das immer wieder auf.
Jeder Staat ist in mindestens einem Bereich von einem anderen abhängig. Seien es Rohstoffe oder Know How. Am ende hängen wir alle zusammen und sotzen aufm' selben Planeten fest.
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