Grosser Knall beim Online-Reiseanbieter LM Group («Lastminute.com») in der Schweiz. Das Unternehmen, gegen das Untersuchungen wegen möglicher Betrügereien laufen, tauscht praktisch die gesamte Führungsriege aus. Die Firmen-Urgesteine aus dem Tessin geben ihre Mandate ab.
Der unter Verdacht stehende Firmengründer und Ex-CEO Fabio Cannavale sowie Ex-COO Andrea Bertoli treten mit sofortiger Wirkung als Verwaltungsräte zurück. Der Verwaltungsrat nehme die Rücktritte zur Kenntnis und akzeptiere diese. Cannavale und Bertoli wurden den Angaben zufolge inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen.
Luca Concone soll nun CEO werden, Yann Rousset Verwaltungsratspräsident. Ebenfalls neu in den Verwaltungsrat sollen Valentin Pitarque, Paolo Quaini, Maria Teresa Rangheri und Cyril Ranque einziehen, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte.
An einer für den 21. Dezember einberufenen ausserordentlichen Generalversammlung werden die Aktionäre über die neuen Personalien abstimmen.
Gleichzeitig habe der Verwaltungsrat infolge der Ermittlungen der Tessiner Staatsanwaltschaft zwei Untersuchungen eingeleitet, eine interne ebenso wie eine durch eine Prüfungsgesellschaft.
Basierend auf den vorläufigen Ergebnisse der Untersuchungen sei nun eine Rückstellung von 34 Millionen Euro für eine mögliche Rückerstattung des gesamten Betrags erhaltener Kurzarbeitsentschädigungen und damit verbundenen Rechtskosten gebildet worden.
Der neue CEO Concone wird damit die Nachfolge der infolge des Betrugsverdachts ad interim eingesetzten Geschäftsleiterin Laura Amoretti übernehmen. Er verfügt laut den Angaben über mehr als ein Jahrzehnt Erfahrung als Unternehmer, Angel-Investor und Berater für Unternehmen der Technologie- und Internetbranche.
Schweizer Tochtergesellschaften des niederländischen Reiseanbieters Lastminute.com wird vorgeworfen, zu Unrecht Covid-Kurzarbeitsgelder bezogen zu haben. Bereits im Juli war bekannt geworden, dass für mehrere Mitarbeitende Untersuchungshaft beantragt wurde – darunter der ehemalige CEO Fabio Cannavale und COO Andrea Bertoli.
Es geht um eine Summe von 28,5 Millionen Franken, die die drei Schweizer Tochtergesellschaften zwischen März 2020 und Februar 2022 an Kurzarbeitsgeldern bezogen haben.
Ende Oktober verlängerte die Tessiner Staatsanwaltschaft die Untersuchungshaft für Cannavale und Bertoli bis am 29. November. Es liefen weiterhin Ermittlungen zu Vorwürfen wie Betrug, unrechtmässiger Inanspruchnahme von Sozialversicherungs- oder Sozialhilfeleistungen sowie Verletzung des Schweizer Arbeitslosenversicherungsgesetzes.
(dsc/sda/awp)