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Einkommen Schweiz: Löhne der Reichen steigen, der Rest verliert

ZUR PRAESENTATION DER NEUEN 200-FRANKEN-NOTE AM 15. AUGUST 2018 STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG - Die neue 10er Note der Schweizerischen Nationalbank geraet in den Umlauf, hier ...
Die niedrigen und mittleren Einkommensklassen haben immer weniger Geld zur Vefügung.Bild: KEYSTONE

Situation der Reichen verbessert sich, der Rest guckt in die Röhre – SGB fordert Wende

29.04.2024, 11:3107.05.2024, 11:27
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Die Einkommenspolitik in der Schweiz geht nach Ansicht des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds in die falsche Richtung. Während Spitzengehälter weiter steigen, stagnieren die niedrigen und mittleren Löhne real, heisst es in einem am Montag vorgestellten Bericht.

Nach Zahlung von Steuern und Miete hätten Menschen mit mittleren und niedrigen Einkommen heute weniger zum Leben als 2016, heisst es Verteilungsbericht des Gewerkschaftsbunds (SGB), der die Verteilung der Löhne, Vermögen, Steuer- und Abgabenlast untersucht hatte.

Bei den unteren und mittleren Reallöhnen drohe ein «verlorenes Jahrzehnt», sagte SGB-Präsident und Ständerat Pierre-Yves Maillard (SP/VD) vor den Medien in Bern. In den vergangenen drei Jahren seien die Reallöhne nicht mehr gestiegen, etwas, was es seit dem Zweiten Weltkrieg nie gegeben habe.

Signal durch 13. AHV-Rente

Maillard erhofft sich vom Ja zur 13. AHV-Rente ein gewisses Umdenken. Liberale Kommentatoren und Politiker hätten sich gefragt, ob man ihnen das Volk ausgetauscht habe. Der Souverän schien nicht mehr mit ihnen zu stimmen. In Wahrheit hätten sich die Lebensrealitäten geändert - und zwar zum Schlechteren. «Man spricht offenbar nicht vom gleichen Land», sagte Maillard.

Pierre-Yves Maillard, Praesident SGB und Staenderat SP, spricht an einer Medienkonferenz zur Praemienentlastungs Initiative, am Mittwoch, 17. April 2024, in Bern. Am 9. Juni stimmt die Schweizer Stimm ...
Pierre-Yves Maillard fordert einen Mindestlohn von 4500 Franken für Ungelernte.Bild: keystone

Der SGB fordert deshalb in der Lohnrunde vom Herbst eine Wende in der Einkommenspolitik. Diese müsse die Normalverdienenden berücksichtigen, statt einzig die Oberschicht. Neben substanziellen und generellen Lohnerhöhungen und dem Teuerungsausgleich müssten alle Beschäftigten mit Lehre 5000 Franken im Monat verdienen und Ungelernte mindestens 4500.

Maillard warb für die «Prämienentlastungs-Initiative» der SP. Bürgerliche Parteien würden vor Steuererhöhungen warnen. In Realität würden die höheren Einkommen, die ohnehin weniger unter den Krankenkassenprämien litten, über die direkte Bundessteuer für die Prämienentlastung etwas mehr zahlen müssen. So würde ein Ausgleich zu den von der Bundessteuer ohnehin weniger belasteten kleineren Einkommen entstehen.

4000 Lohnmillionäre in der Schweiz

Parallel zu den stagnierenden oder sinkenden Reallöhnen verbessere sich die Situation der Reichsten, führte SGB-Chefökonom Daniel Lampart aus. Unterdessen gebe es 4000 Lohnmillionäre in der Schweiz und 17'500 Halbmillionäre. Diese Zahl sei stark gewachsen.

Entwicklung Lohnmillionaere
grafuk: sgb

Die Kehrseite sehe anders aus: «Die Leute arbeiten viel und hart. Es schaut aber zu wenig heraus», sagte Lampart. Bis 2016 hätten sich die Reallöhne noch im Gleichschritt mit dem Produktivitätszuwachs um jährlich etwa ein Prozent entwickelt.

Seither würden die Arbeitgeber trotz guter Margen weder diesen von den Beschäftigten erarbeiteten Fortschritt weitergeben noch die Teuerung ausgleichen. Hinzu komme eine verfehlte Steuer- und Abgabenpolitik.

Diverse Kantone planten weitere Erleichterungen bei Einkommens- und Vermögenssteuern für Vielverdiener, würden aber bei Prämienverbilligungen abwinken, da die Mittel fehlten. Und das obwohl die Krankenkassenprämien die Hauptsorge der Bevölkerung seien.

Wieder automatischer Teuerungsausgleich

Vania Alleva, SGB-Vizepräsidentin und Präsidentin der Gewerkschaft Unia, erklärte, auf dem Bau seien 90 Prozent der Beschäftigten mit einem Reallohnverlust konfrontiert. Beschäftigte von Detailhandel und Pflege im unteren Lohnbereich hätten wegen der gestiegenen Krankenkassenprämien und Mieten heute 120 Franken pro Monat weniger zum Leben als 2016.

Der früher selbstverständliche Teuerungsausgleich sei sukzessive durch individuelle Lohnerhöhungen ersetzt worden. Neben substanziellen Erhöhungen namentlich auch bei den sogenannten Frauenberufen mit ihren tiefen Löhnen müsse der automatische Teuerungsausgleich in den Gesamtarbeitsverträgen wieder normal werden. (saw/sda)

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233 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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BigShaq
29.04.2024 10:16registriert Mai 2021
In einer Wohlstandsgesellschaft wie der Schweiz ist dies das wahre Problem. Leider lässt sich der Mittelstand von gewissen Parteien in diesem Land oft blenden. Diese gaukeln vor, dass die Ausgaben für die ärmsten und schwächsten im Sozial- oder Asylwesen am fehlenden Wohlstandswachstum schuld seien. Eigentlich sollte aber jedem klar sein, dass nicht die mit dem wenigsten sondern die mit dem meisten Geld schuld an einer falschen Wohlstandsverteilung sein müssten.
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Doplagus
29.04.2024 10:43registriert Dezember 2019
Meine strompreise sind um 150% angehoben worden. Meine krankenkasse wird von jahr zu jahr teurer. Aus irgendeinem grund zahle ich jedes jahr mehr steuern. Die serafe will auch jedes jahr geld für einen service den ich nicht nutze. Ein mal zum arzt und bluttest machen lassen kostet mittlerweile 400.- CHF. Wocheneinkäufe werden teurer. Die miete ging hoch. Inflation steigt.

Aber hey, danke für die 0.5% lohnerhöhung.
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insert_brain_here
29.04.2024 10:45registriert Oktober 2019
Gemäss nationalen und kantonalen Wahlen will das die Bevölkerungsmehrheit genau so haben. Bürgerliche Parteien gewählt, bürgerliche Politik bekommen 🤷‍♂️
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