Es sind keine erfreulichen Aussichten: Gemäss Finanzplanung dürften mittelfristig ohne merkliche Sparprogramme die strukturellen Defizite beim Bund auf bis zu 4 Milliarden Franken pro Jahr klettern. Sparen hingegen ist selten populär, weder bei der Politik noch in der Verwaltung. Deshalb hat der Bundesrat im März eine externe Expertengruppe mit einer Aufgaben- und Subventionsüberprüfung mandatiert. Ihre Aufgabe: Sie soll bis im Spätsommer einen Massnahmenkatalog vorlegen, mit dem der Bundeshaushalt ab 2027 jährlich um mindestens 3 Milliarden und ab 2030 um mindestens 4 Milliarden entlastet werden könnte.
Derweil präsentieren Politiker regelmässig neue Ideen, die im Gegenteil das Budget zusätzlich belasten - zugunsten der eigenen Klientel, der Armee oder der Ukraine. Sparvorschläge hingegen liefern sie keine. Auch FDP-Präsident Thierry Burkart, der laut eigenen Angaben «felsenfest» davon überzeugt ist, «dass der sorgfältige Umgang mit Finanzen entscheidend ist für den Wohlstand in diesem Land», tut sich schwer damit. Im Interview mit der NZZ kritisiert er zwar die «unzähligen Subventionen», ortet «Einsparpotenzial beim Bundespersonal» und verspricht, dass seine Partei «schon bald» und «ohne Scheuklappen» konkrete Vorschläge einbringen werde.
Als einzige, handfeste Sparmassnahme schlägt Burkart im besagten Interview vor, den Verkauf der Swisscom zu prüfen. Ein Vorschlag, der auf den ersten Blick vielleicht vielversprechend klingt, aber den Bund teuer zu stehen käme und die Probleme von Finanzministerin Karin Keller-Sutter nochmals verschärfen würde - und das nicht nur, weil eine Veräusserung von Vermögenswerten letztlich nur einmalige Verkaufserlöse generiert und nicht wiederkehrende Sparbeiträge.
Befürworter des Verkaufs könnten nun argumentieren, mit dem Erlös könnten die Bundesschulden und in der Folge die jährlichen Schuldzinsen reduziert werden, welche die Rechnung Jahr für Jahr belasten. Doch auch diese Rechnung geht nicht auf - und zwar bei weitem nicht.
Der Bund hält derzeit knapp 51 Prozent und damit die Mehrheit an der Swisscom. Der Verkauf zum aktuellen Börsenwert würde rund 13 Milliarden Franken in die Kasse spülen. Sollten diese integral in den Schuldenabbau investiert werden, dann würden sich gemäss Berechnungen der Eidgenössischen Finanzverwaltung die Zinsausgaben des Bundes um immerhin rund 160 Millionen Franken pro Jahr reduzieren.
Doch gleichzeitig würde der Bund Einnahmen von 581 Millionen Franken verlieren. Denn der Telekomkonzern hat seit 2011 jährlich an Dividenden «in dieser Höhe» in die Staatskasse einbezahlt, wie die Eidgenössische Finanzverwaltung festhält. Unter dem Strich wird also die Staatsrechnung mit Burkarts Vorschlag um rund 420 Millionen Franken zusätzlich belastet.
Hier nicht einberechnet sind die absehbaren Zusatzausgaben für die Erbringung der Grundversorgung, die auf den Bund zukommen würden. Denn eine voll privatisierte, nicht mehr politisch kontrollierte Swisscom würde ihre Leistungen wohl kaum mehr «gratis» bis in die hinterste Alphütte ausbauen. Die Finanzverwaltung kann auf Anfrage diese Ausgaben nicht quantifizieren, da die Swisscom als Konzessionärin bisher für ihre Service-public-Dienstleistungen keine Entschädigungen beantrage.
Hinzu kommt, dass bisher jeweils nur die Swisscom an der Ausschreibung für die Grundversorgung teilgenommen hat. Möglicherweise hätte man bei einer Privatisierung dann gar keine Grundversorgung mehr, weil sich schlicht niemand bewirbt.
Ebenfalls in der 420-Millionen-Defizitrechnung nicht eingepreist ist das Versprechen der Swisscom, in Zukunft noch mehr Dividenden zu zahlen. Mit der Übernahme von Vodafone Italia erhofft sich der Schweizer Telekomkonzern einen Wachstumsschub beim Auslandsgeschäft. Die Dividende soll deshalb pro Aktie und Jahr von 22 auf 26 Franken erhöht werden. Ab 2026 könnte der Bund also - gehen die Pläne der Swisscom tatsächlich auf - gar rund 686 Millionen Franken pro Jahr kassieren.
Der Verkauf der Swisscom mag aus ordnungspolitischen Überlegungen gerechtfertigt sein. Aber: «Der Nettoeffekt für den Bundeshaushalt wäre aus einer finanziellen Perspektive negativ», heisst es bei der Finanzverwaltung. Will Burkarts FDP tatsächlich Sparvorschläge machen, dann muss sie nochmals über die Bücher.
Thierry Burkart, Sparfuchs