Die in der Schweiz geltende gemeinsame Besteuerung von Ehepaaren führe dazu, dass sich eine Erhöhung des Pensums des zweitverdiendenden Elternteils rein finanziell nur selten lohne, heisst es in der Studie, die am Donnerstag von der liberalen Denkfabrik Avenir Suisse vorgestellt wurde. Denn dieses Einkommen – in 90 Prozent der Fälle sei es dasjenige der Frau – werde wegen des höheren Grenzsteuersatzes deutlich höher besteuert, als das bei einer individuellen Veranlagung der Fall wäre.
Dadurch werde für verheiratete Frauen ein Anreiz geschaffen, nicht oder nur mit einem tiefen Pensum zu arbeiten. Erschwerend komme hinzu, dass höhere Arbeitspensen beider Elternpaare auch mit zusätzlichen Betreuungskosten verbunden seien.
Diese Kosten stiegen bei einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit der Frau überproportional. Denn das höhere Familieneinkommen führe auch dazu, dass der Anspruch auf Subventionen sinke. Wenn sich die Ehefrau also entscheide, mehr zu arbeiten, müsse die Familie nicht nur für mehr Kita-Tage bezahlen, sondern oft auch noch auf die Subventionen verzichten.
Steuerliche Bestrafung gibt es auch in anderen Ländern. Deutschland, Belgien und Dänemark haben ein stark progressives Steuerystem. In diesen Ländern werden die Zweitverdienerinnen besonders stark bestraft. Grossbritannien, Schweden und Österreich wenden eine reine «Individualbesteuerung» an. Dort ist ein Nachteil wie in der Schweiz nicht vorhanden.
Bestrebungen, die Schwächen des Schweizer Steuersystems zu beheben, gibt es schon lange. Seit rund 30 Jahren diskutiert die Politik über die Abschaffung der «Heiratsstrafe».
Avenir Suisse verglich in der Studie acht Reformvorschläge zur Ehepaar- und Familienbesteuerung auf Bundesebene. Sie untersuchten anhand von Schätzungen, welche Anreize dabei für Frauen geschaffen würden, in die Arbeitswelt einzusteigen oder mehr zu arbeiten.
Sie kommen zum Schluss, dass eine Individualbesteuerung das beste Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen würde. Weil vom Zivilstand unabhängig, bringe sie auch keine Heiratsstrafe oder einen Heiratsbonus mit sich. Zudem würde die individuelle Besteuerung zu weniger Steuerausfällen führen als Modelle mit einer gemeinsamen Veranlagung.
Auch eine Erhöhung des Betreuungskostenabzugs würde die Erwerbsbeteiligung von Frauen erhöhen, bei vergleichsweise tiefen Steuerausfällen. Im Gegensatz dazu wäre eine Erhöhung des Kinderabzugs teuer und hätte nur eine geringe wenn nicht sogar negative Auswirkung auf die Beschäftigung der Frauen, schreibt Avenir Suisse. (ohe/sda)