Der Abnehmspezialist Weight Watchers, den es seit den 60er-Jahren gibt, hat Konkurs angemeldet. Bekannt wurde dies am Dienstag. Das Geschäftsmodell der US-Firma war es, Kundinnen und Kunden zum Abnehmen zu verhelfen, indem diese Punkte zählten und so direkt sahen, wie viele Kalorien sie zu sich nehmen. Die Zusammensetzung der Nahrung ähnelt, je nach gewählter Variante, fettarmen Diäten.
Zum Modell gehörten auch bezahlpflichtige Kurse und ein eigenes Lebensmittelangebot. In den letzten Jahren gab es dazu auch eine App. Bei einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft gab es unter anderem einen Abnehmplan und Rezepte.
Weight Watchers will in einem US-Insolvenzverfahren seine Schulden kappen. Gemäss einer Vereinbarung mit wichtigen Gläubigern sollen dabei Verbindlichkeiten von 1,15 Milliarden Dollar wegfallen. Weight Watchers betonte bei der Ankündigung, dass der Schritt für die weltweit mehr als drei Millionen Mitglieder keine Folgen haben soll.
Die Firma hofft, das Verfahren nach Kapitel 11 des US-Insolvenzrechts nach ungefähr 45 Tagen oder schneller verlassen zu können. Der Aktienkurs sackte im nachbörslichen US-Handel um mehr als die Hälfte auf 34 US-Cent ab.
WW International, wie das Unternehmen inzwischen offiziell heisst, steht schon länger unter Druck. Medikamente wie Ozempic oder Wegowy sind ein Problem für das klassische Diät-Modell der Firma. Weight Watchers versucht zwar, über die hauseigene Telemedizin-Plattform auch selbst am Geschäft mit den Abnehmspritzen teilzuhaben. Doch der Umsatz ging zuletzt weiter zurück.
David Fäh, Dozent an der Berner Fachhochschule und Ausbilder für Ernährungsberatung, sagt gegenüber SRF dazu: «Weight Watchers war eigentlich ein gutes System, weil es keine Abhängigkeiten erzeugt hat, sondern die Teilnehmerinnen und Teilnehmer befähigen wollte, selbst ihr Gewicht kontrollieren zu können». Es gebe praktisch kein dynamischeres Umfeld als alles, was mit Gewichtskontrolle zu tun habe.
Obwohl Weight Watchers sein Programm in den vergangenen Jahren angepasst hat, scheint es nicht mehr zeitgemäss zu sein. Dem Unternehmen Schwierigkeiten machen vor allem Abnehmmedikamente, die momentan in aller Munde seien. Diese hätten viel verändert, meint Fäh.
Viele Menschen schaffen es, mit einer Ernährungsanpassung, Sport und einer Veränderung des Verhaltens abzunehmen. Fäh fügt aber hinzu: «Diese fällt oft gering aus und ist oft auch nicht nachhaltig». Er meint weiter: «Fairerweise muss man sagen, dass man mit Lebensstilmassnahmen nicht an den Effekt der Medikamente herankommt.»
Ungewiss sei jedoch, ob man irgendwann, beispielsweise durch die Veränderung des Lebensstils, ohne das Abnehmmedikament auskommt. «Im Moment sieht es eher nicht danach aus. Die Studien, die wir jetzt sehen, zeigen, dass, wenn man das Medikament absetzt, die allermeisten das Gewicht wieder zulegen», sagt Fäh.
Ernährungsberaterinnen und -berater werden laut Fäh auch zukünftig wichtig bleiben. Als Beispiel nennt er die Hilfe bei Magenverkleinerungsoperationen. Die Ernährungsberatung brauche es dabei, «weil damit neue Probleme entstehen, wie etwa ein Mangel an Vitaminen oder Mineralstoffen, die durch diese Magenverkleinerungsoperationen wahrscheinlicher werden». Fachkräfte kümmern sich um die Operierten und sorgen dafür, dass die Gesundheitskosten tief bleiben.
Beim Essverhalten ist zudem auch der psychologische Faktor wichtig. «Das ist ein ganz wichtiger Aspekt. Häufig scheitert es eben daran, dass zu wenig auf Essverhaltensstörungen abgezielt wird», sagt Fäh. Somit gehe es nicht nur um das Essen, sondern auch darum, warum die Menschen essen.
(sda/awp/dpa/kek)