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Interview

Schuhfirma On plant Grossexpansion – und reagiert auf den Ukrainekrieg

Roger Federer mit den Chefs und Entwicklern der Sportshuhe On.
Roger Federer mit den Chefs und Entwicklern der Sportshuhe On.bild: on
Interview

«Wir stellen 900 Personen ein»: Federers Schuhfirma On plant Grossexpansion

Die Zürcher Sportschuh-Marke On hat Wachstumspläne - trotz schrumpfendem Aktienkurs und gestiegenen Kosten. Allein in der Schweiz sind über 300 neue Angestellte gesucht, wie die Firmenchefs verraten. Und in London und Tokio entstehen neue Shops.
12.03.2022, 11:23
Benjamin Weinmann, Pascal Michel / ch media
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Spätestens seit Roger Federer 2019 gross bei der Schuhherstellerfirma On als Investor und Partner eingestiegen ist, ist die Marke schweizweit bekannt. Als die Firma unter der Führung von CEO Marc Maurer und Finanzchef Martin Hoffmann im vergangenen Jahr in New York an die Börse ging, erreichte der Hype neue Höhen. Seither ist die Aktie allerdings im Sturzflug. Und es gab Berichte über Produktionsprobleme in Vietnam. Im Interview nehmen Maurer und Hoffmann Stellung - und verraten, welche Wachstumsstrategie sie verfolgen.

Im Ausland erkennt man Schweizer und Schweizerinnen oft an Freitag-Taschen, mittlerweile sind es die On-Schuhe. Ist das bereits ein Zeichen, dass der heimische Markt gesättigt ist?
Marc Maurer: Es ist doch schön, wenn man in New York oder San Francisco Leute mit On-Schuhen sieht und denkt, das ist sicher ein Schweizer - was dann aber auch nicht immer stimmt. Denn wir machen 95 Prozent unseres Umsatzes ausserhalb der Schweiz, und 50 Prozent in den USA.

On-Co-CEO Marc Maurer.
On-Co-CEO Marc Maurer.bild: zvg

Wie unterschiedlich sind eigentlich die Geschmäcker in den Ländern?
Martin Hoffmann:
Es gibt unterschiedliche Verkaufsschlager je nach Markt - sei es bei den Farben oder bei den Modellen. Gewisse Farben wie Rot funktionieren in asiatischen Märkten wie China oder Japan besser. In England dagegen sind schwarz-weisse Schuhe sehr gefragt.

Wie unterscheidet sich der Schweizer Modegeschmack von jenen im Ausland?
Hoffmann:
Etwa bei der Wahl des Schuhmodells: In der Schweiz verkaufen wir das Modell Cloud am meisten. In China ist zum Beispiel der Cloud X fürs Indoor-Training unser Bestseller, in England der Laufschuh Cloudswift. Grundsätzlich gilt: Unser Design aus der Schweiz hat weltweit einen sehr guten Ruf. Es ist klar und reduziert.

On-Co-CEO und -Finanzchef Martin Hoffmann.
On-Co-CEO und -Finanzchef Martin Hoffmann.bild: zvg

On ist in der Schweiz sehr populär. Gibt es hier noch Chancen zu wachsen?
Maurer:
Absolut. Wir stellen ja nicht nur Schuhe her, sondern auch Kleider und Accessoires. Das sind für uns wichtige Wachstumstreiber. Wir sehen zudem Potenzial im Bereich Trailrunning oder Bergsport.

In der Pandemie war bequeme Mode gefragt. Finden Sie es in Ordnung, wenn man Sportschuhe zu einem Business-Meeting trägt?
Maurer:
Absolut. Wir halten viele Meetings beim Laufen an der Limmat ab.

Aber auch im Büro, zum Beispiel bei den Banken am Paradeplatz?
Hoffmann:
Wieso nicht? Der Trend geht weltweit in diese Richtung, und davon profitieren wir. Wer seine edlen Lederschuhe für 300 Franken gegen Sportschuhe tauschen möchte, setzt auch dort auf Premium-Modelle. Das hat sich in der Pandemie nochmals beschleunigt.

In Turnschuhen ins Geschäftsmeeting? Wieso nicht, finden die On-Manager.
In Turnschuhen ins Geschäftsmeeting? Wieso nicht, finden die On-Manager.bild: zvg

Maurer: In den USA ist es bereits völlig normal, dass Banker Turnschuhe oder Freizeitkleidung tragen. In Deutschland und in der Schweiz ist man formeller unterwegs, aber auch hierzulande beobachten wir den Trend in Richtung mehr Lockerheit.

Das dominante Thema dieser Tage ist leider unerfreulich: der Krieg in der Ukraine. Sind On-Schuhe in Russland noch erhältlich?
Maurer:
Wir sind fassungslos darüber, was passiert. In Russland haben wir aufgrund der schrecklichen Ereignisse die Zusammenarbeit mit unserem Distributor bis auf weiteres eingestellt. Eigene Geschäfte oder Online-Shops haben wir in Russland keine.

Sie hatten im September einen fulminanten, medial viel beachteten Börsengang im September in New York. Seither ist der Kurs aber um 40 Prozent eingebrochen. Was ist passiert?
Hoffmann:
Der Börsengang war für uns ein Meilenstein. Seither sind 300 oder 25 Prozent mehr Mitarbeitende zu uns gekommen. In den letzten Monaten gab es verschiedene externe Faktoren, die bei vielen anderen vergleichbar erfolgreichen Firmen zum aktuellen Börsenkurs in einem volatilen Umfeld geführt haben. Wir schauen aber sehr positiv auf unsere neuen Produkte, die dieses Jahr erscheinen werden.

Medialer Hype: Die Schuhmarke On ging im September 2021 in New York an die Börse - was die Gründer für eine PR-Show nutzten.
Medialer Hype: Die Schuhmarke On ging im September 2021 in New York an die Börse - was die Gründer für eine PR-Show nutzten.bild: zvg

Trotzdem: Ein Einbruch von 40 Prozent ist enorm und kann Ihnen nicht egal sein. War es zu Beginn ein Hype und nun hat sich der Kurs dem realen Marktwert angenähert?
Hoffmann:
Der gesamte Markt hat sich in einem derzeit wenig berechenbaren globalen Umfeld in diese Richtung entwickelt. Am Ende zählt das Geschäft, der Aktienkurs wird sich anpassen. Die kurzfristige Kursentwicklung ist für uns weniger relevant.

Alle fünf Partner wurden durch den Börsengang mehrfache Millionäre. Wie hat Sie das verändert?
Maurer:
Das hat keinen Einfluss auf unsere Produkte und auf unsere Ziele. Ausser, dass wir mit dem zusätzlichen Kapital viel grösser denken können, etwa in China und in den USA.

Welchen materiellen Wunsch haben Sie sich mit dem Geldsegen erfüllt?
Maurer:
Für mich ist wichtig, mit On-Schuhen in der Natur laufen zu können. Das steht deutlich über den materiellen Wünschen.

Die Pandemie hatte dazu geführt, dass die Lieferketten in Bedrängnis gerieten. Auch in Vietnam, wo die On-Schuhe produziert werden. Wie sieht die Situation aktuell aus?
Maurer:
Mittlerweile produzieren alle Fabriken seit Dezember ganz normal. Im Rahmen der Veröffentlichung unseres Jahresergebnis werden wir dazu etwas konkreter Stellung nehmen.

Bei der Schuhproduktion in Asien denken viele Konsumentinnen und Konsumenten an Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen. Können Sie für Ihre Produktion die Hand ins Feuer legen?
Maurer:
Wir haben hohe ethische Standards bei der Beschaffung und bei der Auswahl unserer Partner und Lieferanten. Und in Südvietnam haben wir gerade eine Fabrik eröffnet, die fast ausschliesslich mit Solarenergie arbeitet.

epa09776787 People ride motorbikes at a street in Hanoi, Vietnam, 22 February 2022. Vietnam confirms 55,871 new domestic Covid-19 cases on 22 February, the highest number of daily infections so far, a ...
On hat in Vietnam kürzlich eine Fabrik eröffnet für seine Schuhproduktion.Bild: keystone

Die Frage ist nicht beantwortet.
Maurer:
Wir können Kinderarbeit absolut ausschliessen. Die Lieferketten sind sehr komplex, aber wir kennen die meisten Partner persönlich und haben diese sorgfältig ausgewählt. Wir setzen alles daran, die grösstmögliche Transparenz zu schaffen. Ausserdem müssen unsere Partner unseren strengen Richtlinien befolgen und umsetzen.

Wie viel verdient denn eine Fabrikarbeiterin in Vietnam?
Maurer:
Das kommt auf die Region an. Es gibt in Vietnam Mindestlöhne und unsere Partner zahlen über diesen. Wichtig zu wissen ist, dass Vietnam aktuell ein Arbeitnehmermarkt ist. Das bedeutet, dass Löhne konstant angehoben werden.

Die Produktion dürfte durch die weltweiten Lieferengpässe kostspieliger werden. Werden On-Schuhe teurer?
Hoffmann:
Wie sehen in letzter Zeit Preisanstiege bei der See- und Luftfracht sowie bei den Löhnen und bei Material. In den USA erhöhen wir deshalb die Preise für verschiedene neue Modelle. Die neue Version des Cloud ist zehn Dollar teurer geworden, 140 Dollar statt 130 Dollar. In der Schweiz und in der EU steigen die Preise in den nächsten Monaten nicht.

In der Pandemie ging der Online-Handel durch die Decke. Auch bei On?
Hoffmann:
Auch wir konnten online zulegen. Wir wollen aber auch vor Ort präsent sein. Darum eröffnen wir im Sommer in Zürich einen Flagship-Store an unserem neuen Hauptsitz, so wie auch schon in New York. In China haben wir sieben eigene Geschäfte, und als nächstes folgen Tokio und London.

Investor und Partner von On: Tennis-Ass Roger Federer.
Investor und Partner von On: Tennis-Ass Roger Federer.bild: zvg

Eine tragende Säule Ihres Erfolgs ist Roger Federer als Mitinhaber und Werbeträger. Stört es Sie, dass er auch für Firmen wie die Credit Suisse wirbt, die zuletzt im Zuge der «Suisse Secrets» international in die Kritik geriet?
Hoffmann:
Roger ist für uns seit zwei Jahren als Partner auf ganz verschiedenen Ebenen sehr wertvoll. Und das soll über lange Zeit so bleiben.

Federer blieb bei diesem Thema stumm. Generell wird von bekannten Firmen inzwischen erwartet, dass man sich zu gesellschaftlichen Themen wie Black Lives Matter oder der Ehe für alle äussert. Wie gehen Sie damit um?
Maurer:
Ich finde es positiv, dass Unternehmen ihre soziale und gesellschaftliche Verantwortung vermehrt wahrnehmen. Das versuchen wir auch, bei Themen, die uns wichtig sind. Eines davon ist die Nachhaltigkeit, bei der wir einige Initiativen am Laufen haben.

Konkret: Sie wollen künftig Schuhe im Abo-Modell verkaufen und vermehrt Material rezyklieren - das dürfte jedoch die Marge schmälern. Wie geht das zusammen?
Maurer:
Mit unserem Modell Cyclon haben wir experimentiert, wie ein Abo-Modell funktionieren kann. Die Idee dahinter ist, dass der Kunde den Schuh nicht besitzt, sondern wir ihn regelmässig durch ein gleiches, recyceltes Paar austauschen. Im Sommer lancieren wir den «Cloudneo», der vollständig wiederverwertbar sein wird. Den ökologischen Fussabdruck reduzieren wir unter anderem damit, indem wir den ganzen Schuh aus einem Material fertigen. Wenn die Nachfrage besteht, möchten wir das Abo-Modell auf weitere Produkte ausdehnen.

Federer plant im Sommer oder Herbst sein Tennis-Comeback. Wie oft können Sie dann noch mit ihm sprechen?
Hoffmann:
Roger ist ein Meister der Planung. Auch früher, wenn er an den Turnieren spielte, fand er immer Zeit für uns. Wir arbeiten sehr eng mit ihm zusammen.

Hat er persönlich schon neue Kunden an Land gezogen?
Hoffmann:
Er ist nun mal sehr bekannt und begeistert von unserem Produkt. Da konnte er schon einige Kontakte vermitteln, die hilfreich waren. Seine eigenes Tennis-Schuhmodell verkauft sich zudem sehr gut, nicht nur in der Schweiz, auch in Asien und in den USA. Noch dieses Jahr wird es neue Modelle von Roger geben.

Und wenn er irgendwann abtritt? Benötigt On dann einen neuen Werbepartner?
Maurer:
Roger ist mehr als ein Werbepartner, er ist in die Innovation der Roger-Sneaker und seinem Tennis-Schuh involviert. Er ist Partner und Teil des Teams.

Bundesrat Ueli Maurer spricht waehrend der Fruehlingssession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 10. Maerz 2022 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Bundesrat Ueli Maurer stellt in der Schweiz ein «Konzern-Bashing» fest. Die On-Manager nicht - sie weisen aber auf Probleme hin.Bild: keystone

On ist ein internationales Unternehmen mit Sitz in der Schweiz. Nach dem Nein zur Stempelsteuer beklagte Bundesrat Ueli Maurer, in der Schweiz herrsche ein regelrechtes «Konzern-Bashing». Wie nehmen Sie das wahr?
Maurer:
Das nehmen wir überhaupt nicht so wahr. Wir sind dankbar dafür, dass wir On in der Schweiz gross machen konnten. Das war möglich, weil viele Rahmenbedingungen gut sind: ausgezeichnete Hochschulen und viele Fachkräfte. Gleichzeitig gibt es Dinge, die man insbesondere für Start-ups verbessern könnte, da sind die Stempelabgaben oder die teils zu tief angesetzten Drittstaatenkontingente schon ein Thema.

Also doch etwas frustriert?
Maurer:
Nein. Aber man muss einfach sehen: In Berlin haben wir mehrere hundert Mitarbeitende und viele davon könnten in Zürich sein, wenn die Drittstaatenkontingente gelockert würden. Insbesondere Start-ups brauchen eine Stimme in der Politik, Grosskonzerne haben diese bereits.

Den Hauptsitz ihrer Firma, die weltweit bereits 1000 Mitarbeitende beschäftigt, ins Ausland zu verlegen, ist demnach kein Thema?
Hoffmann:
Nein. Wir beziehen bald unseren neuen Hauptsitz in Zürich mit Platz für 1000 Mitarbeitende. Das ist ein klares Bekenntnis zu unseren Schweizer Wurzeln. Daneben beziehen wir aber auch neue Büros in den USA, konkret in Portland, in Berlin und Shanghai. Dieses Jahr stellen wir 800 bis 900 Personen weltweit ein, davon rund 40 Prozent hierzulande. Wir sind eine globale Firma, aber die Schweiz ist unser Zuhause.

Zum Schluss noch eine Frage dazu, wie alles begann: Die ursprüngliche On-Laufschuhtechnologie mit Gummiröhren stammt vom ETH-Ingenieur Jürg Braunschweiler. Auf Ihrer Homepage wird er aber mit keinem Wort erwähnt. Weshalb?
Maurer:
Wir haben ein einvernehmliches Verhältnis zu Jürg Braunschweiler und freuen uns, seine Erfindung in von uns mehrfach weiterentwickelter und zur Marktreife gebrachten Form in die Welt tragen zu können. (aargauerzeitung.ch)

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34 Kommentare
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Barlsi
12.03.2022 12:10registriert Oktober 2021
“Kinderarbeit und schlechte Arbeitsbedingungen. Können Sie für Ihre Produktion die Hand ins Feuer legen?”

“Und in Südvietnam haben wir gerade eine Fabrik eröffnet, die fast ausschliesslich mit Solarenergie arbeitet.”

Das Hilft den Arbeitern natürlich. Im ganzen Interview wird immer ausgewichen und nicht konkret geantwortet. Extrem unsympathisch.

Dazu haben auch die Schuhe eine schlechte Qualität und gehen andauernd kaputt. Aber das ist nochmal ein anderes Thema.
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Garp
12.03.2022 12:43registriert August 2018
Der Beotrag muss doch als Promotion bezeichnet werden!

Warum sagen sie nicht klar wieviel ihre Arbeitnehmer in Vietnam verdienen? Haben die dann auch eine Altervorsorge und eine Krankenkasse?

Sehr schlechtes Interview!
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Nutshell
12.03.2022 13:09registriert September 2018
Am "besten" gefiel mir die Antwort auf die Frage, welche materiellen Wünsche er sich nun als Multimillionär erfüllen konnte:
"Für mich ist wichtig, mit On-Schuhen in der Natur laufen zu können."
Sooo authentisch...
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