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Die Elite ist Schuld - was für ein Schwachsinn!

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Die Elite ist Schuld an Trumps Wahlsieg? Was für ein Schwachsinn!!!

Der Sündenbock für den Wahlsieg Trumps ist gefunden. Doch wer jetzt über eine vermeintliche Elite lästert, begeht einen schweren Fehler.
10.11.2016, 12:3614.11.2016, 14:12
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Roger Koeppel, Nationalrat SVP, spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Vorstellung des neuen Positionspapiers zur Schweizer Medienpolitk der SVP, am Freitag, 26. August 2016 in Bern. (KEYSTONE/Man ...
Will auch bei uns gegen eine Elite ankämpfen: Roger Köppel.Bild: KEYSTONE

Nachdem die Schockstarre über den Wahlsieg sich langsam löst und man sich an den Gedanken, dass Donald Trump bald ins Weisse Haus einziehen wird, gewöhnt, ist die Suche nach dem Sündenbock in vollem Gange. Besser gesagt: Der Sündenbock ist bereits gefunden. Es handelt sich um eine Elite, die linksliberal, verwöhnt, satt und was auch immer ist.  

Ist Obama wirklich der Vater von Trumps Wahlsieg?

In dieser schlichten Sichtweise ist Barack Obama nun nicht mehr bloss der Vater des «IS», er ist auch der Vater von Trumps Wahlsieg. Er habe nur schön geschwatzt, aber nichts für die von der Globalisierung gebeutelte Mittelschicht getan, heisst es. Stattdessen habe er mit dem «Davos Menschen», dem Inbegriff der globalisierten Elite, herumgeturtelt.  

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Hat zur totalen Blockade gegen Obama aufgerufen: Mitch McConnell.Bild: JIM LO SCALZO/EPA/KEYSTONE

Was für ein Schwachsinn! Zur Erinnerung: Mitch McConnell, der Führer der Republikaner im Senat, hat bereits am Tag des Amtsantrittes von Obama geschworen, alles zu unternehmen, um ihn zu blockieren. Und er hat es auch getan: Die Republikaner haben dem Präsidenten auf Schritt und Tritt Knüppel zwischen die Beine geworfen.  

Gerade Linksliberale warnen schon lange

Ein erstes Konjunkturprogramm nach der Beinahe-Kernschmelze des Finanzsystems im Herbst 2008 war nicht zu vermeiden. Doch dieses Programm war viel zu schwach auf der Brust – wie übrigens gerade linksliberale Ökonomen wie Joseph Stiglitz und Paul Krugman immer und immer wieder betont haben. Vergeblich. Mit dem Argument der aus dem Ruder laufenden Staatsverschuldung und dem damit verbundenen Weltuntergang haben die Republikaner alles verhindert.

House Speaker Paul Ryan of Wis. speaks during a news conference in Janesville, Wis., Wednesday, Nov. 9, 2016. (AP Photo/Paul Sancya)
Über Nacht zum Trump-Fan mutiert: Wendehals Paul Ryan. Bild: Paul Sancya/AP/KEYSTONE

Dieselben Republikaner, die bei Obama Zeter und Mordio geschrien, Budgets verweigert und einmal gar die Verwaltung lahmgelegt haben, werden sich jetzt auf den Rücken legen – und Trump jeden Wunsch erfüllen. Paul Ryan, der im Wahlkampf nicht einmal zusammen mit dem neu gewählten Präsident auftreten wollte, wird jetzt lammfromm dessen Anliegen durch das Abgeordnetenhaus winken. Derselbe Paul Ryan übrigens, der bis vor kurzem für eine Austeritätspolitik auf Stelzen plädiert hat.  

Dass Trumps Konjunkturprogramme nicht einmal im Ansatz finanziert sind, und dass sie die Staatsschulden ins Unermessliche steigen lassen werden, kümmert die Republikaner nun keinen Deut mehr. Das Perverse dabei: Trump wird mit der Politik wahrscheinlich Erfolg haben. Bei Hitler hat es mit Rüstungsausgaben und Autobahnen ja auch geklappt.  

Auch die IT-Unternehmer gehören jetzt zur bösen Elite, und es stimmt: Im Silicon Valley hat Trump ausser dem Herrenmenschen Peter Thiel wenig Freunde. Allerdings, wie wir ohne Digitalisierung unsere Ökonomie oder unsere Ökologie in den Griff kriegen werden, weiss niemand. Hauptsache keine Elite. Dass wir damit auch die Zukunft von Solar- und Windenergie in Frage stellen, ist kein Thema.  

Exterior view of the conference center, pictured on Monday, January 18, 2016, in Davos. The World Economic Forum WEF will take place in this location from January 20 to 23. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
Sinnbild der Elite: Das WEF in Davos.Bild: KEYSTONE

Ja, es ist wichtig, dass die Verlierer endlich ihren Teil vom Globalisierungs-Kuchen erhalten, und ja, der «Davos Man» ist keine besonders sympathische Erscheinung. Doch wenn wir eine dezentralisierte, nachhaltige Wirtschaft, wenn wir anständige Medien und einen Rechtsstaat wollen, dann brauchen wir gut ausgebildete Ingenieure, Intellektuelle, Journalisten, Anwälte und Ärzte. Kurz: Wir brauchen eine Elite. 

Das Geschwätz von der «hasserfüllten Überheblichkeit der satten Elite» sollten wir Roger Köppel überlassen. Oder Gölä.

Trumps Amerika

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Trumps Amerika
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(bild: flickr)
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219 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TanookiStormtrooper
10.11.2016 13:00registriert August 2015
Das seltsame ist ja, dass Köppel und Trump doch selber zur "Elite" gehören. Ersterer hätte ohne Hilfe vom Übervater aus Herrliberg wohl keine eigene "Zeitung" und Trump wäre ohne Steuerschlupflöcher und Hilfe dieser Elite wohl schon lange im Armenhaus gelandet.
Wie Menschen tatsächlich glauben können, dass solche Typen, die ihr Leben lang von diesen Eliten profitiert haben, das System plötzlich zu Gunsten des "kleinen Mannes" ändern wollen, werde ich wohl nie verstehen.
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FrancoL
10.11.2016 14:41registriert November 2015
Ich kenne ich in den USA zu wenig aus, kenne das Polit Establishment nur von den vielen Berichten.
Hier in der Schweiz kennen wir alle Bundes Bern das Establishment. DOCH wo steht die SVP Spitze? ist sie so fern vom Polit Establishment wie sie ständig behauptet?
NEIN behaupte ich, sie ist genau so eine Elite und bildet mit ihren nahen Kreisen zur Wirtschaft genau die gleiche Elite.
Liebe SVP Spitze (allen voran Köppel, Blocher, Matter Aeschi) SIE SIND eine elitäre, abgehobene Truppe und sie agieren genau so wie die Bundes Bern Elite, auch wenn sie Tag täglich das Gegenteil behaupten mögen.
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Regas
10.11.2016 18:40registriert September 2016
Zitat: "Nachdem die Schockstarre über den Wahlsieg sich langsam......." Ach Löpfe wir alle sind in Schockstarre gefallen, teilweise sogar in der Pathologie gelandet, und es brauchte mehrere Stunden bis sich der Zustand wieder Normalisierte. Solche Berichterstattung ist aufreisserisch und populistisch, genau das was Sie dem Köppel vorwerfen. Hillary konnte man nicht wählen und Trump ist jetzt halt da, mangels einer wirklichen Alternative. Keine Aufregung, mal schauen was kommt.
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