Boeing-Chef Dennis Muilenburg muss wegen des Skandals um das Unglücksmodell 737 Max seinen Hut nehmen. Der Verwaltungsrat habe entschieden, dass ein Wechsel an der Konzernspitze nötig sei, um die Beziehungen mit den Aufsehern, Kunden und Aktionären zu kitten, sagte Verwaltungsratschef David Calhoun am Montag.
Der frühere Manager des Finanzinvestors Blackstone, Calhoun, wird am 13. Januar die Nachfolge von Muilenburg antreten. Bis dahin wird Finanzchef Greg Smith übergangsweise das Ruder übernehmen.
Die 737 Max ist seit März aus dem Verkehr gezogen, nachdem bei zwei Abstürzen in Indonesien und Äthiopien 346 Menschen innerhalb von fünf Monaten ums Leben kamen. Wann der einstige Verkaufsschlager des Konzerns wieder abheben kann, steht in den Sternen.
Die US-Luftfahrtbehörde FAA hatte zuletzt deutlich gemacht, dass sie sich bei der Wiederzulassung des Fliegers nicht von Boeing unter Druck setzen lassen werde, und Aussagen des Flugzeugbauers kritisiert. Da ein Ende des Startverbots nicht in Sicht ist, kündigte Boeing vergangene Woche an, die Fertigung der 737 Max ab Januar vorerst komplett zu stoppen. Rund 400 Maschinen des spritsparenden Modells können derzeit nicht an die Kunden übergeben werden.
Anleger feierten den Abgang von Muilenburg, der seit 2015 Boeing-Chef war. Die Boeing-Aktien legten im frühen Handel fast vier Prozent zu. Luftfahrtanalyst Richard Aboulafia sagte, die Ernennung von Calhoun stabilisiere die Lage, dieser sei aber langfristig wohl nicht der richtige Mann an der Spitze. Boeing brauche einen Technikexperten.
Muilenburg hatte sich trotz der Krise zunächst im Amt halten können. Zwar musste er im Oktober auf seinen Titel als Verwaltungsratschef verzichten, doch kurz darauf verteidigte ihn Calhoun noch. Muilenburg habe «alles richtig gemacht», sagte er.
Doch in den vergangene Wochen nahm die Kritik an Muilenburg weiter zu. Politiker kritisierten, dass Boeing wichtige Informationen unter Verschluss gehalten habe. Fluglinien bemängelten, dass Boeing ihnen immer wieder Hoffnung auf eine baldiges Ende des Startverbots gemacht habe, nur um dann zurückzurudern. Immer wieder mussten sie ihre Flugpläne wegen der fehlenden Maschinen umstellen und ihre Wachstumsziele verschieben.
Der irische Billigflieger Ryanair etwa schliesst deshalb Basen, kappt sein Flugangebot für den Sommer 2020 und streicht Jobs. Southwest Airlines, der grösste Kunde der 737 Max, vereinbarte jüngst eine Entschädigungsvereinbarung mit Boeing für einen Teil der Ergebnisbelastungen, die die Fluggesellschaft durch die Probleme in diesem Jahr verdauen muss. Dem weltgrössten Reisekonzern TUI brockte das Flugverbot für die 737 Max im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Gewinneinbruch um rund ein Viertel ein.
Nach bisherigen Erkenntnissen waren die beiden Maschinen vor allem wegen der fehlerhaften Steuer-Software MCAS abgestürzt. Das Flugverbot und der Produktionsstopp sind ein Desaster für den Konzern. Zum ersten Mal seit über 20 Jahren muss der Flugzeugbauer die Arbeiten in den Fertigungshallen der Modellreihe ruhen lassen. Die Probleme des grössten US-Exporteurs bremsen auch die US-Wirtschaft. (jaw/awp/sda/reu)