Der Tod der «Bachelor»-Kandidatin Sofia könnte tragischer und sinnloser nicht sein. Ein Automobilist erfasste die erst 40-jährige Zürcherin auf dem Nachhauseweg um halb vier Uhr morgens beim Überqueren einer Strasse in Zürich-Höngg.
Die Yogalehrerin und Tänzerin hatte in der dritten Staffel der Erfolgssendung «Der Bachelor» des Privatsenders 3+ mitgewirkt. Nach streng moralischen Massstäben und aus Rücksicht auf den schmerzlichen Verlust, den die Angehörigen der Frau erlitten haben, müsste Senderchef Dominik Kaiser auf die Ausstrahlung der bereits abgedrehten Unterhaltungssendung verzichten.
Eine andere Lösung – die Szenen mit Kandidatin Sofia aus der Sendung zu schneiden oder die Verstorbene in der teils überdreht-dramatisierten Bagger-Sendung zu zeigen – würde einem Unfallereignis mit Todesfolge nicht gerecht. Würden jedenfalls Kritiker des Boulevardgeschäftes monieren.
Was wird tut Kaiser? Er strahlt die abgedrehte Staffel in unveränderter Form aus. Wir werden also das erste Mal in der Schweizer TV-Geschichte in einer Sendung eine verstorbene Kandidatin sehen. Und das hat aus zwei Gründen auch seine Richtigkeit.
Erstens ist die Sendung zu wichtig im Geschäftsmodell des Senders 3+.
Dieses beruht darauf, mit aufwändig produzierten Eigenproduktionen eine grosse öffentliche Resonanz zu erzielen und damit Zuschauer auf den Sender zu locken.
Für die Eigenproduktionen wie «Der Bachelor», «Bauer, ledig, sucht» oder «Bumann, der Restauranttester» evaluiert Kaiser persönlich ausländische Sendekonzepte und prüft akribisch, wie diese für die Schweizer Zuschauerschaft zu adaptieren sind. Seinem Gespür für die Befindlichkeit des hiesigen TV-Publikums verdankt der Sender seinen Quoten- und seinen wirtschaftlichen Erfolg.
Die Eigenproduktionen kosten zwar ein Mehrfaches dessen, was sie einspielen können. So wendet 3+ für «Der Bachelor», eine Sendung, die mit vielen Mitwirkenden in Thailand produziert wird, einen einstelligen Millionenbetrag auf.
Dafür hat die Sendung mittlerweile Kultstatus wie eine Fussball-WM mit Public Viewings und täglicher Begleitberichterstattung in auflagestarken Boulevardmedien. Das generiert eine so grosse öffentliche Aufmerksamkeit, dass im Nachhinein noch kontinuierlich genügend Zuschauer auf den Sender zappen, die sich im Umfeld der sehr günstig eingekauften Serien gewinnbringend vermarkten lassen.
So gewinnbringend, dass die Kosten der Eigenproduktionen in der Mischrechnung locker wieder eingespielt werden können.
Zweitens war der tödlich verunglückten Kandidatin die Sendung wichtig. Sie wollte sich im Fernsehen sehen, sonst hätte sie die anstrengende Produktion nicht mitgemacht.
Solange das Gegenteil nicht bewiesen ist, ist nicht auszuschliessen, dass es auch dort TV-Signale gibt, wo sie jetzt ist. Und dass sie die Sendung gerne sehen würde. Und zwar unter ihrer vollen Mitwirkung.
Dieser Ansicht sind auch der Vater und die Tochter der Verstorbenen.