Holcim verspricht nach der am Vortag angekündigten Aufspaltung eine strahlende Zukunft: Das abgetrennte Nordamerika-Geschäft werde ein Rockstar, sagte Holcim-Präsident Jan Jenisch. Die Rest-Holcim sei ein Champion. Grosse Begeisterungsstürme an der Börse blieben aber am Montag aus.
Am (gestrigen) Sonntag hatte das Schweizer Traditionsunternehmen die grösste Veränderung seit der Übernahme des französischen Konkurrenten Lafarge im Jahr 2015 angekündigt. Damals war Holcim zum mit Abstand grössten Zement- und Baustoffhersteller der Welt geworden.
Das Nordamerika-Geschäft soll im nächsten Jahr von Holcim getrennt und als vollständig unabhängiges Unternehmen in den USA an die Börse gebracht werden. Die Aufspaltung sei nötig, um das Potential gänzlich auszuschöpfen und voll durchzustarten, sagte Jenisch am Montag in mehreren Telefonkonferenzen.
«Das Geschäft ist zu gross geworden, um es als Tochterfirma zu führen», hatte der Deutsche bereits am Sonntag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP gesagt. «Wir haben das Business in den letzten vier Jahren praktisch verdoppelt.» Es sei der grösste Zementhersteller in Nordamerika und die Nummer 3 im Dachgeschäft. Bei Zuschlagstoffen und Transportbeton liege der Konzern auf Platz 5.
Das Nordamerika-Geschäft mit einem Umsatz von über 11 Milliarden US-Dollar und einem Betriebsgewinn (EBIT) von 2 Milliarden Dollar werde ein Rockstar-Unternehmen, sagte Jenisch. Dieses profitiere von den verschiedenen Konjunktur- und Infrastrukturprogrammen der US-Regierung.
In den USA finde eine Re-Industrialisierung statt: So würden Auto-, Haushaltsgeräte- oder Elektronikhersteller die Produktion in die USA zurückverlagern. Holcim bekomme viele Aufträge von Unternehmen, die Fabriken bauen würden. Zudem würden auch die Aufträge für den Infrastrukturbau in diesem Jahr starten.
Auch eine Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten sei kein Grund zur Sorge. Der jetzige Präsident Joe Biden betreibe die gleiche Wirtschaftspolitik wie sein Vorgänger: Biden habe Trumps gigantische Unterstützungsprogramme für Unternehmen in Gesetze gegossen. So unterschiedlich Biden und Trump im Stil seien, wirtschaftspolitisch zögen sie am selben Strang, sagte Jenisch.
Bis 2030 soll das neue Unternehmen in den USA auf einen Umsatz von über 20 Milliarden Dollar wachsen. Der EBIT soll auf über 5 Milliarden Dollar zulegen.
Auch Holcim alleine sei ein Champion mit einem Umsatz von 17 Milliarden Franken im Jahr und einem EBIT von über 2,7 Milliarden Franken. In Europa werde man von der Dekarbonisierung und dem Trend zur Nachhaltigkeit durch den «Green Deal» der EU profitieren.
Die Wachstumsmaschine der Rest-Holcim solle Lateinamerika werden, sagte Jenisch. Bis 2030 soll der Umsatz von Holcim alleine auf 22 Milliarden Franken und der EBIT auf über 4 Milliarden Franken steigen.
Trotz dieser Aussichten gab es nur verhaltenen Applaus der Investoren. Die Aktie startete mit einem Anstieg von 6,7 Prozent in den Montagshandel an der Schweizer Börse. Der Kurs bröckelte dann aber ab und notierte am frühen Nachmittag noch um 4,2 Prozent im Plus bei 66.90 Franken. Damit weist Holcim eine Marktkapitalisierung von 38,7 Milliarden Franken aus.
Damit erscheint der Konzern unterbewertet: Alleine für das Nordamerika-Geschäft sei eine Marktkapitalisierung von 30 Milliarden Dollar realistisch, sagte Konzernlenker Jenisch.
ZKB-Analyst Martin Hüsler errechnet für den Gesamtkonzern einen Wert von 51 bis 59 Milliarden Franken. Unter Abzug der Nettoverschuldung ergebe dies ein Bewertungsband für die Aktie von rund 75 bis 88 Franken, schätzte Hüsler. Die Rest-Holcim ohne das Nordamerika-Geschäft habe einen Unternehmenswert von 21 bis 25 Milliarden.
Auch nach der Abspaltung werde Holcim im Leitindex der Schweizer Börse SMI bleiben, sagte Jenisch. Und die Ausschüttung an die Aktionäre werde nicht zurückgefahren. (saw/sda/awp)