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Fazit eines Schweizfreundes: Eidgenossen machen vieles besser

«Die Besserkönner»

Fazit eines Schweizfreundes: Eidgenossen machen vieles besser

Schweiz-Bashing ist en vogue. Da kommt es gerade recht, dass ein angesehener deutscher Publizist eine Lanze für sein Nachbarland bricht. Denn Europa kann vieles von den Eidgenossen lernen.
25.02.2014, 08:2625.02.2014, 11:02
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Bewunderung und Beschimpfung. Zwischen diesen Polen pendeln die Reaktion der Aussenwelt immer wieder auf das jeweilige Geschehen in der Schweiz. Als am 9. Februar eine äusserst knappe Mehrheit der abstimmenden Eidgenossen dafür votierte, die Zuwanderung in die Alpenrepublik zu begrenzen, löste dies im Ausland einen Sturm der Entrüstung aus.

Wenige Wochen danach kommt nun ein Buch des deutschen Journalisten Wolfgang Koydl auf den Markt, das geeignet ist, manchen notorischen Kritikern der Eidgenossenschaft Zornesröte ins Gesicht zu treiben. Allein schon beim Anblick des Covers: Da reisst sich jemand wie Superman das Hemd auf, um darunter stolz die Schweizer Flagge mit dem weissen Kreuz auf rotem Grund vorzuzeigen. Titel: «Die Besserkönner». 

«Das Schweizer System läuft diametral dem europäischen System zuwider, wie es sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat.»
Journalist Wolfgang Koydl 
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Bild: zvg
«Das Buch ist ein klug analysiertes Stück Lebenswirklichkeit.»
Christoph Blocher

Auf gut 200 Seiten schreibt Koydl – seit 2011 Schweiz-Korrespondent der «Süddeutschen Zeitung» und vorher in vielen anderen Teilen der Welt im Reportereinsatz – gegen das nur allzu oft von Sachkenntnis unberührte Schweiz-Bashing europäischer Politiker an.

Bewunderung für das «Schweizer Modell»

Wolfgang Koydl
Wolfgang Koydl wurde 1952 geboren. Er war ein Leben lang Journalist – in England, Österreich, Ägypten, Sowjetunion, Türkei, USA und in der Schweiz. Die letzten 23 Jahre war er für die Süddeutsche Zeitung tätig. Entstanden sind dabei mehrere Bücher: «Gebrauchsanweisungen» für Deutschland und Ägypten, türkische Anthologien, amerikanische Nachhilfewerke, und persönliche Erfahrungsberichte aus England und der Schweiz.

Das Buch ist ein hochaktuelles, anschaulich geschriebenes und oft amüsantes Lehrstück über den Schweizer Nationalcharakter, die Wirtschaftsmacht und das politische System des Alpenlandes. Koydl (Jahrgang 1952) macht keinen Hehl aus seiner Bewunderung für das «Schweizer Modell». 

Denn bei aller, oft berechtigter Kritik der letzten Jahre – von der (inzwischen eingestellten) Beihilfe Schweizer Banken für ausländische Steuerbetrüger bis zur «Rosinenpickerei» in den Beziehungen zu den EU-Nachbarn – wird zu oft übersehen, dass die Schweiz ein urdemokratisches, freiheitliches, innovatives und enorm wettbewerbsfähiges Land ist.

Ein modernes Land im Herzen Europas, von dessen jahrhundertealter direkter Demokratie sich der Rest des Kontinents mehr als nur eine Scheibe abschneiden kann und sollte.

«‹Die Besserkönner› ist ein genau recherchiertes, blitzgescheites Buch.» 
Jean Ziegler

Koydls Fazit aus dem Vergleich der Schweizer Demokratie mit dem Brüsseler Politikmodell gerät zu einer Breitseite: «Das Schweizer System läuft diametral dem europäischen System zuwider, wie es sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat. Dort wird immer mehr Macht in immer weniger Händen konzentriert. Dort hat sich eine Kaste von Berufspolitikern etabliert, die vom Alltag ihrer Wähler Lichtjahre entfernt ist. Und dort rafft die europäische Bürokratie immer mehr Vollmachten an sich, die sie letzten Endes gar nichts angehen.»

Die Schweiz, meint Koydl, müsse durchaus nicht europäischer werden. Vielmehr täte es Europa gut, helvetischer zu werden.

Nachworte von Blocher und Ziegler

Christoph Blocher.Bild: KEYSTONE

Die beiden Nachworte haben Schweizer Persönlichkeiten geschrieben, die gleichsam die politischen Gegenpole aller Debatten über den Weg der Eidgenossenschaft repräsentieren: Christoph Blocher, der Milliardär und Ziehvater der nationalkonservativen Schweizerischen Volkspartei, lobt das Buch als ein «klug analysiertes Stück Lebenswirklichkeit».

Jean Ziegler.Bild: KEYSTONE

Der grosse linke Denker Jean Ziegler bemängelt, ihm fehle eine «Auseinandersetzung mit der pathologischen, nachtdunklen Seite der Schweiz». Doch Ziegler meint auch: «‹Die Besserkönner› ist ein genau recherchiertes, blitzgescheites Buch.» Es könne helfen, dem «schon fast konstitutiven Nicht-Wissen über die Schweiz» im Ausland Abhilfe zu schaffen. (sza/sda)

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