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Schweizer Firma Mantis erobert mit KI-gesteuerten Liften die Welt

Bild aus Ischgl. Die Technologie des Schweizer KI-Start-ups Mantis Ropeways Technology macht Berg- und Talstationen sicherer.
Ein Foto aus der Silvretta Arena in Samnaun-Ischgl. Schweizer Technologie macht das Sesseliftfahren sicherer.Bild: PD

Schweizer Firma erobert mit KI-gesteuerten Liften die Welt – watson hakt nach

Das ETH-Start-up Mantis Ropeway Technology zeigt eindrücklich, wie aus wissenschaftlicher Forschung wirtschaftlicher Erfolg wird.
17.12.2025, 20:0118.12.2025, 17:43

KI-überwachte Gondelbahnen gibt es schon etwas länger. Doch nun erreichen uns gute Nachrichten, was den sicheren Betrieb von Sesselliften betrifft.

Im Januar 2024 berichtete watson über KI-gesteuerte Sessellifte made in Switzerland. Knapp zwei Jahre später ist das von vier ETH-Absolventen gegründete Start-up Mantis Ropeway Technology auf dem Weg, die Winter-Ferienorte zu erobern. Und das nicht nur in klassischen Alpen-Ländern, sondern auch in Übersee.

Ausserdem gibt es weitere technische Innovationen. Nach dem KI-gestützten autonomen Betrieb an Bergstationen sind nun die Talstationen dran.

watson hat bei den Entwicklern nachgefragt.

Wo kommt Mantis-Technologie zum Einsatz?

Die Technologie des Schweizer KI-Start-ups Mantis Ropeways Technology macht Berg- und Talstationen sicherer.
Bestehende Anlagen können mit Mantis-Technologie ausgerüstet werden.Bild: PD

Bereits seit 2018 arbeitet das Entwicklerteam an KI-basierten Lösungen, die den Betrieb von Liftanlagen sicherer und effizienter machen sollen.

Nach erfolgreichen Installationen in der Schweiz und in Österreich in den Jahren 2023 und 2024 ist Mantis 2025 weiter international gewachsen. Die KI-gestützten Systeme der Firma sind mittlerweile auch in Italien, Deutschland, Kanada sowie den USA installiert. Wobei anzumerken ist, dass es sich in Nordamerika vorerst nur um einen halbautonomen Liftbetrieb handelt.

Weitere Markteintritte seien bereits in Vorbereitung, während die Verantwortlichen in mehreren neuen Ländern auf Betriebsbewilligungen warten.

Dieser Zermatter zeigt sich überzeugt von der Mantis-Technologie:

Im Oktober 2025 wurde Mantis mit dem Swiss Mountain Award ausgezeichnet. Laut Begründung der Jury bietet das Schweizer Start-up eine «technologisch führende Lösung», die «einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit und Effizienz im alpinen Tourismus» leiste.

Wie funktioniert's?

Wie Christian Limburg, Business Development Director bei Mantis, erklärt, wollen die Softwareentwickler keine Details zu den Kernelementen ihrer Technik, der KI-Bildverarbeitung, verraten. Wir erfahren:

«Das System nutzt neuronale Netzwerke, um Wintersportler während der Ein- und Ausstiegsvorgänge zu begleiten. Das System evaluiert die Situation in den relevanten Bereichen fünfzehn mal pro Sekunde und mit Kameras aus mehreren Blickwinkeln, um Verdeckungen zu vermeiden. Dabei erkennt es Abweichungen von Körperpositionen und Bewegungsmuster von korrekt ein- und aussteigenden Fahrgästen und kann sofort ein Signal an die Seilbahnsteuerung schicken, um den Lift zu verlangsamen oder anzuhalten.»

Das erste Produkt namens «Mantis Autonomy» wurde für Bergstationen konzipiert. Und in diesem Jahr ist «Mantis Assistance» für Talstationen hinzugekommen.

Das zweite Produkt der Firma konzentriert sich auf das Einsteigen in Sesselbahnen. Also jenen Bereich, der das Personal wegen der eingeschränkten Sicht auf die abfahrenden Passagiere vor Schwierigkeiten stellt.

Wenn nun dank blitzschneller KI-Bildauswertung ein schlecht sitzender Fahrgast erkannt wird – wie zum Beispiel ein Kind, das nach vorn rutscht –, stoppt das System automatisch die Anlage. Und dies passiert rechtzeitig, bevor die Person eine gefährliche Höhe erreicht. So lässt sich gemäss Mantis das Risiko von Unfällen durch Stürze aus grosser Höhe wirksam minimieren.

Das Erklärvideo des Herstellers:

Die Verantwortlichen betonen:

«An der Talstation handelt es sich um ein Assistenzsystem für das anwesende Personal. Die Bergstationen jedoch können unbesetzt betrieben werden, was von den Betreibern auch so umgesetzt wird.»

Und: Die Talstation-Überwachung läuft bereits in mehreren österreichischen Wintersportgebieten.

«Mantis Assistance ist bereits bewilligt und im Einsatz an zwei Anlagen in Sölden, zwei Anlagen in Ischgl, und einer Anlage in Garmisch.»

Was kostet das?

Für die Anlagenbetreiber halten sich die Ausgaben in Grenzen, wie Mantis versichert.

«Das Pricing ist so gestaltet, dass das System nach einigen Jahren amortisiert ist, je nach Region etwas kürzer oder etwas länger.»

Gab es gravierende Vorfälle mit der Technik?

Die Mantis-Entwickler verneinen. Das System funktioniere bisher einwandfrei. «Wir arbeiten schon seit 2018 daran und optimieren auch kontinuierlich weiter.»

Wie steht es um die Haftung?

Wie die Mantis-Entwickler betonen, müssen die Skigebiete respektive Anlagenbetreiber ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht anpassen.

In der Schweiz und in Österreich haften die Seilbahn- bzw. Sesselliftbetreiber grundsätzlich für Unfälle, die sich «beim Betrieb» der Anlage ereignen, wobei dies auch für die Ein- und Aussteigeplattformen gilt.

Es gibt eine sogenannte Kausalhaftung – die Betreiber haften verschuldensunabhängig.

Was ist mit dem Lift-Sommerbetrieb?

Da Sessellifte auch im Sommer für touristische Zwecke interessant sind, arbeiten die Mantis-Entwickler seit Längerem an einer entsprechenden Lösung.

Auf Nachfrage verraten sie uns, dass es bereits Anlagen für einen Testbetrieb im Sommer gebe.

Und der Datenschutz?

Die automatische Sessellift-Überwachung funktioniert dank Videokameras, die alle ein- und aussteigenden Sessellift-Passagiere filmen und die Daten zwecks KI-Bildverarbeitung an einen Server übermitteln.

Die Verantwortlichen betonen, dass die Mantis-Systeme so eingerichtet seien, dass sie der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und dem Schweizer Datenschutzgesetz (DSG) entsprechen.

Soll heissen: Das Unternehmen nimmt den Schutz personenbezogener Daten ernst und erfüllt die gesetzlichen Vorgaben in der EU als auch in der Schweiz.

Personen, deren Bilddaten verarbeitet wurden, haben unter anderem das Recht auf Auskunft.

Auf Nachfrage versichert Mantis: «Alle Daten werden automatisiert nach 72 Stunden gelöscht.»

Und besorgte User können datenschutzbezogene Anfragen an folgende Mail-Adresse des Unternehmens senden: info@mantisropewaytechnologies.com.

Wie fing es an?

Die vier Mantis-Gründer Joël Bachmann, Carl Biagosch, Kevin Schwarzer und Tobias Stegemann waren gemeinsam beim universitären Start-up-Förderprogramm der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich als Projektleiter angestellt. ETH Juniors heisst dieses Programm und es bezweckt, «eine Brücke zwischen Wissenschaft und Wirtschaft zu schlagen».

Die vier ETH-Absolventen kamen im Rahmen einer Machbarkeitsstudie zu «Computer Vision»-Anwendungen im Seilbahnbereich auf die Idee, ein KI-gestütztes System für autonome Sessellifte zu entwickeln.

Das erste Produkt des Start-ups, «Mantis Autonomy», wurde Ende 2023 erstmals an mehreren Anlagen in der Schweiz und in Österreich in Betrieb genommen. Dies nach Erhalt der behördlichen Bewilligungen.

Quellen

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