Da nützte aller Erfolg nichts mehr. Der Chef von McDonald’s stolpert über eine Liebesgeschichte. Der Fastfood-Konzern feuerte den Briten Steve Easterbrook am Sonntag. Der Grund: Er war mit einer Mitarbeiterin von McDonald’s liiert.
Damit habe er ein schlechtes Urteilsvermögen an den Tag gelegt und gegen die Vorschriften der Firma verstossen, schreibt die US-Firma in einer Mitteilung.
Die Beziehung zwischen den beiden sei einvernehmlich gewesen. Easterbrook schreibt in einer internen Mitteilung an die Mitarbeiter von einem Fehler. «In Anbetracht der Werte des Unternehmens bin ich wie der Verwaltungsrat der Meinung, dass es für mich Zeit ist, weiterzuziehen.»
McDonald’s wurde in der Vergangenheit wiederholt mit Beschwerden und Klagen von Frauen wegen sexueller Belästigung eingedeckt. Offenbar wollte der Konzern ein klares Zeichen setzen, dass er Beziehungen zwischen Chefs und Untergebenen nicht toleriert. Easterbrook wurde im März 2015 zum Chef ernannt. Während seiner Amtszeit verdoppelte sich der Aktienkurs beinahe.
Auch in der Schweiz hat ein ähnlicher Fall innerhalb des Versicherers Swiss Life für Aufregung gesorgt. So hat Markus Leibundgut, Schweiz-Chef des Unternehmens, die Konzernleitung Mitte September darüber informiert, dass er seit Juli mit seiner Stabschefin liiert ist, wie das Finanzportal «Inside Paradeplatz» berichtete.
Konzernchef Patrick Frost habe einen «offenen und transparenten Umgang» mit der Situation pflegen wollen, sagt ein Sprecher. Deshalb erhielt die Stabschefin zuerst intern einen neuen Job, der organisatorisch von der alten Stelle klar abgegrenzt war.
Es sei dem Unternehmen selbstverständlich klar gewesen, dass die Situation keine reine Privatangelegenheit sein könne. Dazu sei die Rolle eines Konzernleitungsmitglieds zu exponiert.
Gleichzeitig gebe es klare Regeln, wenn es darum gehe, bezüglich Vorgesetztenverhältnis und Umgang mit Mitarbeitenden Klarheit zu schaffen. «Wir bedauern es sehr, dass diese Angelegenheit intern Gerüchte und heftige Diskussionen ausgelöst hat, die auch die Privatsphäre betrafen.»
Dies habe dem Unternehmen nochmals gezeigt, wie anspruchsvoll der Umgang mit derlei Konstellationen sei. Swiss Life sei deshalb mit allen Beteiligten zum Schluss gekommen, dass die Partnerin von Markus Leibundgut ihren beruflichen Weg ausserhalb des Unternehmens weiterverfolgen werde. Die Entflechtung der Situation, wie es die Swiss Life nennt, sei wohl nie vollständig möglich, wenn ein Mitglied der Konzernleitung involviert. So gesehen, habe man die Situation in einem ersten Schritt falsch eingeschätzt.
Ohne Folgen blieb die Beziehung zwischen Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und seiner Frau Nadja Ceregato. Sie war bei der Bank Chefjuristin und später zusätzlich Compliance-Chefin. Obwohl die Konstellation wiederholt kritisiert wurde, sah Raiffeisen keine Notwendigkeit zu handeln. Inzwischen läuft im Fall Vincenz eine separate Untersuchung gegen Ceregato wegen Verletzung des Geschäftsgeheimnisses.
Die drei Beispiele zeigen: Eine Liebesbeziehung unter Arbeitskollegen kann zu arbeitsrechtlichen Spannungen führen. Es ist daher nachvollziehbar, dass es nicht alle Arbeitgeber gerne sehen, wenn sich Angestellte näherkommen. Beispielsweise in den USA kommt es sogar relativ häufig vor, dass Arbeitgeber in ihren Regelwerken entsprechende Beziehungsverbote zwischen Angestellten vorsehen.
Anders ist dies in der Schweiz. Hier dürfen Betriebe die Liebe am Arbeitsplatz nicht verbieten. «Ein Beziehungsverbot ist in der Schweiz unzulässig», bestätigt Roger Rudolph, Professor für Arbeitsrecht an der Universität Zürich.
Eine Beziehung, auch wenn sie mit einem Arbeitskollegen gelebt werde, sei «zunächst und vor allem eine Privatsache». Dem Arbeitgeber ist es im Normalfall daher auch untersagt, seinen Angestellten entsprechende Fragen zu stellen oder anderweitige Abklärungen zu treffen.
Wenn die Gefahr eines Interessenkonflikts oder einer ungerechtfertigten Privilegierung besteht, hat der Arbeitgeber aber durchaus ein berechtigtes Interesse, über Beziehungen am Arbeitsplatz Bescheid zu wissen. Das ist vor allem dann der Fall, wenn die Verliebten in einem direkten Hierarchie- oder Abhängigkeitsverhältnis stehen oder gemeinsam eine Controlling-Tätigkeit wahrnehmen, wo gegenseitige Überwachung von grosser Bedeutung sind.
«Die Optik der Privatsache kann in solchen Fällen zu kurz greifen», sagt Rudolph. In der Schweiz sei es deswegen nicht unüblich, dass Mitarbeiter den Chef über ihre neue Beziehung informieren müssen. Vor allem in stark regulierten Bereichen wie der Bank- oder Versicherungsbranche sei eine solche Meldepflicht recht weit verbreitet.
Sobald eine Beziehung – oder deren Ende – die Interessen des Arbeitgebers beeinträchtigt oder das Arbeitsklima negativ beeinflusst, darf der Arbeitgeber eingreifen. Wie stark er dies tut, hängt von den konkreten Umständen ab. «Wenn es keine Risiken gibt und das Verhalten der Betroffenen professionell bleibt, dann sollten Massnahmen nicht nötig sein», sagt Rudolph.
Läuft aber nicht alles rund, kann es sinnvoll oder gar notwendig sein, die Aufgaben der beiden zu entflechten oder jemanden in eine andere Abteilung zu versetzen. Ebenso kann der Arbeitgeber punkto Verhalten am Arbeitsplatz Weisungen erlassen. «Auch wenn es bieder und kleinlich wirken mag – der Arbeitgeber kann verlangen, dass ein Paar während der Arbeitszeit einen rein kollegialen Umgang pflegt.»
Notwendige Weisungen sind laut Rudolph von den Angestellten zu befolgen, unabhängig davon, ob sie in einem Hierarchieverhältnis zueinander stehen oder nicht. Halten sich die Angestellten an die Regeln, sollten sie auch nichts zu befürchten haben – ein zulässiges Kündigungsmotiv ist eine Beziehung am Arbeitsplatz grundsätzlich nicht. «Das bloss theoretische Risiko, dass die Beziehungspartner ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzen oder dem Arbeitgeber in irgendeiner Weise Schaden zufügen könnten, reicht noch nicht, um eine Kündigung zu rechtfertigen.» Anders sei es dann, wenn Arbeitnehmer gegen die Weisungen verstossen.