«Die Entwicklung der Mieten kennt nur eine Richtung», sagt Michael Töngi, «nach oben». Und dies schon seit Jahren. Das belegten die Zahlen des Bundesamts für Statistik. «Im Durchschnitt bezahlen Mieterinnen und Mieter heute 360 Franken pro Monat zu viel», erklärt der Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz. Allein im Jahr 2023 hätten Vermieterinnen und Vermieter «über 10 Milliarden Franken für missbräuchlich hohe Mieten kassiert».
Und weil niemand nicht wohnen könne, belaste es die rund 60 Prozent Mieterinnen und Mieter der Bevölkerung jeden Monat schwer. Dass die Mieterschaft das trotzdem zahle, liege daran, dass an vielen Orten stets ein Nachfrageüberhang bestehe. Töngi nennt die Stadt Zürich mit 450'000 Einwohnerinnen und Einwohnern und 540'0000 Arbeitsplätzen.
Bei seinen Aussagen stützt sich der Nationalrat der Grünen aus Luzern auf Studien. Doch was heisst «zu viel kassiert»? Töngi verweist auf die Verfassung, das Gesetz und Gerichtsurteile: «Eigentlich ist die Kostenmiete schon jetzt im Gesetz verankert.» Der Mietzins muss sich an den effektiven Kosten der Wohnung orientieren, hinzu kommt lediglich eine angemessene Verzinsung des investierten Eigenkapitals. Vereinfacht gesagt: Es gilt die Kostenmiete mit einer gedeckelten Rendite.
Laut einem Urteil des Bundesgerichts von 2020 ist diese Bruttorendite auf 2 Prozent plus den Referenzzinssatz limitiert, derzeit sind das insgesamt 3,5 Prozent. Doch diese Bestimmung sei «ein reiner Papiertiger», sagt Töngi, «weil alle Mieterinnen und Mieter die Kostenmiete einzeln rechtlich durchsetzen müssen». Doch viele wagten sich nicht, ihr Recht einzufordern, «insbesondere, weil sie es sich mit ihrer Vermieterschaft nicht verderben wollen».
Das sei einer der wichtigsten Gründe, wieso Mieterinnen und Mieter heute mehr bezahlen, als sie von Gesetzes wegen müssten. Der andere sei eine Veränderung auf Seiten der Immobilienbesitzerinnen und -besitzer. «Der Anteil institutioneller Anleger hat sich im Mietmarkt seit dem Jahr 2000 von 30 Prozent auf 44 Prozent erhöht», sagt der Vizepräsident des Mieterverbands: «Heute sind Immobilien eine Renditeinvestition, früher waren es vielmehr sichere Anlagen von Familien und Einzelpersonen.» Der Druck, das Maximum aus einer Immobilie herauszuholen, sei gestiegen.
Diese Entwicklung sowie der Umstand, «dass die Mieterseite im Parlament stets in der Defensive ist», wie Töngi findet, zwinge den Mieterinnen- und Mieterverband dazu, eine Volksinitiative zu lancieren: die «Mietpreis-Initiative». Das Projekt, das schon lange vorbereitet wird, hat im November Aufwind erhalten. Damals hat das Volk zwei von den Hauseigentümern angestrebte Reformen abgelehnt, welche die Rechte der Mieterschaft eingeschränkt hätten.
Mit der Initiative will der Mieterinnen- und Mieterverband unter dem Slogan «Ja zum Schutz vor missbräuchlichen Mieten» zwei Bestimmungen neu in der Verfassung verankern. Erstens: «Ein Mietzins ist missbräuchlich, wenn er die tatsächlichen Kosten für die Miete zuzüglich einer angemessenen Rendite übersteigt oder wenn er auf einem übersetzten Kaufpreis beruht.» Und zweitens: «Die Mietzinse müssen automatisch und regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Eine Überprüfung findet auch auf Verlangen der Mieterschaft statt.»
Was die automatischen Mietzinskontrollen betrifft, bleibt die Initiative derweil vage. Braucht es dafür ein neue staatliche Stelle? Sollen die bestehenden Schlichtungsstellen diese Aufgabe übernehmen? Dazu findet sich weder im Initiativtext noch in den Unterlagen des Mieterverbands etwas Konkretes. «Wir wollen den Grundsatz in die Verfassung schreiben. Wie dieser in die Praxis umgesetzt wird, soll später das Parlament aushandeln.» Es gebe mehrere denkbare Modelle.
Am Freitag hat der Mieterverband die Initiative mit einer Aktion auf dem Bundesplatz lanciert. Am 3. Juni startet die Unterschriftensammlung.
Der Präsident des Hauseigentümerverbands, der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, hält nichts von den Forderungen der Mieterseite: «Wenn man keine Rendite mehr erzielen darf, gibt es keine Investitionen mehr. Und wenn es keine Investitionen mehr gibt, kann kein neuer Wohnraum geschaffen werden», sagt er auf Anfrage.
Viel wichtiger wären flexiblere Bauvorschriften und schlankere Bewilligungsverfahren: «Nur wenn mehr Wohnungen entstehen, kann der Druck auf die Mieten nachhaltig gesenkt werden.» Eine rein renditebasierte Kontrolle wäre in der Praxis auch kaum umsetzbar. Das würde eine «enorme Bürokratie» auslösen: «Jede Wohnung müsste regelmässig betreffend Zustand, Ausbaustandard und Kostenstruktur überprüft werden.»
Aus Sicht des Hauseigentümerpräsidenten löst die Initiative damit keine Probleme, sondern verschärfe sie vielmehr. Eine generelle Mietzinskontrolle würde «die bewährte Ordnung – wie die kostenlosen paritätischen Schlichtungsbehörden – durch eine absurde Kontrollmaschinerie ersetzen». Es drohten «Planwirtschaft, weniger Wohlstand, höhere Steuern – und kein Quadratmeter mehr Wohnraum». (bzbasel.ch)
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