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Rendite-Deckel: Neue Initiative für Kostenmiete und Mietzinskontrolle

Will die Kostenmiete nun auf Verfassungsebene durchsetzen: Michael Töngi spricht am Freitag bei der Lancierung der Mietpreis-Initiative auf dem Bundesplatz. (Bern, 16. Mai 2025)
Will die Kostenmiete nun auf Verfassungsebene durchsetzen: Michael Töngi spricht am Freitag bei der Lancierung der Mietpreis-Initiative auf dem Bundesplatz. (Bern, 16. Mai 2025)bild: Anthony Anex / KEYSTONE

Rendite-Deckel: Initiative will Kostenmiete durchsetzen und Mietzinskontrolle einführen

Überrissene Mietzinse sind laut Gesetz untersagt. Und doch sind sie weit verbreitet. Das will der Mieterinnen- und Mieterverband mit einer Initiative ändern. Der Hauseigentümerverband auf der andern Seite warnt mit drastischen Worten vor den Folgen des Volksbegehrens.
16.05.2025, 21:2816.05.2025, 21:28
Stefan Bühler / ch media
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«Die Entwicklung der Mieten kennt nur eine Richtung», sagt Michael Töngi, «nach oben». Und dies schon seit Jahren. Das belegten die Zahlen des Bundesamts für Statistik. «Im Durchschnitt bezahlen Mieterinnen und Mieter heute 360 Franken pro Monat zu viel», erklärt der Vizepräsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz. Allein im Jahr 2023 hätten Vermieterinnen und Vermieter «über 10 Milliarden Franken für missbräuchlich hohe Mieten kassiert».

Und weil niemand nicht wohnen könne, belaste es die rund 60 Prozent Mieterinnen und Mieter der Bevölkerung jeden Monat schwer. Dass die Mieterschaft das trotzdem zahle, liege daran, dass an vielen Orten stets ein Nachfrageüberhang bestehe. Töngi nennt die Stadt Zürich mit 450'000 Einwohnerinnen und Einwohnern und 540'0000 Arbeitsplätzen.

Bei seinen Aussagen stützt sich der Nationalrat der Grünen aus Luzern auf Studien. Doch was heisst «zu viel kassiert»? Töngi verweist auf die Verfassung, das Gesetz und Gerichtsurteile: «Eigentlich ist die Kostenmiete schon jetzt im Gesetz verankert.» Der Mietzins muss sich an den effektiven Kosten der Wohnung orientieren, hinzu kommt lediglich eine angemessene Verzinsung des investierten Eigenkapitals. Vereinfacht gesagt: Es gilt die Kostenmiete mit einer gedeckelten Rendite.

Laut einem Urteil des Bundesgerichts von 2020 ist diese Bruttorendite auf 2 Prozent plus den Referenzzinssatz limitiert, derzeit sind das insgesamt 3,5 Prozent. Doch diese Bestimmung sei «ein reiner Papiertiger», sagt Töngi, «weil alle Mieterinnen und Mieter die Kostenmiete einzeln rechtlich durchsetzen müssen». Doch viele wagten sich nicht, ihr Recht einzufordern, «insbesondere, weil sie es sich mit ihrer Vermieterschaft nicht verderben wollen».

Das sei einer der wichtigsten Gründe, wieso Mieterinnen und Mieter heute mehr bezahlen, als sie von Gesetzes wegen müssten. Der andere sei eine Veränderung auf Seiten der Immobilienbesitzerinnen und -besitzer. «Der Anteil institutioneller Anleger hat sich im Mietmarkt seit dem Jahr 2000 von 30 Prozent auf 44 Prozent erhöht», sagt der Vizepräsident des Mieterverbands: «Heute sind Immobilien eine Renditeinvestition, früher waren es vielmehr sichere Anlagen von Familien und Einzelpersonen.» Der Druck, das Maximum aus einer Immobilie herauszuholen, sei gestiegen.

Doch wer macht die Mietzinskontrolle?

Diese Entwicklung sowie der Umstand, «dass die Mieterseite im Parlament stets in der Defensive ist», wie Töngi findet, zwinge den Mieterinnen- und Mieterverband dazu, eine Volksinitiative zu lancieren: die «Mietpreis-Initiative». Das Projekt, das schon lange vorbereitet wird, hat im November Aufwind erhalten. Damals hat das Volk zwei von den Hauseigentümern angestrebte Reformen abgelehnt, welche die Rechte der Mieterschaft eingeschränkt hätten.

Mit der Initiative will der Mieterinnen- und Mieterverband unter dem Slogan «Ja zum Schutz vor missbräuchlichen Mieten» zwei Bestimmungen neu in der Verfassung verankern. Erstens: «Ein Mietzins ist missbräuchlich, wenn er die tatsächlichen Kosten für die Miete zuzüglich einer angemessenen Rendite übersteigt oder wenn er auf einem übersetzten Kaufpreis beruht.» Und zweitens: «Die Mietzinse müssen automatisch und regelmässig überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Eine Überprüfung findet auch auf Verlangen der Mieterschaft statt.»

Was die automatischen Mietzinskontrollen betrifft, bleibt die Initiative derweil vage. Braucht es dafür ein neue staatliche Stelle? Sollen die bestehenden Schlichtungsstellen diese Aufgabe übernehmen? Dazu findet sich weder im Initiativtext noch in den Unterlagen des Mieterverbands etwas Konkretes. «Wir wollen den Grundsatz in die Verfassung schreiben. Wie dieser in die Praxis umgesetzt wird, soll später das Parlament aushandeln.» Es gebe mehrere denkbare Modelle.

Am Freitag hat der Mieterverband die Initiative mit einer Aktion auf dem Bundesplatz lanciert. Am 3. Juni startet die Unterschriftensammlung.

Hauseigentümerverband warnt vor «Planwirtschaft»

Der Präsident des Hauseigentümerverbands, der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz, hält nichts von den Forderungen der Mieterseite: «Wenn man keine Rendite mehr erzielen darf, gibt es keine Investitionen mehr. Und wenn es keine Investitionen mehr gibt, kann kein neuer Wohnraum geschaffen werden», sagt er auf Anfrage.

Gregor Rutz, SVP-ZH, spricht waehrend der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 12. Dezember 2024 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Gregor Rutz, Nationalrat der SVP (ZH).Bild: keystone

Viel wichtiger wären flexiblere Bauvorschriften und schlankere Bewilligungsverfahren: «Nur wenn mehr Wohnungen entstehen, kann der Druck auf die Mieten nachhaltig gesenkt werden.» Eine rein renditebasierte Kontrolle wäre in der Praxis auch kaum umsetzbar. Das würde eine «enorme Bürokratie» auslösen: «Jede Wohnung müsste regelmässig betreffend Zustand, Ausbaustandard und Kostenstruktur überprüft werden.»

Aus Sicht des Hauseigentümerpräsidenten löst die Initiative damit keine Probleme, sondern verschärfe sie vielmehr. Eine generelle Mietzinskontrolle würde «die bewährte Ordnung – wie die kostenlosen paritätischen Schlichtungsbehörden – durch eine absurde Kontrollmaschinerie ersetzen». Es drohten «Planwirtschaft, weniger Wohlstand, höhere Steuern – und kein Quadratmeter mehr Wohnraum». (bzbasel.ch)

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banda69
16.05.2025 21:38registriert Januar 2020
Der Hauseigentümerverband aka SVP aka selbst ernannter "Partei des Volchs" ist also für überrissene Mietpreise...

Ja, einmal mehr handelt die SVP gegen die Interessen des gemeinen Volkes. Oder besser gefragt: Was tut die SVP eigentlich für ihr ach so geliebtes Volk? Und ja. Verlogener als die SVP gehts nimmer.
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timob
16.05.2025 22:01registriert Januar 2014
Herr Rutz setzt «eine angemessene Rendite» mit «keine Rendite» gleich. Das sagt doch schon alles.
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Linus Luchs
16.05.2025 22:01registriert Juli 2014
Immobilienbesitzer bereichern sich auf Kosten der Mieter*innen, die aufs Wohnen ja nicht verzichten können. Es ist höchste Zeit, dass diesem Missbrauch, der eigentlich bereits von unserer Verfassung untersagt wird, endlich der Riegel geschoben wird. 10 Milliarden zu viel in einem Jahr, das muss man auf sich wirken lassen. Ich hoffe, der Hauseigentümerverband unter SVP-Führung kann jammern und warnen, wie er will, die Schweizer Mieter*innen nehmen mit dieser Initiative ihre Chance wahr und beenden die Abzockerei.
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