«Wir sind sehr darauf bedacht, vornehmlich europäische Lieferanten zu nutzen.» Mit derart ermutigenden Statements von «führenden Persönlichkeiten der Branche» war der frühere Meyer-Burger-Chef Gunter Erfurt vor zwei Jahren noch von seiner grossen Promotionstour durch Deutschland und Europa heimgekehrt.
Die Reisen des Managers waren der «Zukunft der Energiewende made in Europe» und somit auch der Zukunft von Meyer Burger gewidmet. Doch die Welt von Gunter Erfurt lebt nur noch in alten Youtube-Videos. Tatsächlich geht sie gerade unter. Ende Mai hat Meyer Burger für ihre beiden deutschen Produktionswerke in Thalheim (Solarzellen) und Hohenstein-Ernstthal (Maschinen für die Solarzellenproduktion) Insolvenz beantragt. Die Chancen, dass es für die 620 betroffenen Mitarbeitenden weitergehen kann, sind minimal.
Am Tag zuvor hat Meyer Burger auch die Produktion von Solarmodulen im amerikanischen Goodyear im Bundesstaat Arizona gestoppt und allen 282 Beschäftigten gekündigt. Die USA waren der letzte Markt, auf dem das Schweizer Unternehmen seine technologisch führenden Tafeln zur solaren Energiegewinnung noch verkaufen konnte.
Aber nach einem Geschäftsjahr, in dem einem Umsatz von knapp 70 Millionen Franken ein Geldabfluss von 210 Millionen Franken gegenüberstand, fehlten die Mittel, die US-Fabrik fertig zu bauen und das integrierte Produktionssystem am Laufen zu halten.
Bei der hoch verschuldeten Meyer Burger regieren seit Herbst 2024 nicht mehr die Aktionäre, sondern die Gläubiger. Diese scheinen die Hoffnung aufgegeben zu haben, dass die Firma die Forderungen aus eigener Kraft noch zurückzahlen kann. Nach einer letzten Überbrückungsfinanzierung im Dezember und mehrmaligen Stundungen der Zinszahlungen ist das Ende des Unternehmens nah.
Der Niedergang hinterlässt viele Verlierer. In den rund 25 Jahren, seit sich Meyer Burger auf das Solarabenteuer eingelassen hat, dürften die Investoren rund zwei Milliarden Franken verloren haben. Das ist viel Geld, das anderswo vielleicht mehr Nutzen hätte stiften können.
Aber vor allem ist die Geschichte von Meyer Burger eine herbe Niederlage für die europäische Politik. Seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine gibt es nicht nur in Deutschland den Konsens, dass in strategischen Sektoren wie der Energiewirtschaft extreme Abhängigkeiten von einzelnen Unternehmen oder Ländern zu vermeiden sind.
Dennoch ist Europa in der Solarenergie in eine maximale Abhängigkeit von China geraten. Rund 75 Prozent der weltweiten Solarmodulherstellung sind chinesisch. In Europa ist der Anteil noch deutlich höher. In China produzierte Solarmodule für ein Hausdach kommen in Europa etwa zur Hälfte der Herstellungskosten in den Grosshandel, sagt ein Branchenkenner.
Die Dumping-Strategie ist auch für Laien von blossem Auge zu erkennen, denn: auch eine Panele made in China ist 20 Kilo schwer, 1,7 Quadratmeter gross und muss erst noch eine weite Schiffsreise zurücklegen. Trotzdem kommt sie in Europa für nur etwa 40 Euro in den Grosshandel. Wie soll das gehen ohne immense Subventionen durch den Staat?
Die Situation ist grotesk: Der EU-Energieministerrat kennt das Problem schon lange und erörtert seit Jahren Lösungsideen. Vergeblich, wie er sich vor Jahresfrist von der im November zurückgetretenen EU-Energiekommissarin Kadri Simson erklären lassen musste: «Wir können offensichtlich nicht die Grenzen schliessen, weil wir Solarpanels brauchen.»
Ironischerweise kommen die superbilligen Preise der Solartafeln aus China bei den europäischen Endkonsumenten gar nicht an. Den grossen Reibach machen die Grosshändler, sprich die Installateure, denen das Ende von Meyer Burger wenigstens im Moment gar nicht ungelegen kommen dürfte. Europa liebt die Industriepolitik. Sie verschafft Politikern Gelegenheiten zu grosszügigen Gesten (auf Kosten und Risiko der Steuerzahlenden). Besser, aber weniger publikumswirksam, wäre eine griffige Umsetzung der wettbewerbsrechtlichen Möglichkeiten.
Der Aufpreis von 400.- (+33%) gegenüber China war zwar schon happig. Und dann gab es und gibt es weiterhin auch keine Subventionen für kleine Anlagen, wie es sie für Grossanlagen gibt.
Tja, wenigstens habe ich es versucht und trage keine Mitschuld an dieser Misere.
Wir schneiden uns hier ins eigene Fleisch, wenn uns nur Geiz und Geld geil macht. Das kommt auf die Dauer nicht gut und ist demnach auch nicht nachhaltig.