Man kann sich seinen ersten Arbeitstag bei einem neuen Arbeitgeber ruhiger vorstellen. Iqbal Khan, 43, der gefeierte Banker, der von der CS zur UBS wechselt, steht seit einer Woche in den Schlagzeilen. Beschattung durch furchteinflössende Gestalten, Verfolgungsjagd durch Zürich, Drohungen, Todesangst: Das waren Stichworte der Storys im In- und Ausland. «Man kann die Panik spüren», berichtete die Londoner «Financial Times» aus den Innereien der Credit Suisse, die Anfang kommender Woche bekanntgeben will, was die Untersuchung des Detektiv-Skandals ergeben hat.
Nun also bezieht der Mann, um den sich alles dreht, sein Büro am UBS-Sitz in Zürich. Er übernimmt dort am Dienstag, 1. Oktober, Co-Leiter der Sparte Global Wealth Management und Mitglied der Geschäftsleitung. Doch startet er dann wirklich, angesichts der Umstände? Das Finanzportal «Insideparadeplatz», das die Beschattungsaffäre vor einer Woche publik gemacht hat, titelt heute: «Kann Khan noch zur UBS?» Das Portal schreibt, der UBS sei der Wirbel um Khan unangenehm. Der neue Arbeitgeber distanziere sich gar – nicht von Khan als Person, aber vom Lärm um ihren von der Hauptkonkurrenz angeheuerten Topmann.
Das Portal bezieht sich auf Aussagen von UBS-Präsident Axel Weber. Er sagte auf Bloomberg-TV, die Khan-Affäre betreffe die UBS nicht. «Khan ist noch nicht bei uns», betonte Weber. Die UBS beobachte nur und kommentiere nicht. «Wir sind hier nicht Partei.» «Insideparadeplatz» deutet das als Distanzierung: «Weber hätte auch sagen könnten, dass Khan in seinen Augen ein Opfer sei und dieser sich nur gegen falsche Vorwürfe und inakzeptable Verfolgungsmethoden zur Wehr setzen würde.» Das tat Weber nicht.
Könnte es also sein, dass Khan am Dienstag nicht im UBS-Gebäude auftaucht? Nein!, sagt eine verlässliche Quelle am Freitagmorgen zu CH Media. «Iqbal Khan wird seinen Job wie geplant antreten. Er freut sich sehr darauf.» Wie aus UBS-Kreisen verlautet, rechnet man mit «logistischen Herausforderungen». Konkret: Angesichts des riesigen Medieninteresses werden wohl Fotografen und Paparazzi um den Paradeplatz schwirren und versuchen, Khan abzupassen. Gar von möglichen «tumultartigen Szenen» ist die Rede. Man werde aber «Wege finden», um Khan, der mittlerweile keinen Personenschutz mehr beansprucht, vom Trubel fernzuhalten und ihm diesbezüglich einen geordneten ersten Arbeitstag zu ermöglichen.
Praktisch gleichzeitig mit Khans Start bei der UBS könnte die Credit Suisse die Ergebnisse ihrer internen Untersuchung der Beschattungsaffäre vorlegen. Die CS hat die Wirtschaftskanzlei Homburger mit der Untersuchung beauftragt. Diese hat Erfahrung mit Bankenskandalen: Jüngst überprüfte sie im Auftrag von Raiffeisen die Vorgänge in der Affäre Pierin Vincenz. Die Ergebnisse werden in Massnahmen münden: Die Rolle von CS-Chef Tidjane Thiam steht im Zentrum. Wenn er aktiv in die peinliche Detektiv-Aktion involviert war, könnte das seinen Job bedrohen. Andernfalls, so vermuten Insider, wird die CS wohl ein Bauernopfer suchen und jemanden auf tieferer Stufe entlassen.
Nachdem die Lage in den vergangenen Tagen für Thiam zunehmend ungemütlich wurde, kann er nun einen Zwischenerfolg verbuchen. Der grösste Aktionär, Harris Associates, stellt sich öffentlich hinter Thiam als CEO. Der Amerikaner David Herro, Vize-Präsident von Harris Associates, sagte zu «The Market», das Management sei dafür verantwortlich, das Eigentum des Unternehmens sowie seine Kunden und alle anderen Stakeholder zu schützen. «Dazu gehört auch die Sicherstellung, dass Verträge von Mitarbeitenden eingehalten werden, die das Unternehmen verlassen», sagte der Aktionärsvertreter mit Bezug auf den abtrünnigen Banker Khan. «Die Massnahmen der CS-Geschäftsleitung, um das Unternehmen zu schützen, unterstützen wir deshalb voll und ganz.»