Am Dienstag kündigte das Basler Medtech-Unternehmen Straumann an, dass es den Grenzgängern den Lohn in Euro auszahlen und den Mitarbeitern in der Schweiz den Bonus kürzen möchte. Andere Firmen wollen den 13. Monatslohn abschaffen oder die Arbeitszeiten verlängern. Juristisch befinden sich die Firmen auf heiklem Terrain.
Rechtlich sind Eurolöhne in der Schweiz möglich. Das Gleiche gilt auch für eine Arbeitszeitverlängerung. Wie jede Vertragsänderung braucht es dafür das Einverständnis von beiden Parteien.
Geschieht dies einseitig, spricht man von einer Änderungskündigung. Der bisherige Vertrag wird gekündigt, der Arbeitgeber legt dem Mitarbeiter einen neuen Vertrag vor. «In diesem Fall müssen die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten werden», so Thomas Geiser, Professor für Arbeitsrecht an der Universität St.Gallen. Fallen viele Mitarbeiter unter die Massnahme, spricht man von einer Massen-Änderungskündigung.
Grenzgänger dürfen im Vergleich zu Mitarbeitern in der Schweiz nicht unterschiedlich behandelt werden, findet der Jurist Thomas Geiser: «Dies führt zu einer Verletzung des Freizügigkeitsabkommens mit der EU. Das hat ein Gericht im Kanton Baselland bereits 2011 entschieden.»
Auf diesen Standpunkt stellen sich auch die Gewerkschaften, die im Fall des Basler Zahnimplantateherstellers Straumann den sofortigen Rückzug des angekündigten Angebots an die Mitarbeiter im Ausland verlangen.
Für Geiser ist ein weiterer Punkt kritisch: «In den grenznahen Regionen kann man kaum von unterschiedlichen Lebenskosten ausgehen.» Eine Ungleichbehandlung nur aufgrund des Wohnorts eines Mitarbeiters mache schon aus diesem Grund keinen Sinn.
Unterstehen die Mitarbeiter einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV), kommen laut Geiser besondere Bestimmungen zum Tragen: «Der neue Lohn kann nur bis zur Höhe des vereinbarten Minimallohns gesenkt werden.» Ob eine Konsultation der Arbeitnehmervertreter nötig ist, sei von Fall zu Fall verschieden.
Die Firmen müssen sich bewusst sein, so Geiser weiter, dass im Bereich des Arbeitsrechts eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gilt. Die betroffenen Mitarbeiter können also noch Jahre nach der Änderung des Vertrags rechtlich gegen die Firma vorgehen. Etwa wenn sich herausstellt, dass formale Fehler vorhanden sind oder die Begründung für die Kündigung nicht stimmt.
Für den Arbeitsrechts-Spezialisten ist es auch aus einem anderen Grund riskant, wenn ein Unternehmen so rasch einschneidende Sparmassnahmen einleitet: Es sei noch gar nicht sicher, wie sich der Euro-Franken-Kurs entwickle. «Es ist aus meiner Sicht unsinnig, sich rechtlich derart hohe Probleme aufzuhalsen», betont Geiser. Im Fall einer börsenkotierten Firma wie Straumann stellen sich deshalb auch bilanztechnische Fragen: Für solche Rechtsfälle müssten Rückstellungen gebildet werden.
Die Einführung von Kurzarbeit soll vorübergehende Beschäftigungseinbrüche ausgleichen und die Arbeitsplätze erhalten. Das Prinzip: Die Arbeitgeber sparen Kosten und behalten die kurzfristige Verfügbarkeit über die Arbeitskräfte.
Grundsätzlich gehören Devisen-Schwankungen zum normalen Betriebsrisiko, denn sie treten immer wieder auf und können jeden Betrieb treffen. Deshalb brauchte es eine Sonderbewilligung von Bundesrat Johann Schneider-Ammann für die neue Kurzarbeit-Regelung. Die Anspruchsdauer beträgt zwölf Monate. Eine Verlängerung, wie sie die Landesregierung im Jahr 2011 beschlossen hatte, ist vorerst nicht vorgesehen. Bleibt der Franken allerdings dauerhaft stark, ist Kurzarbeit das falsche Mittel.