John Rockefeller war einst nicht nur der reichste Mann der Welt. Er ist auch der Begründer einer Weltanschauung, die besagt: Wer reich ist, sollte auch reichlich spenden. Seinen zweiten Lebensabschnitt – und den nach eigenen Worten viel härteren – verbrachte er deshalb vorwiegend damit, wie er seinen Reichtum sinnvoll für die Allgemeinheit einsetzen könne. Rockefeller gründete unter anderem die Chicago University und vor allem die heute noch bedeutende Rockefeller Foundation.
Rockefellers Beispiel machte Schule. In den USA gibt es zahllose Stiftungen, die von Superreichen gegründet wurden. Bill Gates und Warren Buffett sind aktuell die bekanntesten Namen, aber auch die geschiedene Frau von Jeff Bezos und die Witwe von Steve Jobs gehören dazu.
Nicht immer sind diese Stiftungen reine Philanthropie. Oft handelt es sich auch schlicht um Steuerhinterziehung. So erklärt David Callahan, der Gründer der Website Inside Philanthropy gegenüber der «New York Times»: «Selbst diejenigen, die ein Spende-Versprechen abgegeben haben, spenden oft gar nicht so viel und werden jedes Jahr reicher.»
Im Fall von Patagonia trifft dies definitiv nicht zu. Yvon Chouinard, der 83-jährige Gründer der legendären Outdoor-Bekleidungs-Firma, hat soeben sein Unternehmen an eine wohltätige Stiftung vermacht – und zwar vollumfänglich. Konkret wird eine Stiftung, der Patagonia Purpose Trust, zwei Prozent des Aktienkapitals, aber sämtliche Stimmrechte erhalten. Die restlichen Aktien werden einer Organisation namens Holdfast Collective überwiesen. Diese NGO wird darüber entscheiden, wie die rund 100 Millionen Dollar, welche Patagonia durchschnittlich pro Jahr erwirtschaftet, verwendet werden.
Sorgfältig wurde auch darauf geachtet, dass die Steuern regulär entrichtet wurden. Die Familie hat 17,5 Millionen Dollar dem Fiskus überwiesen.
Die beiden Kinder von Chouinard, Fletcher und Claire, gehen leer aus. Sie werden jedoch weiterhin für das Unternehmen tätig sein. Das ist durchaus in deren Sinn. «Es ist ihnen sehr wichtig, dass sie nicht als finanziell Begünstigte dastehen», erklärt dazu Ryan Gellert, der CEO von Patagonia, gegenüber der «New York Times». «Ich weiss, es mag ein bisschen nonchalant tönen, aber sie verkörpern die Vorstellung, wonach jeder Milliardär ein Versagen der Politik darstellt.»
Es handelt sich hier offensichtlich um einen klassischen Fall von zwei Äpfeln, die nicht weit vom Stamm gefallen sind. In seiner Jugend lebte Vater Chouinard mehr als bescheiden. Der fanatische Kletterer hielt sich am liebsten im Yosemite Valley in Kalifornien auf. Dabei hauste er in seinem Auto und ernährte sich von Katzenfutter. Heute wohnt er in zwei bescheidenen Häusern im Bundesstaat Wyoming, trägt meist zerschlissene Kleider und fährt einen verbeulten Subaru.
Zum Unternehmer wurde Chouinard wider Willen. «Ich wollte nie ins Business eintreten», hat er vor Jahren dem «Wall Street Journal» verraten. «Ich habe an Patagonia festgehalten, weil ich das Gefühl habe, damit etwas Gutes tun zu können. Ich will damit zeigen, dass auch Unternehmen ein sinnvolles Leben führen können.»
Wider Willen wurde Chouinard auch zum Milliardär. «Als ich zum ersten Mal in der Forbes-Liste der Milliardäre erschien, hat mich das stinksauer gemacht», sagt er. Mit seinem Unternehmen an die Börse zu gehen, war daher nie eine Option. «Wer an der Börse kotiert ist, muss sich einzig um den Profit kümmern und verliert die Kontrolle über sein Unternehmen», sagt er und betont, dass nun «die Erde sein Aktionär» geworden sei.
Chouinard kümmert sich nicht nur um die Umwelt, er mischt sich auch in die Politik ein. Als ein bekannter Skiort in Wyoming einen Anlass mit der Trump-Verehrerin Marjorie Taylor Green durchführte, untersagte er die Lieferung von Patagonia-Artikel an die örtlichen Kleidergeschäfte.
Patagonia wird ein kapitalistisches Unternehmen bleiben, aber eines der besonderen Art. «Ich hoffe, dass ich eine neue Art des Kapitalismus angestossen habe», erklärt Chouinard gegenüber der «New York Times». «Ein Kapitalismus, der nicht dazu führt, dass ein paar wenige sehr reich und andere sehr arm werden. Deshalb werden wir so viel Geld wie möglich an Menschen verteilen, die sich aktiv darum kümmern, diesen Planeten zu retten.»
Dem stimme ich 100%ig zu.
Der einfache Bürger kann auch nicht entscheiden, wie sein Geld eingesetzt werden soll. Also sollten sich Milliardäre zuerst dafür einsetzen, Steuerschlupflöcher zu stopfen und ihren Steueranteil zu erhöhen.