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Paul Krugman ist beides: Ein erklärter Linksliberaler und der wohl einflussreichste Wirtschaftskommentator der Welt. In seiner Kolumne in der «New York Times» zum zweiten Duell der republikanischen Präsidentschaftsanwärter war kürzlich der folgende überraschende Satz zu lesen:
Donald Trump, die «Stimme der ökonomischen Vernunft»?
Ja, richtig gelesen! Und Krugman hat auch nichts Falsches geraucht. Denn Trump hat nebst völlig durchgeknallten Vorstellungen – beispielsweise der Plan, elf Millionen illegal eingereiste Mexikaner sofort auszuschaffen – auch eine sehr vernünftige Idee: Endlich ein skandalöses Steuerschlupfloch für die Superreichen zu schliessen.
Worum geht es? Auch in den USA wird zwischen Einkommens- und Kapitalsteuer unterschieden. Dabei sind die Sätze für die Einkommenssteuer deutlich höher, durchschnittlich liegen sie bei 35 Prozent.
Bei der Kapitalsteuer muss man hingegen bloss rund 15 Prozent dem Staat abliefern. Der tiefere Steuersatz wird mit dem Risiko begründet, das mit dem Investieren von Kapital verbunden sei.
Der klassische Mittelständler kann von diesem Steuerunterschied kaum profitieren. Lehrer, Ärzte und Feuerwehrmänner beziehen wie in der Schweiz einen Lohn, der als Einkommen versteuert wird.
Ganz anders sieht es beispielsweise bei einem Hedge-Fund-Manager aus. Er bekommt für seine Dienste eine Provision von zwei Prozent und ist mit 20 Prozent am Gewinn beteiligt, den seine Anlagen erzielen. Steuertechnisch gilt das Einkommen eines Hedge-Fund-Managers deshalb als Kapitaleinkommen und wird mit den viel tieferen Sätzen belastet.
Was dies in der Praxis bedeutet, kann man in der «New York Times» nachlesen: Obwohl 2014 kein gutes Jahr für die Hedge Funds war, haben die 25 grössten unter ihnen insgesamt einen Profit von 11,62 Milliarden Dollar erzielt, im Durchschnitt jeder 467 Millionen Dollar. Gemäss Angaben der US-Steuerbehörde wurden diese Gewinne lediglich zu 16,7 Prozent versteuert – eigentlich ein schlechter Witz.
Das hat auch Donald Trump erkannt. Er will dieses Steuerschlupfloch abschaffen. «Diese Typen haben das Land nicht gross gemacht», lästerte er in einem TV-Interview. «Sie schieben den ganzen Tag bloss Papier herum und haben manchmal Glück.»
«Die Hedge-Fund-Typen könnten sogar ohne Strafe morden», fügte er in einen anderen Interview hinzu. «Sie mögen mich nicht mehr – aber ich kenne sie. Ich werde sie zur Kasse bitten.»
Mit solchen Sprüchen liegt Trump voll bei seinen Fans, den frustrierten, weissen, männlichen Wutbürgern – aber auch total neben dem zentralen Dogma seiner Partei. Für die Republikaner ist nichts heiliger als Steuern, und wer Steuerprivilegien abschaffen will, der wird auf der Stelle zur ewigen Verdammnis verurteilt. Logisch also, dass das erzkonservative «Wall Street Journal» inzwischen im Tagesrhythmus gegen Trump schiesst.
Den Immobilien-Tycoon lässt dies kalt. Als Milliardär ist er nicht auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Gerade in Steuerfragen verletzt er regelmässig und genussvoll die Parteidoktrin. So hat er seinen Mitbewerber Scott Walker, Gouverneur aus Wisconsin, auch schon mal wegen der vielen Schlaglöcher in diesem Bundestaat angepflaumt und ihn aufgefordert, endlich die Steuern zu erhöhen und mit diesem Geld die Strassen zu flicken.
Mit dem Vorstoss gegen die Kapitalsteuer trifft Trump die Republikaner dort, wo es weh tut. Nicht nur Hedge Fund-Manager profitieren vom Steuerprivileg. Jeder halbwegs begabte Steueranwalt kann problemlos Einkommens- in Kapitalsteuern verwandeln.
Das oberste Prozent, die Elite der Superreichen, bezahlen daher viel zu wenig Steuern. Deshalb wollen auch der Präsident und die Demokraten dieses Steuerschlupfloch längst schliessen. Bisher sind sie jedoch gegen eine republikanische Wand gerannt.
Das könnte sich nun ändern. In Meinungsumfragen liegt Trump bei den republikanischen Präsidentschaftsanwärtern nach wie vor in Führung. Sein Vorstoss ist bei den Wählern beliebt, seine Mitbewerber müssen zähneknirschend nachziehen.
Bereits hat Jeb Bush eine Steuerreform angekündigt, in der dieser Missstand behoben werden soll; und das, obwohl die Wall Street zu seinen wichtigsten Geldgebern gehört. Sehr zur Freude der demokratischen Konkurrenz.
So jubelte Charles Schumer, demokratischer Senator aus New York, schadenfreudig: «Wenn es für Donald Trump und Jeb Bush okay ist, die Steuerschlupflöcher zu schliessen und Subventionen für Öl und Gas abzustellen, dann müsste das eigentlich auch für die anderen Republikaner im Kongress in Ordnung sein.»