Nein. Ein Superspreader trägt Coronaviren auf sich und zeigt kaum oder keine Symptome, ist also nicht krank. Er ist fit, mobil und aktiv in einer Gruppe und kann damit über das normale Verhältnis hinaus viele Leute anstecken. Solche Superverbreiter sind selten, aber sie können natürlich überall in Erscheinung treten. Von Auge erkennt man den Superspreader nicht, gerade auch weil er keine Symptome zeigt. Angenommen wird, dass er grössere Virusmengen absondert als andere, weil er mehr Rezeptoren für das Virus hat oder eine andere Immunantwort auf das Virus gibt. Sars-CoV-2 verbreitet sich also nicht gleichmässig.
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Nein, im Alltag stecken die meisten Infizierten keine weiteren Menschen an. Dafür verursachen einige wenige, also diese Superverbreiter, einen Grossteil der Infektionen. Deshalb verbreitet sich das Coronavirus wahrscheinlich sprunghaft an Superspreader-Events. Also an einem Ort, wo das Virus von einem oder wenigen Infizierten auf viele Menschen übertragen wird. Wie häufig Superspreader sind, weiss die Wissenschaft nicht. Ein Forscher aus Hongkong hat berechnet, dass nur 20 Prozent der Infizierten für 80 Prozent der Ansteckungen verantwortlich sind. Andere Wissenschafter gehen allerdings sogar nur von einem bis zehn Prozent der Infizierten aus, welche besonders ansteckend sind. Nach Berechnungen des Mathematikers Adam Kucharski von der London School auf Hygiene & Tropical Medicine infizieren 75 Prozent der Infizierten gar keine weiteren Personen, etwa sieben Prozent stecken nur einen weiteren Menschen an. Richtige Superspreader sind drei Prozent der Virusträger, die den Erreger an 20 oder mehr Menschen weitergeben.
So wie das jeder Infizierte tun kann über Tröpfchen, die er ausscheidet beim Sprechen, Singen oder Husten. Die Viren sind in diesen Tröpfchen, welche dank der Schwerkraft meistens innerhalb von 1.5 Metern zu Boden fallen. Weniger wahrscheinlich ist, dass die Viren über kleine Partikel in der Luft, Aerosole, übertragen werden. Diese Aerosole sind kleiner als fünf Mikrometer und könnten weiter fliegen als die Tröpfchen. Eine Ansteckung über Aerosole ist zwar theoretisch möglich, doch sie sind nicht der übliche Übertragungsweg. Sonst hätten die Hygiene- und Distanzmassnahmen nicht die grosse Wirkung gezeigt, wie man sie in den letzten Monaten beobachtet hat.
Gut. Denn so lässt sich nach einem von einem Infizierten verursachten Superspreader-Event schneller ausfindig machen, wer angesteckt worden ist und woher das Virus kommt. Das ist die Arbeit der kantonalen Contact-Tracer, welche den Superspreadern und ihren Kontakten nachgehen. Diese sind aber auf die Ehrlichkeit der Infizierten und deren Kontaktpersonen angewiesen. Das klappt nach Angaben der Contact Tracer in der Regel sehr gut. In den Zürcher Klubs waren in den vergangenen Tagen anscheinend nicht alle ehrlich und beschimpften die Contact-Tracer auch. An heikleren Orten wie zum Beispiel einem Bordell kann das mit der Ehrlichkeit schwieriger werden.
Als einer der ersten Superspreader-Hotspots wurde der Tiroler Skiort Ischgl bekannt. Aus den dortigen Skihütten wurde das Coronavirus im Februar in ganz Europa verteilt. Als erste bemerkte Island die Coronafälle und startete sofort mit Isolation und Quarantäne. Island bekam das Virus gut in den Griff, die Warnungen von der einsamen Insel nach Österreich wurden zuerst aber nicht ernst genug genommen. Weltweit Schlagzeilen machte dann ein Superspreader-Event in Südkorea Anfang Mai in einem Clublokal. Dort steckte ein einziger Super-Verbreiter mindestens 170 Menschen an. Tausende mögliche Kontaktpersonen wurden von den südkoreanischen Gesundheitsbehörden kontaktiert. Nun gibt es auch in der Schweiz erste bekannte Superspreader-Events. Mehr dazu erfährst du in folgendem Artikel:
Bekannt wurden vor allem Nachtklubs und Kirchen. In einem Club sind die Massnahmen am Schwierigsten einzuhalten, weil sich die Gäste dort bewegen, aktiv sind und das in meistens nicht sehr gut belüfteten Räumen. In einer Baptisten-Gemeinde in Frankfurt steckten sich bei einem Gottesdienst mehr als 130 Menschen an. Draussen an der frischen Luft ist die Ansteckungsgefahr kleiner, auch durch Superspreader. Ist ein solcher in einer Kirche oder einem Club, steigt die Ansteckungsgefahr. Das hat sich in den vergangenen Wochen nicht nur in Clubs, sondern auch Altersheimen, Logistikzentren und wohl auch in der Fleischerei Tönnies in Deutschland gezeigt.
Genau deshalb sollte es im ÖV, öffentlichen Räumen etc. eine Maskenpflicht geben. Man weiss selber nicht ob man es hat und die anderen sehen es einem auch nicht an.