Omikron schreibt die Spielregeln der Pandemie neu. Die Infektionszahlen sind höher denn je, das Virus erwischt auch viele Genesene und Geimpfte. Damit rückt eine andere Frage in den Fokus: Mit welchen Medikamente können Erkrankte behandelt und schwere Verläufe vermieden werden? Und welche funktionieren auch bei Omikron?
Die schlechte Nachricht: Ronapreve, das vor Weihnachten von Swissmedic zugelassen wurde, bringt wenig gegen Omikron. Die gute: Paxlovid, das neue Medikament von Pfizer, scheint echt gut zu wirken.
Oriol Manuel, Professor für Infektiologie am Waadtländer Unversitätsspital und Mitglied der wissenschaftlichen Taskforce, sagt:
Dieses antivirale Medikament ist in der Schweiz noch nicht zugelassen. Doch das Bundesamt für Gesundheit steht bereits in Verhandlungen mit Pfizer, wie «20 Minuten» in der Altjahreswoche berichtete. Das zeigt, wie gross die Hoffnungen sind, die darin gesetzt werden. Dank dieser Pille müssen gemäss Herstellerangaben Ungeimpfte mit erhöhtem Risiko zu 89 Prozent seltener im Spital behandelt werden. Ein sensationeller Wert.
Auch Alexandra Calmy, Professorin für Infektiologie an den Universitätsspitälern Genf und Co-Leiterin der Gruppe Klinische Behandlungen in der nationalen Taskforce, setzt grosse Hoffnungen in das Medikament. «Angesichts des Wirkmechanismus können wir annehmen, dass es auch gegen die Omikron-Variante wirkt», sagt sie. Zudem reduziert es vermutlich die Virenlast, sorgt also dafür, dass Infizierte weniger ansteckend sind. Es könnte auf diese Weise also nicht nur direkt Leben retten, sondern auch noch dazu beitragen, die Ausbreitung der Pandemie zu bremsen. Falls sich dies bestätigt, würde dies den Druck in Richtung Impfpflicht abschwächen.
Paxlovid muss aber (wie die monoklonalen Antikörper) frühzeitig eingesetzt werden, in den ersten fünf Tagen nach Symptombeginn. Das lohnt sich bei Menschen, bei denen ein schwerer Verlauf wahrscheinlich ist. Und einen ernsthaften Nachteil hat diese Pille: Sie enthält einen zweiten Wirkstoff, bekannt aus der HIV-Therapie, der sich auf diverse andere Medikamente auswirkt. Beispielsweise sollte sie nicht mit gewissen Blutdrucksenkern kombiniert werden. Gerade bei Menschen mit Vorerkrankungen, die auf andere Medikamente angewiesen, ist deshalb eine sorgfältige Betrachtung durch eine Ärztin oder einen Arzt nötig. «Oft können die Medikamente entsprechend angepasst werden», sagt Oriol Manuel. «Es gibt aber auch Fälle, wo es schwierig ist, beispielsweise bei Menschen mit Transplantationen.»
Wo Paxlovid nicht verabreicht werden darf, könnte Molnupiravir die Alternative sein. Dieses Medikament wurde ursprünglich gegen Grippe entwickelt. In Grossbritannien wurde es im November gegen Covid-19 zugelassen, vor Weihnachten erhielt es zudem in den USA eine Notfallzulassung. Wie Paxlovid handelt es sich um eine Pille zum Schlucken.
In der ersten Phase einer Studie konnten damit die Spitaleinweisungen um die Hälfte reduziert werden. In einer zweiten Phase war die Wirksamkeit aber viel tiefer. Dieser Unterschied wirft Fragen bezüglich der Studie auf, die noch nicht geklärt sind. Inzwischen hat im Vereinigten Königreich eine weitere Studie begonnen, die Klarheit schaffen könnte. In der Schweiz ist ein Gesuch um Zulassung des Medikaments hängig, es ist seit August bei Swissmedic in Begutachtung.
Dieser antivirale Wirkstoff war eigentlich ein Fehlschlag: Er sollte gegen Ebola helfen, bewährte sich dabei aber nicht. Der Vorteil der Vorgeschichte ist, dass nun Erfahrungen zur längerfristigen Behandlung vorliegen. Remdesivir wurde denn auch bereits im Juni 2020 befristete zugelassen durch die Heilmittelbehörde Swissmedic. Im Herbst 2020 gehörte es zum Medikamentencocktail, mit dem Donald Trump behandelt wurde.
Doch erfüllt Remdesivir die Hoffnungen im Kampf gegen Covid-19? Höchstens teilweise. In Studien zeigte sich, dass sich der Aufenthalt im Spital verkürzt, was angesichts der überlasteten Kliniken erfreulich ist, aber die Sterblichkeit schien nicht zu sinken. Doch vor wenigen Tagen erschien nun eine Studie, die bei Ungeimpften mit erhöhtem Risiko eine bessere Wirkung fand, wie Alexandra Calmy sagt. Das neue Studienresultat basiert allerdings auf einer sehr kleinen Zahl von Studienteilnehmenden. Zudem ist Remdesivir aufwendig zu verabreichen, es braucht an drei Tagen in Folge Infusionen im Spital.
Als effektiv im Kampf gegen Covid-19 haben sich die sogenannten monoklonalen Antikörper erwiesen. Dabei handelt es sich um Antikörper, die nicht vom körpereigenen Immunsystem, sondern im Labor hergestellt wurden. In die Schlagzeilen kamen sie, als Donald Trump im Herbst 2020 ein experimentelles Präparat erhielt.
Inzwischen liegen mehr Erfahrungen vor. Gemäss der wissenschaftlichen Taskforce der Schweiz bewähren sich die monoklonalen Antikörper, wenn sie frühzeitig Personen verabreicht werden, bei denen ein schwerer Krankheitsverlauf zu erwarten ist. Zur Verfügung stehen zwei Präparate. Ronapreve enthält zwei verschiedene Antikörper und wurde am 23. Dezember 2021 von Swissmedic zugelassen. Das andere, Sotrovimab, hat noch keine Zulassung, seine Anwendung ist aber unter bestimmten Kriterien ausnahmsweise gemäss Covid-Verordnung erlaubt. Allerdings zeigte sich in Laborversuchen, dass Sotrovimab vermutlich besser gegen Omikron wirkt als Ronapreve. Offiziell wird deshalb nun Sotrovimab empfohlen, ausser wenn eine bestätigte Infektion mit der Delta-Variante vorliegt.
Das menschliche Immunsystem weiss eigentlich, wie es Viren bekämpfen kann: mit Antikörpern. Wer eine Covid-19-Erkrankung durchgemacht hat, hat von diesen reichlich im Blut. Und kann einen Teil davon denjenigen spenden, deren Immunsystem weniger gut arbeitet. Die Antikörper befinden sich im Blutplasma, das beim Blutspenden abgezapft werden kann.
Um eine gute Wirkung zu erzielen, muss das gespendete Plasma mit den Antikörpern früh im Verlauf einer Covid-Infektion der Patientin oder dem Patienten verabreicht werden. Sinnvoll ist dies bei Menschen, deren Immunsystem stark unterdrückt ist, beispielsweise weil sie an Leukämie erkrankt sind. In der Praxis werden aber stattdessen meist monoklonale Antikörper eingesetzt, die ähnlich wirken.
Sowohl monoklonale Antikörper als auch antivirale Medikamente müssen sehr früh, in den ersten fünf Tagen nach Einsetzen der Symptome, verabreicht werden. Müssen Infizierte später im Spital behandelt werden, kommen andere Medikamente zum Einsatz. Dexamethason wird in der Schweiz standardmässig Patientinnen und Patienten verabreicht, die mit Sauerstoff versorgt werden müssen. «Zu diesem Zeitpunkt ist das Virus im Körper nicht mehr aktiv», erklärt Oriol Manuel. «Es ist die Entzündungsreaktion des Immunsystems, welche Probleme verursacht.»
Die Behandlung hat sich bewährt, die Sterblichkeit reduziert sich bei kritischen Fällen um ein Drittel. Der Nachteil: Wer mit Covid-19 auf der Intensivstation liegt, ist auch anfälliger auf andere Infektionen. Das Risiko steigt, wenn das Immunsystem unterdrückt wird, besonders wenn Dexamethason mit Tocilizumab (siehe nächster Abschnitt) kombiniert werden muss.
Auch dieses Medikament hemmt das Immunsystem. Es kommt standardmässig dann zum Einsatz, wenn eine Patientin oder ein Patient auf Dexamethason nicht genügend anspricht. Die Sterblichkeit verringert sich um geschätzte 15 Prozent.
Derzeit ist eine Studie mit mehr als 600 Spitälern in über 52 Ländern am Laufen, in welcher die Wirksamkeit anderer Medikamente, darunter ein weiteres Immunsuppressivum, untersucht wird. Finanziert wird die Studie von der Weltgesundheitsorganisation. Oriol Manuel koordiniert das Projekt in der Schweiz. Er rechnet in den kommenden Wochen mit Resultaten.
Im Spital sind dann die meistens keine "Impfgegener" mehr wenns um eine Intensivverlegung geht oder nicht. Tägliche Erfahrungen ..
Weil Game Changer ist wohl etwas übertrieben. Unter Bluthochdruck leiden vermutlich genau die Impfgegener so wie die sich aufregen. ;-)