Der Computer wird zum Menschenkenner – mit Hilfe von Facebook: Durch die Analyse der «Gefällt mir»-Angaben von Nutzern des sozialen Netzwerks konnte eine Spezialsoftware genauere Rückschlüsse auf deren Persönlichkeit ziehen als Freunde oder Verwandte. Dies zeigt eine am Montag veröffentlichte Studie der Universitäten Cambridge und Stanford.
Untersucht wurden die fünf Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Geselligkeit, Pflichtbewusstsein, Verträglichkeit und Impulsivität. Eine Vorliebe für den surrealistischen Maler Salvador Dalí oder die Meditation etwa deute darauf hin, dass ein Nutzer sehr offen sei, führen die Forscher in der Studie aus.
«Computer werden künftig in der Lage sein, unsere psychologischen Eigenschaften zu erkennen und entsprechend zu reagieren», sagte der Hauptautor der Studie. «Im Experiment prognostizierte der Algorithmus die Persönlichkeitsmerkmale der Versuchspersonen durchschnittlich besser als Arbeitskollegen, Freunde, Mitbewohner und teils sogar Familienmitglieder. Nur engste Vertraute wie Ehegatten übertrafen die Genauigkeit der Berechnungen des Computers», fasst das Onlineportal Netzpolitik die Ergebnisse zusammen.
Während der Computer die Facebook-Vorlieben analysierte, konnten die Versuchsteilnehmer zudem Freunde und Verwandte über eine spezielle App einladen, zehn Fragen zu ihrer Persönlichkeit zu beantworten. Insgesamt verglichen die Forscher die Angaben von Freunden und Verwandten von rund 32'000 Versuchsteilnehmern mit den Computeranalysen.
Schon aufgrund von zehn «Gefällt mir»-Angaben, so ein Ergebnis, konnte die Spezialsoftware präzisere Angaben zur Persönlichkeit der Probanden machen als deren Arbeitskollegen oder Verwandte.
70 «Gefällt mir»-Nennungen waren demnach ausreichend, damit die Software zu einer korrekteren Einschätzung kam als ein Freund oder Mitbewohner. Um Eltern oder Geschwister zu übertrumpfen, waren der Studie zufolge 150 solche Facebook-Angaben nötig, für Ehepartner mehr als 300. Der durchschnittliche Facebook-Nutzer hat 227 Webseiten mit «Gefällt mir» markiert.
Im Gegensatz zum Menschen ziehe der Computer grosse Datenmassen zu Rate, ohne sich von Einzelereignissen im Leben eines Menschen vom Wesentlichen ablenken zu lassen, sagte der Studien-Mitautor Michal Kosinski von der kalifornischen Stanford-Universität.
Grosse Datenmengen und lernfähige Computerprogramme böten so Möglichkeiten für eine Genauigkeit, die das menschliche Hirn nur mit grosser Anstrengung erzielen könne. «Menschen tendieren dazu, einem oder zwei Ereignissen zu viel Gewicht beizumessen und kommen so oft zu nicht rationalen Einschätzungen.»
Bereits im Frühling 2013 hatten Forscher gezeigt, dass durch mathematische Analysen der «Gefällt mir»-Angaben auf Webseiten oder in Diskussionsgruppen sehr genaue Rückschlüsse auf individuelle Eigenschaften der Nutzer möglich waren.
Für die Folgestudie wurden nun die Daten von mehr als 86'000 Versuchsteilnehmern ausgewertet. Diese füllten einen Fragebogen zu ihrer Persönlichkeit aus und gaben den Forschern Zugang zu ihren «Gefällt mir»-Angaben bei Facebook.
(sda/afp)