Das schlechte Gewissen sitzt uns im Gaumen. Wir wissen es: Zu viel Zucker ist ungesund, macht dick und schadet den Zähnen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt uns, maximal zehn Prozent des Energiebedarfs durch Zucker zu decken, besser wären fünf Prozent. Das entspricht bei Erwachsenen ungefähr 50 beziehungsweise 25 Gramm Zucker oder 12 beziehungsweise 6 Würfel.
Ein Guetzli zum Kafi, Dessert am Wochenende: Ist das wirklich so schlimm? Wir sind der Frage nachgegangen, wie böse Zucker tatsächlich ist.
Entgegen der weit verbreiteten Meinung löst Zuckerkonsum vermutlich nicht direkt Diabetes aus. Der Name dieser Krankheit ist nur insofern korrekt, als Menschen, die daran erkrankt sind, mit dem Konsum von Zucker besonders vorsichtig sein müssen.
Allerdings kann übermässiger Zuckerkonsum zu Übergewicht führen, und dies ist wiederum ein Risikofaktor für Diabetes Typ 2. Indirekt kann der Zucker also nicht nur Diabetes begünstigen, sondern auch alle anderen Krankheiten, die mit Übergewicht zusammenhängen.
Weisser Zucker ist raffiniert, also gewaschen und gereinigt von all jenen Inhaltsstoffen, welche das Weiss trüben. Während wir ansonsten sauber mit gesund assoziieren, ist es hier umgekehrt: Weil der raffinierte Zucker maschinell bearbeitet wurde und die Mineralstoffe fehlen, gilt er als weniger gesund. Korrekt ist, dass dunkler Zucker mehr Mineralstoffe enthält. Allerdings fallen so geringe Mengen gesundheitlich nicht ins Gewicht. Brauner Zucker (Rohzucker) ist also nicht gesünder als weisser.
Fruchtzucker (Fructose) wirkt sich weniger rasch auf den Blutzuckerspiegel aus als Kristallzucker (Saccharose) und Traubenzucker (Glucose). Deshalb wurde er lange Zeit Diabetikern empfohlen. Neuere Untersuchungen kommen aber zum Schluss, dass Fructose keine Vorteile für die Gesundheit hat. Diese Zuckerart bringt gar spezifische Gefahren mit sich; so kann sie zu Fettleber führen.
Kalorien enthalten aber alle Zuckerarten und auch Karies wird durch jede ausgelöst. Wer seiner Gesundheit etwas Gutes tun will, ersetzt also nicht den einen durch den anderen Zucker, sondern reduziert die gesamte Menge.
«Kein Zuckerzusatz», steht gross auf der Müeslipackung. Und im Kleingeschriebenen erfahren wir, dass auf hundert Gramm trotzdem acht Gramm Zucker enthalten sind. Er steckt in den Apfelstücken und Rosinen. Ja, sogar frische Äpfel enthalten Zucker - die Beschreibung «süsslich» auf der Verpackung der Gala-Äpfel ist korrekt. Es ist Fruchtzucker und Traubenzucker, der Apfel, Kirsche und Melone süss macht.
Doch stimmt es, dass das Verdauen des Apfels mehr Kalorien verbraucht, als darin Zucker enthalten ist? Nein, das ist falsch. Doch dank der Ballaststoffe lindert der Apfel den Hunger für vergleichsweise lange Zeit und ist dadurch tatsächlich eine gute Wahl punkto Gesundheit. Das gilt aber nur für den frischen Apfel, nicht für Apfelsaft.
Cola Zero, Rivella blau, Fanta light - von jedem Getränk steht eine zuckerarme Variante im Angebot. Doch auch diese sind in Verruf geraten. Süssstoffe gaukeln eine Kalorienzufuhr vor, die nicht stattfindet. Der Körper allerdings fällt nicht darauf rein, registriert einen Kalorienmangel und reagiert mit Hunger, heisst es. Zumindest Ratten haben in Versuchen deshalb mehr gegessen, wenn sie künstliche Süssmittel statt echten Zuckers erhielten.
Ob sich dies auf den Menschen übertragen lässt, ist aber fraglich. In einer gross angelegten Studie aus Holland haben Kinder jedenfalls weniger an Gewicht zugelegt, wenn sie während eineinhalb Jahren künstlich gesüsste Getränke statt zuckerhaltiger Softdrinks zu sich nahmen.
Jede Mutter, jeder Vater hat es selbst beobachtet: Nach dem Kuchenschmaus am Kindergeburtstag sind die Kleinen aufgedreht. Das zweifelt niemand an - doch Studien, die das Zappeln auf den Zucker zurückführen wollten, fanden keinen Effekt. Das Zappeln ist nicht die Folge des Zuckerkonsums, vielmehr machen Partys per se zappelig - auch wenn kein Kuchen verfüttert wird.
Hinzu kommt ein zweiter Effekt: Die Mütter und Väter erwarten so sehr, dass die Kinder wegen des Zuckers unruhig werden, dass sie auf jede Bewegung ihres Nachwuchses achten und so zum Stress beitragen und letztlich das Zappeln verstärken.
Der Konsum von Zucker zeigt im Gehirn ähnliche Effekte wie Alkohol und Nikotin, nämlich eine Ausschüttung des Botenstoffs Dopamin, was wir als Glücksgefühl spüren. In Versuchen mit Ratten liess sich denn auch Zuckersucht stoppen durch Vareniclin – ein Medikament, das bei Menschen zur Raucherentwöhnung eingesetzt wird.
Manche Wissenschafter vergleichen das Suchtpotenzial von Zucker gar mit Kokain. Andere halten dies für absurd. Die Effekte seien an Ratten unter unnatürlichen Umständen gezeigt worden. Zudem würden Ratten für Suchtmittel wie Kokain Elektroschocks in Kauf nehmen, nicht aber für Zucker, argumentieren sie.
Zellen brauchen Nahrung. Und da es sich bei Krebs um besonders schnell wachsende Zellen handelt, benötigen diese besonders viel Nahrung. Diese finden sie in Form von Zucker. Die Hinweise mehren sich, dass Zuckerkonsum das Wachstum von Tumoren beschleunigt. Er kann ruhende Krebszellen aufwecken und führt bei Lungenkrebs zu mehr Metastasen. Umgekehrt suchen Forscher nun nach Möglichkeiten, mit zuckerarmen Diäten Krebs zu bekämpfen.
Die Hälfte der Energie, die ein menschlicher Körper verbraucht, geht an die Gehirnleistung. Der wichtigste Energielieferant für das Hirn: Zucker. Aber bitte nicht zu viel! Denn eine zuckerreiche Ernährung schadet dem Hippocampus, jener Hirnregion also, die für diverse Formen des Gedächtnisses zuständig ist. Dies zeigte sich in Versuchen an Ratten, und es gilt wohl auch für Menschen.
So konnten Wissenschafter nachweisen, dass Probanden, die viel Zucker zu sich nahmen, sich schlechter daran erinnerten, was sie gegessen hatten. Und wer sich nicht an den letzten süssen Snack erinnert, kann sich einen weiteren gönnen - es droht ein Teufelskreis. (aargauerzeitung.ch)
Diese Aussage bezieht sich wohl ausschliesslich auf den darüberliegenden Abschnit, ist aber dennoch irreführend.
Birkenzucker (Xylit) hat deutlich weniger Kalorien, als normaler Zucker, hebt den Blutzuckerspiegel nicht an und Studien haben gezeigt, dass er die Zähne sogar vor Karies schützt.