Wissen
Native

Warum dein Kaffee ohne Nachhaltigkeit und Fairness bitter schmeckt

Kaffee, Espresso, Tasse
Kaffee ist ein enorm beliebtes Getränk. Für die kleinen Kaffeebauern, die ihn anbauen, ist er Fluch und Segen zugleich. Bild: Shutterstock

Warum dein Kaffee ohne Nachhaltigkeit und Fairness bitter schmeckt

Kaffee ist nach Wasser das weltweit am zweithäufigsten konsumierte Getränk und nach Öl das zweitwichtigste Handelsgut. Produktion und Handel sind jedoch oft weder fair noch nachhaltig.
01.10.2025, 10:5301.10.2025, 10:53
Präsentiert von
Branding Box
Präsentiert von
Branding Box

Neben Öl ist Kaffee das Schmiermittel der Weltwirtschaft, könnte man meinen. Zumindest gilt Koffein als treibender Motor des Kapitalismus, der Arbeiter und Angestellte zu Höchstleistungen befähigt. Tatsächlich ist das anregende Getränk kaum mehr aus dem Alltag wegzudenken. Es wird schätzungsweise von 30 bis 40 Prozent der Weltbevölkerung täglich konsumiert. In der Schweiz sind es laut Zahlen von 2021 pro Kopf und Jahr 1069 Tassen. Kein Wunder, ist der landestypische Café Crème für einen Drittel aller Bestellungen in Schweizer Gaststätten gut.

Und die Schweiz ist ein Riese im Kaffeehandel: 70 bis 80 Prozent des weltweiten Handels mit dem Rohstoff für das beliebte Getränk laufen über unser Land. Zugleich ist die Schweiz – wo Kaffee notabene gar nicht angebaut werden kann – als Exporteurin von geröstetem Kaffee weltweit führend: Der Wert der Exporte erreicht knapp 3,5 Milliarden Franken pro Jahr. Von den rund 125 Millionen Menschen auf der ganzen Welt, deren Einkommen vom Kaffee abhängt, leben also einige wenige auch in der Schweiz.

Die allermeisten hingegen leben in den Gebieten, wo der Kaffee angebaut wird. Viele von ihnen sind Kleinbauern – sie produzieren weltweit 80 Prozent des Kaffees – und damit den Launen des Markts unterworfen. Nur etwa sieben Prozent des finalen Verkaufspreises landen in ihren Taschen. Ihre Ernten sind zudem stark von den Wetterverhältnissen abhängig; der Klimawandel macht ihnen zusehends zu schaffen. Für Kaffeeplantagen wird häufig Regenwald gerodet, was den Lebensraum gefährdeter Tier- und Pflanzenarten zerstört. Beim Geschäft mit den braunen Bohnen stellt sich daher unweigerlich die Frage der Fairness und der Nachhaltigkeit.

Anbaugebiete und Produktion

Die Kaffeepflanze ist heikel und gedeiht nur unter besonderen klimatischen Bedingungen – sie liebt ein feucht-trockenes Wechselklima ohne extreme Temperaturen, aber mit genügend Niederschlag. Ihre Anbaugebiete liegen daher im sogenannten Kaffeegürtel am Äquator, also in Ländern des Globalen Südens.

Kaffee Kirschen in Costa Rica Kaffee Kirschen in Costa Rica LicenseRF Copyright: xZoonar.com/DianaxLiessx 23648376
Kaffee ist eine anspruchsvolle Pflanze: 18–21 °C Lufttemperatur, ausreichend Niederschlag und die notwendigen Höhenlagen zwischen 500 und 2000 Metern sind zumindest für die Arabica-Pflanzen unabdingbar. Robusta-Pflanzen sind etwas weniger heikel.Bild: www.imago-images.de

Diese Länder produzierten 2023 rund 11,1 Millionen Tonnen Rohkaffee, wobei der Löwenanteil mit 30,8 Prozent der Ernte auf Brasilien entfiel. Weitere wichtige Produzenten sind Vietnam (17,7 %) und Indonesien (6,8 %). Fast die Hälfte aller Kaffeebohnen (41 %) werden in Südamerika produziert, gut ein Viertel (27 %) in Südostasien. Auf Afrika (17 %) und Mittelamerika (10 %) entfällt nahezu der gesamte Rest.

Für das Erntejahr 2025/26 erwartet der Foreign Agriculture Service einen Produktionsrekord von 178,68 Millionen Säcken à 60 Kilogramm – 2,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Im laufenden Jahr wird der mit Kaffee erzielte Umsatz schätzungsweise 11,77 Milliarden US-Dollar betragen, wobei die USA mit einem prognostizierten Marktvolumen von 2,88 Milliarden Dollar den grössten einzelnen Markt neben Deutschland, Frankreich, Italien und Belgien bilden.

Kaffeeproduktion nach Ländern, 2020/21–2025/26.
Kaffeeproduktion in Millionen 60-kg-Säcken. Für 2025/26 wird eine Rekordernte erwartet.Grafik: USDA-FAS/ICO
Es folgt eine Werbung von:
Logo
Achte auf das Fairtrade-Label!

Mit dem Kauf von Fairtrade-Kaffee unterstützt du unter anderem die Zahlung des Fairtrade-Mindestpreises und der Fairtrade-Prämien. Das bedeutet mehr finanzielle Stabilität für die Kleinbäuerinnen und Kleinbauern auf der ganzen Welt. Achte deshalb beim nächsten Einkauf auf das Fairtrade-Label!

Mehr zu Fairtrade-Kaffee

Editorial Bild

Fairness

Das weltweite Kaffee-Geschäft ist gekennzeichnet durch massive Ungleichgewichte: zwischen Grossunternehmen und Kleinbauern, zwischen Handel und Produzenten. Rund 85 Prozent des Kaffeehandels werden von einigen wenigen Grossunternehmen dominiert, die dadurch über eine enorme Marktmacht verfügen. Da sie grosse Mengen an Kaffeebohnen aufkaufen, können sie die Preise weitgehend vorgeben, während Kleinbauern keinerlei Spielraum haben, da sie existenziell vom Absatz ihres Produkts abhängen. Sie bekommen daher vom Endverkaufspreis ihres Produkts nur den kleinsten Teil ab. Mindestens 5,5 Millionen Kaffeebauern leben daher unter der Armutsgrenze von 3.20 Dollar pro Tag.

Coffee farmer Jose Natal da Silva holds coffee beans after harvesting them on his small farm in Porciuncula, Rio de Janeiro state, Brazil, Thursday, July 17, 2025. (AP Photo/Bruna Prado)
Brazil Coffee
Kaffeebohnen direkt nach der Ernte. Kaffeeanbau ist ein harter Job, und die Kaffeebauern verdienen oft nur sehr wenig.Bild: keystone

Kaffee ist überdies – wie auch andere Rohstoffe – dank seiner hohen Volatilität aufgrund von Ernte- und Nachfrageschwankungen sowie politischen Wirren ein beliebtes Objekt für Spekulationen an der Börse. Das Volumen dieses spekulativen Handels in Form von sogenannten Waren-Termingeschäften übersteigt den Wert der real existierenden Ware Kaffee um bis das Zehnfache. Preisschwankungen von 50 Prozent oder mehr innert kurzer Zeit sind daher keine Seltenheit. Diese wirken sich allerdings in der Regel eher mittelfristig auf den Endpreis bei den Konsumenten aus.

Um diese Preisschwankungen auf dem Rücken der Kleinbauern zu umgehen, wurden Siegel wie Fairtrade eingeführt, die Mindestpreise für Rohkaffee garantieren sollen. Weitere vorgeschlagene Massnahmen bestehen in der Förderung des Direkthandels unter Umgehung der Börse sowie der gesetzlichen Regulierung von Lieferketten. Hinzu kommen Bestrebungen, internationale Standards des Arbeitsrechts durchzusetzen – denn bei der Produktion von Rohkaffee spielt beispielsweise oft Kinderarbeit eine unrühmliche Rolle.

LATIN AMERICA GUATEMALA COFFEE, A coffee plantation neat the city of Antigua in Guatemala in central America.
Kaffeeplantage in Guatemala. Kinder müssen oft in Familienbetrieben mithelfen, damit die Familie über die Runden kommt.Bild: www.imago-images.de

Gleichwohl ist es ein Schritt hin zu vermehrter Fairness im Kaffee-Geschäft, auch wenn sich damit die grundlegende Ungleichverteilung der Marktmacht nicht beseitigen lässt. Fairtrade allein kann trotz des steigenden Marktanteils etwa in der Schweiz nicht verhindern, dass der Grossteil der Wertschöpfung nach wie vor in den Konsumländern verbleibt und eine grundlegende Ungleichverteilung der Marktmacht besteht.

Fairtrade-Verkäufe machen nur einen kleinen Teil der exportierten Gesamtmenge aus.

Nachhaltigkeit

Der Anbau von Kaffee ist oft mit Schädigung der Umwelt verbunden – und ist seinerseits vom Klimawandel betroffen. Bei der Produktion von Kaffee wird viel Wasser verbraucht – rund 250 Liter pro Tasse gemäss Angaben des Water Footprint Network. Der grösste Teil davon fällt allerdings auf natürlichem Weg an, etwa durch Regen. Problematischer ist der Einsatz von Pestiziden, der Boden und Grundwasser belastet. Allein in Brasilien werden in der Kaffeeproduktion jedes Jahr etwa 38'000 Tonnen Pestizide verwendet.

Hinzu kommt, dass Kaffeeplantagen bis dahin oft auf gerodetem Regenwald angelegt werden. Dieser Boden ist jedoch nur wenige Jahre nutzbar, dann ist er ausgelaugt und kann auch nicht wieder aufgeforstet werden. Die Entwaldung setzt gebundenes CO₂ frei und zerstört Lebensraum für Pflanzen- und Tierarten – und dies ausgerechnet in sogenannten Hot Spots der Artenvielfalt. Monokulturen verschärfen das Artensterben weiter; sie machen überdies die Ökosysteme anfälliger für Schädlinge und Krankheitserreger.

Ab Ende 2025 ist der Kaffeeanbau auf Boden von gerodetem Regenwald allerdings nicht mehr erlaubt. Zumindest für Kaffee, der nach Europa exportiert wird.

Der Kaffeeanbau steht zudem vor grossen Herausforderungen durch die Klimaerwärmung. Steigende Temperaturen, Dürren und Starkregen führen bereits jetzt zu Ernteausfällen, da die empfindlichen Kaffeepflanzen ein stabiles tropisches Klima benötigen. Experten befürchten, dass bis 2050 mehr als die Hälfte der heutigen Anbaufläche verloren gehen könnte.

Eine nachhaltige Produktion des Kaffees ist daher wichtig. Es gibt mehrere Möglichkeiten für einen Anbau von Kaffee, der die Umwelt weniger belastet. Durch die Nutzung von kompostierten Pflanzenresten als Dünger lässt sich beispielsweise der Einsatz von Kunstdünger reduzieren. Ferner kann durch Hanglagen oder Terrassenbau der Plantagen die Sonneneinstrahlung auf die Pflanzen verringert werden. Dies ermöglicht zugleich die Anlage von Reservoirs für Regenwasser.

Schattenbaum auf einer Kaffeeplantage in Costa Rica.
https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9056170
Schattenbaum auf einer Kaffeeplantage in Costa Rica.Bild: Wikimedia/DirkvdM

Die Sonneneinstrahlung lässt sich auch durch eine Methode regulieren, die vor 100 Jahren im Kaffeeanbau noch allgemein üblich war, durch die zunehmende Technisierung aber in den Hintergrund gedrängt wurde: Der Einsatz von Schattenbäumen schützt die Kaffeepflanzen nicht nur vor der Sonne, sondern verbessert auch den Ertrag. Als Schattenbäume können etwa Bananen-, Grapefruit- oder Avocadobäume verwendet werden, aber auch Eukalyptus, Ananas oder Papaya eignen sich dafür. Schattenbäume verbessern auch das Mikroklima auf der Plantage, erhöhen die Bodenfeuchtigkeit und verhindern Erosion durch Wind und Regen. Überdies schützen sie die Kaffeepflanzen vor Nachtfrost und fördern die Artenvielfalt.

Nachhaltigkeit bei der Produktion von Kaffee ist für die Konsumenten wichtiger, als sie vielleicht vermuten: Der prognostizierte Rückgang der Anbauflächen dürfte langfristig für Versorgungsengpässe und einen empfindlichen Preisanstieg sorgen.

Es folgt eine Werbung von:
Logo
Nur knapp jeder 5. Kaffee ist fair gehandelt

Seit über 30 Jahren gibt es Fairtrade-Kaffee in der Schweiz. Doch bis heute sind nur 18% des in der Schweiz verkauften Kaffees fair gehandelt. Lasst uns das ändern! Mit dem Kauf von Fairtrade-Kaffee unterstützt du über 775‘000 Kaffeebäuerinnen und -bauern sowie ihre Familien weltweit.

Mehr zu Fairtrade-Kaffee

Editorial Bild

Kolumbien: Kampf dem Drogenkrieg – mit Kaffee gegen Koka

Video: srf/Roberto Krone
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Der Kaffeehandel
1 / 8
Der Kaffeehandel
70 bis 80 Prozent des weltweiten Handels mit Rohkaffee wird über die Schweiz abgewickelt.
quelle: ap / hermann j. knippertz
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Der Bund verbannt Kaffee aus Notvorräten
Video: srf
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
52 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Pinot_Berlioz
01.10.2025 11:16registriert September 2016
Spannender Artikel - seit einem Besuch bei einer Kaffee-Kooperative in Honduras vor einigen Jahren greife ich bewusst zu Fairtrade. Die Bauern vor Ort haben bestätigt, dass das Label das beste ist, was aktuell auf dem Markt zur Verfügung steht und für sie einen echten Unterschied macht. Sie haben betont, dass das Angebot jedoch grösser ist, als die Nachfrage und viele Bauern, obwohl zertifiziert, nur Teile der Ernte zu Fairtrade-Konditionen verkaufen können. Das muss sich auf unserer Seite der Lieferkette ändern.
293
Melden
Zum Kommentar
52
WWM-Final: Harry-Potter- und ESC-Fans haben bei diesen Fragen leichtes Spiel
Im grossen Final der 3-Millionen-Euro-Woche konnten erfolgreiche Kandidatinnen und Kandidaten der Woche nochmals antreten und ihren Gewinn steigern. Wie viel hättest du herausgeholt?
Es war das grosse Finale der 3-Millionen-Euro-Woche. Jeden Tag hatten Kandidatinnen und Kandidaten bisher die Möglichkeit, abzuräumen. Und auch wenn es nicht für die Million gereicht hat, haben es einige – genauer genommen zwölf – immerhin in die Finalsendung geschafft. Am Donnerstag traten sie nochmals an, um ihren Gewinn noch zu mehren.
Zur Story