Kennen Sie George Stinney Jr.? Nein? Kein Wunder, denn George Stinney ist seit 70 Jahren tot. Der afroamerikanische Junge war 14 Jahre alt, als ihn ein Geschworenengericht am 16. Juni 1944 im US-Bundesstaat South Carolina des Mordes an zwei weissen Mädchen für schuldig befand. George Stinneys kurze Leben endete auf dem elektrischen Stuhl.
Der Junge war erst 14 Jahre alt. Er musste sich während seiner Exekution auf Telefonbücher setzen, weil er so klein war. Er wog knapp 40 Kilo. Die Bibel hielt er unter seinem Arm.
George Stinney Jr. erlangte traurige Berühmtheit – er ist die jüngste Person, an der im 20. Jahrhundert in den USA die Todesstrafe vollzogen wurde.
At 14yrs. 6mos. & 5 days old, George Stinney was the youngest person ever executed in the U.S. in the 20th century. pic.twitter.com/ekHXjr8LpU
— Abolish DeathPenalty (@ncadp) 17. Dezember 2014
Doch was wurde George Stinney Jr. genau vorgeworfen?
Am 23. März 1944 soll er die 11-jährige Betty June Binnicker und die 8-jährige Mary Emma Thames in Alcolu erschlagen haben. Alcolu ist ein Kaff im tiefen Süden der USA, wo Schwarze und Weisse fein säuberlich durch die Bahnlinie, die durch das Städtchen lief, segregiert waren. Die beiden weissen Mädchen fuhren ihre Velos über die Trennlinie und erkundigten sich bei den Stinneys, wo eine bestimmte Blume zu finden sei.
Wenig später entdeckte man die beiden Mädchen. Erschlagen im Sumpf.
George Stinney Jr. wurde unter dringendem Tatverdacht verhaftet. Weil der schwarze Junge mit den weissen Mädchen gesprochen hatte. Das reichte den 12 weissen Geschworenen, den Jungen nur drei Monate nach dem Verbrechen zu verurteilen. Ohne jegliche Beweise. Der Prozess dauerte drei Stunden. Das Urteil wurde innerhalb von 10 Minuten gesprochen. Schuldig. Elektrischer Stuhl.
2009 hat Georges Schwester in einer eidesstattlichen Erklärung ausgesagt, dass sie am Tage des Verbrechens mit ihrem Bruder zusammen war. Er habe das Verbrechen gar nicht begangen können.
Bürgerrechtsanwälte haben Jahre damit verbracht, den Fall wieder aufzurollen. Ihr Argument: George Stinney Jr.s Geständnis sei herausgepresst worden. Er habe nie einen fairen Prozess erhalten. Es habe keine Zeugen gegeben. Und keine Beweise.
Am 17. Dezember 2014, 70 Jahre nach der Exekution, wurde klein George entlastet.
Richterin Carmen Mullen schreibt in einem Statement: «Es gibt kein grösseres Unrecht.» Er hätte nicht exekutiert werden dürfen.
Zu spät für George Stinney Jr.
(kub)