Den Stoffwechsel des Gehirns ankurbeln, um Depressionen zu bekämpfen: Diesen Ansatz verfolgen Forschende der EPFL. Bei Mäusen erzielten sie vielversprechende Ergebnisse. Versuche am Menschen sind nun in Planung.
Chronischer Stress kann Depressionen auslösen. Dahinter könnte ein Energieverlust im Gehirn stecken, wie neuere Forschungsergebnisse nahelegen. Forschende der ETH Lausanne (EPFL) haben nun an Mäusen getestet, ob sich durch Ankurbeln des Energiestoffwechsels das Risiko für Depressionen senken lässt. Von den Ergebnissen berichten sie im Fachblatt «eLife».
Die Forschenden um Carmen Sandi von der EPFL setzten für ihre Studie auf ein Molekül namens Acetyl-L-Carnitin, wie die Hochschule am Montag in einer Mitteilung schrieb. Dieses Molekül ist natürlicherweise im Körper vorhanden und als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich. Es stimuliert den Zellstoffwechsel, indem es die Aktivität von Mitochondrien anregt, den «Kraftwerken» der Zellen.
In Experimenten setzten die Forschenden Mäuse Stresssituationen aus, zum Beispiel indem sie sie in ihrer Bewegung einschränkten. Anschliessend unterzogen sie die Versuchstiere verschiedenen Standardverhaltenstests, die auf Entscheidungsfindung oder auf einem Test der Geselligkeit basierten. So beurteilten sie, ob die Tiere depressive Verhaltensmuster entwickelten. Ein Teil der Tiere erhielt im Zuge der Studie Acetyl-L-Carnitin, der andere nicht.
Das Ergebnis: Die Substanz senkte tatsächlich das Risiko, dass die Tiere depressive Verhaltensweisen entwickelten. Eine genauere Untersuchung ergab, dass Acetyl-L-Carnitin den Stoffwechsel einer bestimmten Struktur im Gehirn, des Nucleus accumbens, stimulierte. Dieser spielt eine Rolle im Belohnungssystem des Gehirns, aber auch für Motivation.
Laut Sandi beginnt man gerade erst, die Rolle des Stoffwechsels und der Mitochondrien bei Depressionen zu untersuchen. Sie zitiert zum Beispiel eine kürzlich durchgeführte Studie der Rockefeller-Universität, die zeigt, dass bei Menschen, die an einer multiresistenten Depression leiden, die natürlichen Acetyl-L-Carnitin-Blutspiegel sehr niedrig sind.
«Unser Gehirn macht nur zwei Prozent unserer Körpermasse aus, aber es verbraucht 20 Prozent der Energie», erklärt die Forscherin. «Die Auswirkungen von Stress auf den Stoffwechsel sind also nicht so überraschend.» Bei extremem Stress könne eine gute mitochondriale Aktivität dazu beitragen, Energieverluste und Depressionen zu vermeiden.
Die Forschenden planen in einem nächsten Schritt auch Studien mit Patienten. Man sei dabei, Forschungsmittel dafür zu beantragen, sagte Sandi. (aeg/sda)
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