Bereits ab drei Jahren werden Kinder in ihrer Vorstellung von Rollenbildern geprägt. Gilt eine Aktivität als «typisches Bubenspiel» respektive als «typisches Mädchenspiel» kann diese «Vermittlung stereotyper Verhaltensweisen und Geschlechtervorstellungen» die Kinder in ihrer freien Entfaltung behindern, wie es im Synthesebericht heisst.
Eltern, Betreuungseinrichtungen und Schulen aller Stufen tragen eine grosse Verantwortung: Sie müssen darauf hinwirken, dass Mädchen und Buben bei ihren Laufbahnentscheidungen nicht von Rollenbildern, sondern von persönlichen Interessen geleitet werden. Konkret: Sie sollen Kinder ermutigen, ihre Interessen zu verfolgen, selbst wenn sie für das jeweilige Geschlecht als untypisch gelten. Diesbezüglich ortet der Nationalfonds von der Kindertagesstätte bis zur Oberstufe noch viel Verbesserungspotenzial.
Die Ungleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt beeinflusst die Rollenteilung von Müttern und Vätern im Privaten: Sie zementiert stereotype Vorstellungen der Arbeitsteilung. Ökonomische Realitäten haben grossen Einfluss darauf, wie ein Paar Erwerbs- und Familienarbeit aufteilt. Erst wenn der Arbeitsmarkt familienfreundliche Rahmenbedingungen bereitstellt, können Männer zu Hause mehr Verantwortung übernehmen und ist die Wahlfreiheit für ein bestimmtes Familienmodell gegeben.
Die Versorgung mit Betreuungsangeboten – sowohl für Kinder als auch für pflege- und betreuungsbedürftige Erwachsene – soll bedarfsgerecht (längere Öffnungszeiten) sowie bezahlbar ausgestaltet werden. Ein angemessenes Betreuungsangebot fördere nicht nur die Gleichstellung von Frauen und Männern, sondern auch den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Frauen sind im Alter häufiger auf Sozialhilfe oder Ergänzungsleistungen angewiesen als Männer. Ihre häufiger unvorteilhafteren Anstellungsbedingungen während des Berufslebens und die generell tieferen Löhne von Frauen können zu einer prekären finanziellen Situation im Alter führen.
Der Grund liegt in den tieferen Einkommen und kleineren Arbeitspensen, bei welchen die berufliche Vorsorge zum Teil wegfällt. Untersuchungen des NFP 60 zeigen, dass Frauen im Pensionsalter bis zu dreimal tiefere Renten als Männer beziehen. Hauptrisikotreiber liegt auch hier im Fehlen einer nachobligatorischen Ausbildung. Die Studienverfasser schlagen vor, betroffene gering qualifizierte oder erwerbslose Personen bereits während des Erwerbslebens darin zu unterstützen, eine nachobligatorische Ausbildung abzuschliessen und so ihre Erwerbschance zu vergrössern.
Just unser viel gerühmtes duales Berufsbildungssystem steht der Gleichstellung im Weg: Es macht für viele Jugendliche eine Entscheidung in einem Alter notwendig, in dem sie sich besonders stark an Rollenbildern orientieren, die sie aus ihrem Umfeld kennen. Das Fortbestehen von «Frauenberufen», in denen Unterbrüche und Teilzeitpensen eher möglich sind, und «Männerberufen» wirkt sich zulasten der Frauen aus: Die Löhne sind niedrig, die Aufstiegschancen gering und die soziale Absicherung mangelhaft.
Zudem ist im Punkt der Entlohnung die Gleichstellung nicht erreicht: Schon Berufseinsteigerinnen verdienen unerklärlicherweise sieben Prozent weniger als ihre Kollegen. In den ersten Berufsjahren öffnet sich die Lohnschere noch weiter. Der Nationalfonds sieht in der Lohntransparenz ein wichtiges Mittel zur Herstellung von Lohngleichheit.