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Belgien beantragt Auslieferung von Drogenbaron in Zürcher Haft

In der Nacht auf gestern verhaftete die Kantonspolizei Zürich in einer Luxuswohnung in Zürich West einen der international meistgesuchten Schwerverbrecher. Der Belgier ist in seinem Heimatland ein bek ...
In der Nacht auf gestern verhaftete die Kantonspolizei Zürich in einer Luxuswohnung in Zürich West einen der international meistgesuchten Schwerverbrecher. Der Belgier ist in seinem Heimatland ein bekannter Drogenbaron und trägt den Übernamen «Fingerabschneider». Recherchen von TeleZüri zeigen nun, dass der Mann sich schon länger in Zürich aufgehalten hat.

Belgien beantragt Auslieferung von Drogenbaron in Zürcher Haft

Ein belgischer Krimineller wohnt jahrelang unbehelligt in Zürich, ehe er im Februar verhaftet wird. Seither sitzt er in Haft. In seiner Heimat pocht man nun auf die Auslieferung – er soll eine Rolle in der versuchten Entführung des Justizministers gespielt haben.
11.10.2022, 15:1211.10.2022, 15:12
Maurus Held / ch media
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Am 16. Februar gelingt einer Spezialeinheit der Kantonspolizei in Zürich-West ein wahrer Coup: Sie nimmt einen der meistgesuchten Verbrecher Europas fest, ein damals 35-jähriger Belgier. Er war wegen Dokumentenfälschung auf den Radar der Schweizer Behörden geraten. Seither sitzt er im Kanton Zürich in Untersuchungshaft.

Nun droht dem heute 36-Jährigen die Ausschaffung in sein Heimatland. Die belgischen Behörden werfen ihm vor, Kopf einer kriminellen Organisation zu sein, die tonnenweise Kokain von Südamerika nach Europa importiert und auch in die Schweiz vertrieben hat. Hinzu kommen der Verdacht auf Entführung, Geiselnahme, bewaffneten Raub und Diebstahl.

Der Justizminister hatte Glück

Der triftigste Grund der belgischen Behörden, eine Auslieferung zu erwirken, dürfte allerdings folgender Vorwurf sein: Der Schwerkriminelle soll bei der vereitelten Entführung von Belgiens Justizminister Vincent Van Quickenborne eine Rolle gespielt haben.

Van Quickenborne blieb am 22. September dieses Jahres nur knapp verschont; die Polizei entdeckte rechtzeitig ein verdächtiges Auto in der Nähe seines Wohnhauses. Vier einschlägig vorbestrafte Männer seien daraufhin verhaftet worden, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ). Van Quickenborne stehe seither unter Polizeischutz.

«Unmöglich, daran beteiligt zu sein»

In Belgien scheint klar: Hinter der versuchten Tat steht die Drogenmafia – und so rückte auch der Belgier, der in Zürich einsitzt, in den Fokus. Es bestehen kaum Zweifel, dass der Belgier jeweils recht unzimperlich mit seinen Feinden und Rivalen umgegangen ist – sein Spitzname lautet immerhin «Vingerknipper», zu deutsch Fingerabschneider.

Dass er irgendetwas mit der versuchten Entführung des Justizministers zu tun habe, bestreitet er nun aber vehement. Er sitze seit sieben Monaten in U-Haft – folglich sei es «völlig unmöglich, eine solche Aktion anzuordnen oder in irgendeiner Weise daran beteiligt zu sein», lässt er über seine Anwälte ausrichten, wie die NZZ weiter schreibt.

Belgische Gefängnisse wurden gerügt

Nun wehrt er sich gegen die Auslieferung in seine Heimat, wo er im Jahre 2020 übrigens, in Abwesenheit, bereits zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden war. In seiner Beschwerde gibt er an, dass die Haftbedingungen in den belgischen Gefängnissen gegen die Anforderungen der Europäischen Menschenrechtskonvention verstossen würden.

Tatsächlich hatte das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter die belgischen Behörden teils scharf kritisiert: Für die massiven Überbelegungen und regelmässigen Streiks des Personals müssten Lösungen gefunden werden.

Legt er Rekurs ein?

Nichtsdestotrotz hat das Schweizer Bundesstrafgericht die Beschwerde des Belgiers abgewiesen. Neubauten von Gefängnissen und Renovationen bestehender Anstalten in Belgien hätten zu einer Verbesserung der Situation geführt. So ist anzunehmen, dass die Menschenrechte des «Fingerabschneiders» im Falle einer Auslieferung nicht verletzt würden.

Der Belgier hat aktuell noch die Möglichkeit, Rekurs gegen den Entscheid des Bundesstrafgerichts einzureichen. Ob er das tun wird, ist laut der NZZ ungewiss.

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