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«Ich verstehe den Sinn dieser Kleberei nicht»

Immer wieder führen die Aktivistinnen und Aktivisten von Renovate Switzerland Strassenblockaden durch. Nach Aktionen in Lausanne und Bern traf es am Freitag Zürich. Doch was will die Gruppierung mit d ...
Immer wieder führen die Aktivistinnen und Aktivisten von Renovate Switzerland Strassenblockaden durch. Nach Aktionen in Lausanne und Bern traf es am Freitag Zürich. Doch was will die Gruppierung mit den Protesten erreichen?

«Ich verstehe den Sinn dieser Kleberei nicht»

Am Freitag haben Klimaaktivistinnen und -aktivisten wieder eine Strasse in Zürich blockiert. Nach Aktionen in Lausanne und zuletzt auch in Bern war nun wieder Zürich an der Reihe. Auf Social Media werden diese Aktionen mehrheitlich kritisiert.
17.10.2022, 14:5817.10.2022, 14:58
Simone Brändlin / ch media
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«Glaubt einer dieser Aktivisten wirklich, dass er durch diese dummen Aktionen Unterstützer für sein Anliegen findet? Hier gilt es wirklich hart durchzugreifen», schreibt ein Leser. Ein anderer fordert, wer wirklich die Welt verändern will, solle sich politisch engagieren. Auch der Sinn, sich an die Strasse zu kleben, wird auf Twitter hinterfragt.

Die Protestaktionen der Klima-Aktivistinnen und -aktivisten kommen nicht überall gut an. Sich an der Strasse festzukleben und den Verkehr für Stunden lahmzulegen, sorgt vermehrt für Ärger. In London haben Klimaaktivisten in der National Gallery Vincent van Goghs Gemälde «Sonnenblumen» mit Tomatensuppe überschüttet, hinterlässt eher Kopfschütteln verbunden mit schlechter Stimmung. «Was hat Van Gogh mit der Klimakatastrophe zu tun? Weil es ein Ölgemälde ist?», fragt sich der nächste Leser.

So sehr, dass die Botschaft der Klimaprotestierenden in den Hintergrund rückt und im schlimmsten Fall gar nicht bei den Menschen ankommt. Daher stellt sich hier zurecht die Frage, ob solche Aktionen wie zuletzt in Zürich oder auch in London nicht eher ins Leere laufen und damit kontraproduktiv sind.

Ist diese Form des Protestes wirklich sinnvoll?

«Ich verstehe das schon und es kann auch ärgerlich sein. Wir machen das wirklich nicht gerne», sagt Cécile Bessire, Mediensprecherin von Renovate Switzerland. «Es macht uns keinen Spass, auf der Strasse zu sitzen.» Weil aber der Bundesrat seiner Arbeit nicht nachkomme, würden die Aktivistinnen und Aktivisten keinen anderen Weg sehen. «Wir befinden uns in einem absoluten Notzustand. Was wir in den nächsten drei Jahren tun, wird über unsere Zukunft, unsere Kinder, unser Leben entscheiden», erklärt sie.

Das Anliegen ist ehrenwert, aber ist diese Form des Protestes tatsächlich sinnvoll? «Wir sehen keinen anderen Weg als den des zivilen Widerstands, um die Politiker zum Handeln zu zwingen. Wer bessere Ideen hat, dass sich das in den nächsten zwei bis drei Jahren ändert, der kann sich gerne bei uns melden. Wir kennen keine Alternative. Wir sind verzweifelt.»

So sei der politische Weg schlichtweg zu langsam. Man müsse jetzt unbedingt handeln. «Was wir jetzt und in den nächsten zwei Jahren angehen oder auch nicht, wird unsere Zukunft bestimmen», so die Mediensprecherin weiter. «Sonst ist es zu spät.» Sobald der Bundesrat aktiv werde, nehmen auch die Aktionen ab, fügt Bessire an.

Die Menschen seien durchaus an einem konstruktiven Austausch interessiert, berichtet Cyril Hermann von Klimastreik Schweiz. «Wenn man sich auf die Gegenpartei in einem tiefen Gespräch einlässt, kommt man recht schnell zu recht viel Verständnis.» Dieses sei da, dass sich junge Menschen nicht mehr dem System unterwerfen wollen, auch wenn der gewählte Weg und die Aktionen nicht unbedingt zu einem selbst passe, fasst er zusammen. «Denn dieses System hat die Misere und die Krise verursacht.»

«Dass wir Leute verärgern, müssen wir in Kauf nehmen.» Das sei schon 2019 so gewesen, als wir im Rahmen der Klimademos auf die Strassen sind und die Schule geschwänzt haben. «Da hiess es auch, wir wollen nur die Schule schwänzen. Das ergibt keinen Sinn und so verlieren wir den Bezug zu den Menschen», erwähnt Hermann. Das sei ein Mittel, welches man bei solchen Protestaktionen in Kauf nehmen müsse. Darüber hinaus bringe es nichts, wenn vier Millionen Menschen auf dem Bundesplatz in Bern stehen, aber nichts fordern. «Wir müssen dahingehend den Fokus setzen, was es jetzt braucht und welche Forderungen wir erreichen können. Und wenn es heisst, ein Bildungssystem anzugreifen, welches den Beitrag nicht leistet und keine Lösung für die Krisen anbietet, dann machen wir das», erläutert er.

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