In der Wirtschaft ändert sich bekanntlich alles. Das gilt auch hierzulande. Nur eine Ausnahme dazu ist bekannt: Die Schweizer Mieten können zwar gelegentlich stagnieren – beispielsweise nach dem Platzen einer Blase zu Beginn der 90er Jahre –, aber sie sinken nicht.
Das wird sich ändern. Zu diesem Schluss kommen die Volkswirte der CS in ihrer neuesten Studie über den Schweizer Immobilienmarkt. Sie prophezeien darin, dass sich das «Mietpreiswachstum ins Negative drehen» könnte. Für Normalsterbliche bedeutet dies: Die Mieten werden sinken.
Bedanken können sich die Mieter bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Um ausländisches Kapital abzuschrecken, hat sie vor kurzem Negativzinsen eingeführt. Aufgeschreckt hat sie damit aber auch die inländischen Investoren, vor allem die Pensionskassen. Diese suchen verzweifelt nach Renditemöglichkeiten und haben daher den Anteil an Immobilien in ihrem Portefeuille noch erhöht. «In den letzten beiden Monaten ist viel Kapital in den Immobilienmarkt geflossen», sagt der CS-Immobilien-Spezialist Fredy Hasenmaile.
Der Bau von Mietwohnungen läuft daher auf Hochtouren. Die Nachfrage hingegen sinkt. Der Frankenschock wird zu einem Rückgang der Zuwanderung führen. Logische Folge: Der Bestand an Leerwohnungen wird zunehmen – und die Mieten sinken.
Sollten Sie allerdings in Zürich, Basel oder Genf wohnen, dann freuen Sie sich nicht zu früh: Die Mieten werden zuerst auf dem Land sinken. Auch dafür haben die CS-Ökonomen eine plausible Erklärung. Weil sie sich die Stadt schlicht nicht mehr leisten konnten, sind viele Mieter unfreiwillig aufs Land gezogen. Jetzt kehren sie zurück. Der Leerwohnungsbestand wird daher vor allem auf dem Land zunehmen.
Noch weit dramatischer ist die Lage bei den Geschäftsimmobilien. Insgesamt stehen schweizweit eine Million Quadratmeter Bürofläche leer. «Und es wird immer noch zu viel gebaut», sagt Hasenmaile. «In den nächsten zwei Jahren ist keine Trendwende zu erwarten.»
So etwas wie Normalität herrscht einzig beim Wohneigentum. Die Preise für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen haben sich eingependelt. Auch hier hatte die SNB ihre Hände im Spiel. Sie hat die Erschwinglichkeit für Wohneigentum verschärft, will heissen, die Anforderungen für Eigenkapital erhöht.
Das hat Konsequenzen: Wohneigentum wird für den Mittelstand immer mehr zu einem Traum. Im Jahr 2000 lag der Durchschnittspreis für Wohneigentum landesweit zwischen 400’000 und 500'000 Franken. Jetzt ist er auf knapp 800'000 Franken geklettert. Bei einer Anforderung für Eigenkapital von zehn Prozent haben daher beispielsweise im Kanton Zürich nur noch knapp 40 Prozent aller steuerpflichtigen Familien genügend Kapital, sich ein eigenes Heim zu leisten.
Negativzinsen werden daran nichts ändern. Der Hypozins wird nämlich nicht mehr weiter sinken. Er ist jetzt auf einem Niveau, auf dem die Banken gerade mal ihre Kosten decken. Weitere Senkungen sind daher sehr unwahrscheinlich geworden.
Längerfristig erwarten die CS-Ökonomen die spektakulärste Veränderung auf dem Immobilienmarkt weder von Zinsen noch von Zuwanderung. Sondern von der Autoindustrie. «Das selbstfahrende Auto wird für völlige neue Verhältnisse sorgen», glaubt Hasenmaile. Wer in die Stadt will, ordert in Zukunft mit dem Smartphone ein selbstfahrendes Auto und lässt sich ins Büro oder an die Shopping-Meile befördern.
Auf dem Weg dorthin kann er bequem E-Mails erledigen oder sich ganz einfach entspannen. «Wir werden Verkehrssysteme haben, die den Besitz eines Privatautos überflüssig machen», sagt Hasenmaile. Überflüssig wird so auch der Umzug in die Stadt. Die Agglo wird flächendeckend mit einem Verkehrssystem versorgt sein, das dem aktuellen Tramsystem in Nichts nachstehen wird.