Es war im Dezember 2015, als sich im Hallenbad Altstetten ein Asylsuchender erstmals ins Wasser wagte. Er hielt sich am Beckenrand fest, stiess sich ab und merkte dann, dass er es nicht mehr zurück an den Beckenrand schafft. Das Wasser zog ihn nach unten. Panik! Immer näher kam er dem Beckengrund. Zu hören war nichts mehr.
Zum Glück schlug ein Gast schnell Alarm: Die Bademeister retteten den Asylbewerber. Das ist kein Einzelfall: Ein anderer platschte vom Sprungbrett ins Wasser und schaffte es nicht mehr an die Oberfläche. Sofort sprang ein Bademeister hinterher und rettete sein Leben. «Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um Menschen zu retten. Aber Rettungen sind eine grosse Belastung für die Mitarbeiter», sagt der Chef des Hallenbads Altstetten, Sven Hirt.
An manchen Tagen zogen Hirts Badmeister siebenmal Asylsuchende aus dem Wasser. Normalerweise retten sie so viele Menschen pro Jahr. Weil die Anzahl Rettungseinsätze so rasant stieg, meldete sich Hirt im Januar bei der Asylorganisation Zürich (AOZ), die das nahe gelegene Bundesasylzentrum auf dem Juch-Areal führt.
Hirt hatte Erfolg: Wie das «Regionaljournal» von SRF am Freitag meldete, ist seit Januar ein Mann aus dem Asylzentrum Juch im Hallenbad vor Ort, der die Asylsuchenden, die nicht schwimmen können, warnt und ins Nichtschwimmerbecken schickt. Der Mann spricht Arabisch und Englisch und kann selber schwimmen. Ein Bademeister-Diplom hat er nicht. Das Hallenbad-Team hatte ihn auf seine Aufgabe vorbereitet. Seither mussten die Bademeister keine Personen mehr retten.
Doch es gibt ein Problem: Weil die Asylsuchenden maximal 140 Tage im Zentrum Juch bleiben, müssen Sven Hirt und die AOZ bald einen Nachfolger für den «Asylbademeister» suchen. Das werde eine Herausforderung, sagt Hirt zur Limmattaler Zeitung. Denn nicht nur muss der Mann mehrere Sprachen sprechen und schwimmen können. «Er muss auch ein Renommee unter den Asylsuchenden haben, für sie eine Respektsperson sein und seiner Aufgabe aus voller Überzeugung nachgehen», so Hirt, «aber ich bin zuversichtlich, dass wir jemanden finden.»
Denn als er im Januar erstmals einen «Asylbademeister» suchte, ging alles sehr schnell: «Das Gespräch mit der AOZ war an einem Mittwoch. Am Wochenende darauf haben wir mit dem Asylsuchenden zusammengearbeitet.» Zudem ist das Kandidatenfeld gross: Wie das Staatssekretariat für Migration auf Anfrage bestätigt, sind die 348 Plätze im «Juch» nach wie vor voll ausgelastet.
Hirt macht keinen Hehl daraus, dass er Rayonverbote, wie sie manche Gemeinden für ihre Bäder ausgerufen hatten, nicht sinnvoll findet. «Auch mit Merkblättern ist es nicht getan. Man muss aufeinander zugehen», so Hirt. Denn viele Asylsuchende unterschätzen die Gefahren des Wassers: 2015 kam es zu tragischen Todesfällen in der Limmat, der Aare und dem Rotsee.
Ob die Asylanten schwimmen können, lasse sich nicht auf das Herkunftsland zurückführen, meint Hirt. «Es ist eher eine Altersfrage. Die Über-30-Jährigen wissen, dass sie mit Wasser nicht vertraut sind und gehen darum keine Gefahren ein. Die Jüngeren unterschätzen die Gefahren eher. Es gibt aber auch Asylsuchende, die erstaunlich gut schwimmen können und Schweizer, die nicht gut schwimmen können.»
Rund 20 bis 40 Asylsuchende suchen vor allem am Wochenende das Hallenbad auf, in Gruppen von sechs bis neun Personen. Die acht Franken Eintritt zahlen sie aus dem eigenen Sack, manche müssen zudem eine Badehose mieten. Dazu Hirt: «Wer sich das leisten will, soll Spass haben wie alle anderen unseren Gäste auch.»