Zehn Minuten vor Schluss, beim Spielstand von 4:0 für den FC Basel gegen den bulgarischen Meister Ludogorez Rasgrad hat Freiburg-Trainer Christian Streich offenbar genug gesehen. Er verlässt den St.Jakobpark in Richtung Breisgau. Auf der Heimfahrt dürfte ihm vor allem ein Mann durch den Kopf gegangen sein: Breel Embolo.
Der erst 17-jährige Stürmer erzielte das so wichtige erste Tor. Wie der Teenager sich durchtankte, war bezeichnend für den Auftritt von Embolo. Oder um es mit den Worten von Assistgeber Fabian Frei zu sagen: «Er hat den Ball perfekt mitgenommen. Viele würden sich abdrängen lassen, Breel nicht.» Der Kommentar von Frei zum Torschützen nach dem Treffer: «Danke!»
«Ich finde ihn eine Sensation, mit 17 Jahren eine solche Leistung ...» Und fügt scherzhaft hinzu: «Wenn er denn wirklich 17 Jahre alt ist!». Weiter schwärmt Frei: «Wie er den Ball abdeckt, seine Laufwege ...»
Aber der Captain will seinen jungen Teamkollegen, der sich mit dem Treffer zum fünftjüngsten Torschützen in der Königsklasse gekrönt hat, nicht zu fest in den Himmel loben. Obwohl Frei keine Angst hat, dass Embolo abheben könnte: «Ich mag ihn auch als Typ, er ist lernwillig und lässt sich auch mal etwas sagen, und versucht es dann umzusetzen. So habe ich ihm vor dem Tor gesagt, er solle mehr in die Tiefe gehen.» Das Resultat ist bekannt.
Hat Embolo heute schon einen Zweikampf verloren? Spielt hier unbekümmert wie ein Teenager auf. #rotblaulive
— Sali Zämme! (@salizaemme) 4. November 2014
Auch Mittelfeldkollege Luca Zuffi staunt über die Fähigkeiten von Embolo: «Ein Super-Stürmer. Er macht laufend Fortschritte. Er ersetzt Marco Streller sehr gut mittlerweile und es ist unglaublich, was er mit seinen 17 Jahren drauf hat.»
Der junge Mann selbst bleibt auf dem Teppich: «Ich freue mich natürlich sehr, dass ich mein erstes Tor in der Champions League erzielt habe. Aber wichtiger sind die drei Punkte. Wir haben versucht, es besser zu machen als im Hinspiel und wollten eine Reaktion zeigen. Wir haben es heute offensiv sehr gut gemacht und haben gut harmoniert.»
«Ich habe mir natürlich nicht vorgestellt, mit 17 Jahren auf so hohem Niveau zu spielen. Aber ich versuche, mich nicht verrückt zu machen und nehme Tag für Tag.»
Embolo ist in der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé geboren worden und hat sich noch nicht festgelegt, ob er für die Schweiz oder Kamerun auflaufen wird: «Ich weiss es nicht.» Sicher sei, dass die SFV-Auswahl Embolo gut gebrauchen könnte, meint Fabian Frei: «Die Schweiz kann nie genug gute Stürmer haben».
Nach erfolgreichem Einbürgerungstest wartet das FCB-Juwel weiterhin auf den roten Pass. Hoffentlich nicht zu lange, denn Volker Finke ist nicht nur SRF-Experte, sondern auch Kamerun-Trainer und hat kürzlich im Fernsehstudio sein Interesse angemeldet: «Natürlich stehe ich mit ihm in Kontakt, seine Qualitäten sind unbestritten». Gestern fügt Finke hinzu: «Mir ist bewusst, dass ich ihn schon morgen aufbieten könnte». Der Deutsche stellt aber gleichzeitig klar, dass er ihn «nicht der Schweiz wegklauen werde» und «ihn die Entscheidung selber treffen lasse».
Who is his Embolo kid for Basel?
He plays like he has been playing in champions league for years.
— NOV30 (@_Oleon) 4. November 2014
Sicher ist aber seine Lieblingsmannschaft: Der FC Barcelona mit seinem Passspiel hat Embolo fasziniert. Vielleicht wird es aber zuerst ein Verein aus der Bundesliga, schliesslich waren neben Freiburg-Coach Streich auch Augsburg-Manager Stefan Reuter und Ralf Rangnick anwesend.
Speziell Rangnick, der Sportdirektor von Red Bull Salzburg und RB Leipzig, ist bekannt dafür, sich nicht oft ein junges Juwel in Europa durch die Lappen gehen zu lassen. So oder so scheint es, dass Embolo eine «Riesenkarriere vor sich hat», wie Stürmerkollege Shkelzen Gashi bemerkt. Dafür müsse er «weiter hart an sich arbeiten». Gashi ist aber überzeugt: «Embolo wird seinen Weg machen.»
Seinem Vorbild ähnelt er nicht nur «optisch» (Fabian Frei), sondern auch die gleiche Spielweise ist für den Beobachter unverkennbar: Mario Balotelli. Auch wenn Fabian Frei abwiegelt: «Breel wird kein Tor aus fünfzig Metern machen». Und liefert gleich die vernünftige Erklärung: «Weil er nie einfach so aus fünfzig Meter abziehen würde.»
Auf den Italiener trifft Embolo im letzten (und wahrscheinlichen entscheidenden) Gruppenspiel am 9. Dezember in Liverpool. Zuffi dazu: «Das wird sicher das Finalspiel»; auch wenn Zuffi kämpferisch meint, bereits vorher «auch gegen Real Madrid punkten» zu wollen. Frei meint zum allfälligen Showdown gegen «die Reds»: «Es geht um etwas, das war das Ziel von uns, jetzt haben wir es höchstwahrscheinlich erreicht und auf das können wir uns auch freuen.»
Nicht so sehr freuen wird sich dafür wahrscheinlich Breel Embolo auf den heutigen Tagesbeginn. Der Hoffnungsträger der Basler muss trotz seines Ausnahmetalents nämlich pünktlich um 8 Uhr in der Schule sein. Embolo absolviert beim Nordwestschweizer Fussballverband eine kaufmännische Ausbildung. Schwänzen liegt nicht drin, schliesslich hat er es versprochen: «Abgemacht ist abgemacht. Dann versuche ich auch mein Wort zu halten».
Dafür ist sein Heimweg nicht lange: Embolo lebt nur wenige Meter vom Stadion in einem Wohnheim für Nachwuchsspieler. Diese «Bodenständigkeit» (Gashi über Embolo) ist sicher ein wesentlicher Faktor, weshalb der 17-Jährige so beliebt ist im Team.
Ob der «Supertyp» (Gashi über Embolo) lange am Rheinknie zu bewundern sein wird? Man darf bei der (steilen) Entwicklungskurve von Embolo doch leise daran zweifeln. Schliesslich fiel Embolo einst als Zehnjähriger im Probetraining beim FC Basel durch und wirbelt nun gerademal sieben Jahre später trotzdem die Fussballwelt auf.