Die Polizei in der Türkei hat am Mittwoch den Chef einer oppositionellen Zeitschrift festgenommen, als dieser nach Griechenland ausreisen wollte. Zwei Tage nach seiner Verurteilung zu über 22 Jahren Gefängnis sei Murat Capan bei dem versuchten «illegalen» Grenzübertritt gefasst worden, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.
Er war in Begleitung von vier weiteren Männern, die ebenfalls festgenommen wurden und denen Verbindungen zur Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen vorgeworfen werden.
Capan war am Montag in Abwesenheit zusammen mit dem Chefredakteur der Zeitschrift «Nokta», Cevheri Güven, in Istanbul wegen des Vorwurfs verurteilt worden, zu einem bewaffneten Aufstand gegen den Staat aufgerufen zu haben. Das Urteil lautet auf 22 Jahre und sechs Monate Haft.
Hintergrund war ein Artikel in der Zeitschrift, in dem der Wahlsieg der islamisch-konservativen AKP von Staatschef Recep Tayyip Erdogan im November 2015 als «Beginn des Bürgerkriegs in der Türkei» bezeichnet wurde. Die linksgerichtete Zeitschrift ist seither geschlossen.
Die Regierung in der Türkei macht die Bewegung von Gülen für den gescheiterten Putsch im vergangenen Jahr verantwortlich. Der einstige Weggefährte von Erdogan lebt im Exil in den USA und bestreitet alle Vorwürfe. Die Regierung hat die Gülen-Bewegung als terroristische Organisation eingestuft.
Seit dem versuchten Militärputsch im Juli 2016 wurden mehr als 100'000 Menschen in der Türkei aus dem Staatsdienst entlassen, darunter Richter, Polizisten, Lehrer, Ärzte und Wissenschaftler. Mehr als 47'000 Menschen wurden inhaftiert. (sda/afp)