Aktivisten klauen ein Stück Rütliwiese – Eidgenossenschaft erwägt strafrechtliche Schritte
Am Donnerstagmorgen flattert wunderliche Post in die watson-Redaktion: In einem anonymen Brief, aufgegeben bei der Sihlpost in Zürich, steckt ein per Schreibmaschine aufgesetzter Brief, der angeblich die Rütliwiese mit einem grossen Loch zeigt, und eine Hand voll Erde. Absender: «Guerillagruppe 0».
«Wir haben die RütliwieseTM entführt», titelt der Brief. Weiter heisst es: «Die RütliwieseTM ist auch nur eine Wiese. Sie soll Wiese sein dürfen und muss nicht Symbol bleiben. Jedes Symbol steht für was. (...) Alle Symbole sollen fallen.»
TM ist das Symbol für eine unregistrierte Warenmarke, im Gegensatz zu einer registrierten, die mit ® versehen ist. Das Beweisfoto liegt ebenfalls bei:
Die Sendung ging gemäss Absender an verschiedene Medienschaffende der Schweiz, Bundespräsident Johann Schneider-Ammann, die neu gewählten Parlamentspräsidenten Jürg Stahl (SVP) und Ivo Bischofberger (CVP) sowie an die Parteisekretariate der CVP, FDP, SP, SVP, Grünen und an den Globi Verlag.
«Wir haben die Rütliwiese entführt»
Was das soll? «Wir haben uns einer Suche verschrieben», sagt der Sprecher der «Guerillagruppe 0», Benjamin von Wyl. «Wir wollen die Welt hinter den Symbolen freilegen. Die Rütliwiese ist ein Beispiel für ein eingerostetes Symbol. Wir wollen sie davon befreien.» Ihre Aktionen fasst die Gruppe unter dem Facebook-Hashtag #nullvision zusammen.
Diebstahl untolerierbar
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Ob die Grundeigentümerin des Rütli, die Schweizerische Eidgenossenschaft, so viel Verständnis für künstlerische Fragen hat? Lukas Niederberger von der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft (SGG) sagt: «Falls es einen ganz bestimmten ideellen oder politischen Grund gibt, beispielsweise mit einem anderen Ort ein kleines Stück Rütliwiese zu tauschen oder für einen ganz bestimmten Anlass einen Flecken Rütliwiese auszuleihen, würde sich die SGG in Absprache mit dem Bundesamt für Bauten und Logistik kaum querstellen. Aber einen Diebstahl können wir unter keinen Umständen tolerieren.»
Für Verstösse gegen Ruhe und Ordnung auf der Rütliwiese sei der Kanton Uri zuständig, führt Niederberger weiter aus. «Bei Diebstahl, Personenschäden und Sachbeschädigungen haben die SGG als Verwalterin und die Eidgenossenschaft als Besitzerin des Rütli das Recht, zivil- oder strafrechtliche Schritte einzuleiten.»
In der Rütli-Benutzungsordnung, welche die SGG mit der Eidgenossenschaft geschaffen hat, steht: «Die Besucherinnen und Besucher des Rütli sowie insbesondere die Veranstalter von Anlässen auf dem Rütli sind zu Respekt und Rücksichtnahme gegenüber diesem Ort und gegenüber anderen Besucherinnen und Besuchern verpflichtet.»
Die Mitglieder der «Guerillagruppe 0» würden rechtlich geradestehen. «Dass dieses Vorgehen nicht alle Menschen gut finden, nimmt die ‹Guerillagruppe 0› hin.», sagt von Wyl. Auf der Hand hat er eine Null tätowiert.