Das Atomkraftwerk Fessenheim ist seit Jahren umstritten. Baufällig sei das älteste Kraftwerk Frankreichs und unsicher, monieren Kritiker, wie unter anderem Greenpeace. Auf dem Rhein und mit einer Abseilaktion hatten die Aktivisten vor Terrorgefahr gewarnt – erst jetzt wird bekannt, dass wenige Monate zuvor weit weniger gefehlt hätte zu einem atomaren GAU.
Am 9. April reichte offenbar eine Überschwemmung, um mehrere Sicherheitsebenen des AKWs auszuschalten. Dies geht aus einem Brief der französischen Atomaufsicht an die Leitung des Kraftwerks hervor, wie die deutschen Medien "WDR" und "Süddeutsche Zeitung" am Freitag publik machten.
Das eingetretene Wasser hat demzufolge die elektrischen Isolierungen beschädigt und gleich zwei Systeme zur Reaktorschnellabschaltung ausser Kraft gesetzt. Den Reaktor ordnungsgemäss herunterzufahren war nicht möglich, da sich die Steuerstäbe nicht bewegen liessen.
Bor im Reaktorbehälter
Während mehrerer Minuten sei die Temperatur im Reaktorkern ausser Kontrolle geraten, zitiert die Zeitung aus dem Dokument. Die Mannschaft habe keine Informationen über den Reaktor mehr gehabt. Dies führte zu einer ungewöhnlichen Massnahme: Um den Reaktor herunterzufahren, wurde Bor in den Reaktorbehälter gegeben.
Manfred Mertins ist Experte für Reaktorsicherheit und beurteilte diese in deutschen AKWS. Gegenüber «WDR» sagte er: «Es hätte kein Wasser eindringen dürfen, insbesondere in die Leittechnikschränke des Reaktorschutzes. Dass ein Strang komplett ausgefallen ist, das geht gar nicht!» Und weiter: «Das ist eine akute Gefährdung für die Bevölkerung.» Er kritisiert zudem, dass der Vorfall nicht der Atomenergiebehörde IAEA mitgeteilt wurde und fordert die Abschaltung des pannenanfälligen AKWS. (bro)
(bzbasel.ch)