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Unter der Schlagzeile «Der Tesla-Mythos» versuchen die beiden TA-Journalisten Stefan Häne und Michael Soukup das Elektroauto zu dekonstruieren. Ihre Argumente lassen sich wie folgt zusammenfassen: Wenn der Strom für den Tesla aus einem dreckigen Kohlekraftwerk stammt, dann ändert sich an der Ökobilanz rein gar nichts. Der Bau eines Teslas verschlingt viel graue Energie, vor allem die Batterien, die zudem das Auto schwer und damit wenig energieeffizient machen. Und schliesslich ist der Tesla teuer und damit eine Luxuskarre für Privilegierte.
So weit so schlecht. Gehen wir auf die einzelnen Argumente ein: Die Sache mit den Kohlekraftwerken gilt für unser Land nur sehr bedingt. Selbst die TA-Autoren müssen zugeben: «In der Schweiz ist zumindest die CO2-Bilanz besser, weil die Wasserkraft das Rückgrat der helvetischen Stromversorgung ist.» Zudem ist der Einwand nicht viel mehr als zu sagen, was die Angelsachsen unfein «fucking obvious» nennen. Es ist doch vollkommen klar, dass es niemals das Ziel sein kann, Elektroautos mit Strom aus Kohlekraftwerken zu betreiben.
Kommen wir zu grauer Energie und der leidigen
Batterie-Sache. Elektroautos haben sehr viel weniger Verschleiss als mit Benzin
oder Diesel betriebene Autos. Das liegt in der Natur der Sache, respektive in
der Art des Antriebs. Einen Tesla muss man nicht nach einer bestimmten
Kilometerzahl oder nach fünf, sechs Jahren ersetzen, er kann wie ein Smartphone
mit einem Update auf den neuesten technischen Stand gebracht werden. (Versuch
das mal mit deinem alten Volvo, Soukup!) Der Tesla S ist deshalb ganz bewusst
als eine zeitlose Limousine konstruiert worden.
Der Elektromotor des Tesla erreicht zudem einen Wirkungsgrad von 90 Prozent, bei den Diesel- und Benzinmotoren liegt er im Labor bestenfalls bei 30 Prozent – und was von diesen Werten zu halten ist, wissen wir seit dem VW-Skandal. In der Realität dürfte er höchstens bei 15 Prozent liegen. Diese Werte sprechen für sich selbst.
Was die Batterien betrifft: Selbstverständlich sind wir hier noch weit vom Optimum entfernt. Doch inzwischen geht in der Batterieforschung die Post ab, nicht nur bei Elon Musk, der für Milliarden Dollar in der Wüste von Nevada neue Fabriken erstellen lässt. Auch die deutsche Konkurrenz ist aufgewacht. Bei Bosch arbeitet man ebenfalls mit Hochdruck an neuen Batteriekonzepten.
Schliesslich noch das Luxuskarren-Argument: Es ist erstens billig und zweitens ebenfalls fucking obvious. Hat nicht jeder technische Fortschritt zuerst mit den Wohlhabenden begonnen? Zudem hat Tesla ja längst angekündigt, ein erschwingliches Elektroauto zu bauen – und bisher hat Musk seine Versprechen gehalten, wenn auch mit Verspätung.
Der Tesla ist keine Wunderwaffe gegen alle Energieprobleme. Er kann jedoch ein wichtiger Meilenstein für die Zukunft des Massenverkehrs und der Energieversorgung sein. Elon Musk mag in seinem Verhalten ein unangenehmer Mensch sein. Seine unternehmerische Leistung jedoch ist phantastisch. Er hat mehr oder weniger im Alleingang die Autoindustrie aus ihrem hundertjährigen Dornröschenschlaf geweckt und gezwungen, endlich zu handeln.
Inzwischen haben alle Hersteller sich mehr oder weniger verpflichtet, in Sachen Elektroauto ernsthaft voranzuschreiten, auch die deutschen. VW scheint das gescheiterte Diesel-Experiment abzubrechen und die Luxushersteller BMW, Mercedes, Porsche und Audi stolpern beim Wettlauf um ein E-Modell übereinander.
Sollte diesmal der Durchbruch des Elektroautos gelingen, dann ist das weit mehr als einfach ein neuer Antrieb für das gleiche Gefährt. Diesen Fehler hat die Autoindustrie vor hundert Jahren schon mal gemacht, als sie zunächst Pferdekutschen mit einem Motor ausrüstete. Es dauerte bis in die 1920er Jahre, bis erkannt wurde, dass dies keine taugliche Idee war.
Das Elektroauto wird mehr als unser Mobilitätsverhalten verändern. Es wird auch dazu beitragen, dass wir unsere Energieversorgung neu überdenken und den Aufbau eines so genannten Smart Grid, eines intelligenten Stromnetzes, vorantreiben. Für ein dezentrales, auf nachhaltiger Energie (Wasser, Sonne, Wind) beruhendes Energiesystem ist die Schweiz aufgrund ihrer Geografie geradezu prädestiniert. Das hat der ETH-Professor, Unternehmer und Tesla-Fahrer Anton Gunzinger in seinem Buch «Kraftwerk Schweiz» aufgezeigt. Eine lohnenswerte Lektüre – und zudem vom Ex-Tagi-Journalisten René Staubli verfasst.