07.12.2016, 16:0307.12.2016, 17:18
Wir sind um ein «Wort des Jahres» reicher. Der diesjährige Gewinner ist das Wort «Filterblase».
Applaus für «Filterblase»!gif: giphy Begründet hat die sechsköpfige Jury, der unser Video-Blogger Renato Kaiser ebenfalls beisass, die Wahl wie folgt:
Paradox: Je vernetzter die Welt, desto isolierter ist das Individuum in seiner Nische von Gleichgesinnten. Das Internet schafft Blasen, die dem Einzelnen die Welt bedeuten, dann aber plötzlich platzen wie diejenige der Anhängerschaft Hillary Clintons, die am Wahltag des 8. November feststellen musste, dass sie sich trompiert hatte. Spätestens mit der Abstimmung über den Atomausstieg kam das Phänomen in der Schweiz an: Im eigenen digitalen Umfeld von Gleichgesinnten wähnt man sich in der Mehrheit. Diese virtuellen Räume, auch «Echokammern» genannt, in denen man stets nur in seinen eigenen Vorlieben und Ansichten bestätigt wird, sind vom Web-User nicht nur selbstgewählt, sondern werden durch Algorithmen verstärkt: Social Media wie Facebook sind so programmiert, dass Gleiche zu Gleichen und Gleichgesinnte zu Gleichgesinnten kommen. Damit sind sie just das Gegenteil dessen, was sie vorgeben, nämlich demokratisch zu sein. In Zeiten des «Postfaktischen» und von «fake news» verliert der Einzelne, ohne es zu merken, seine Deutungshoheit an eine Maschine.»
Unwort des Jahres
Als das Unwort des Jahres wurde «Inländervorrang light» gekürt. Begründung:
«Diese typisch schweizerische Wortschöpfung spiegelt die Mühen der Politik, einen Volksentscheid umzusetzen und dabei möglichst allen entgegenzukommen: Abstimmungssiegern wie -verlierern, der EU, den heimischen Stellensuchenden. Um die Kompromissbereitschaft und Abschwächung auszudrücken, die helvetischer Politik stets innewohnt, bedient man sich eines englischen Ausdrucks: light. Der Begriff ist verniedlichend und klingt so technisch, dass fast vergessen geht, dass es sich bei in- und ausländischen Arbeitssuchenden um Menschen handelt.»
Satz des Jahres
«Vielleicht müssen wir die Granaten in Zukunft ohne Logo liefern, damit niemand weiss, woher sie stammen», wurde zum Satz des Jahres gewählt.
Rausgelassen hat ihn kein anderer als der gewählte Volksvertreter Andreas Glarner am Vorabend des 1. August in einem Interview mit dem Aargauer Regionalsender Tele M1. Ein «IS»-Attentäter hatte bei einem Terroranschlag in der Türkei Schweizer Granaten eingesetzt, worauf in der Schweiz der Ruf nach einem Verbot von Kriegsmaterialexporten laut wurde. Der Satz erscheine der Jury als Inbegriff helvetischer «Das geht uns nichts an»-Mentalität – Waffen zu exportieren und sich um die Folgen zu foutieren, sei zynisch.
Ausdruck des Jahres: «dabbing»
Die Geste, sich einen angewinkelten Arm vor die Stirn zu halten und den anderen im selben Winkel auszustrecken, wird zunehmend auch in der Schweiz von jungen Menschen verwendet. Populär gemacht wurde sie von Rappern aus dem Raum Atlanta, Georgia, und in der Folge von amerikanischen und europäischen Sportlern.
«Dabbing» sagt als Ausdruck der Begeisterung in Zeiten optisch orientierter Medien wie Instagram mehr als 1000 Worte. Die Jury fällt ihr Votum im Bewusstsein, dass «dabbing» damit auf einen Schlag uncool wird und «von gestern» ist.
Oder wenn's Bill Gates versucht:
(gin)
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