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Wie du Betroffenen in Afghanistan hilfst – und worauf du achten musst

Wie du Betroffenen in Afghanistan helfen kannst – und worauf du achten musst

Nach der Machtübernahme der Taliban verschärft sich die humanitäre Krise in Afghanistan dramatisch. Wie kann ich helfen? Worauf muss ich aufpassen? Und welche Hilfsorganisationen sind noch vor Ort? Eine Übersicht.
23.08.2021, 19:2424.08.2021, 12:27
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Die dramatischen Bilder vom Flughafen Kabul, als sich verzweifelte Menschen an den startenden US-Transportmaschinen festklammerten, sind erst ein paar Tage her. Eine Beruhigung der Lage ist nicht in Sicht – im Gegenteil.

FILE - In this Aug. 16, 2021, file photo, hundreds of people gather near a U.S. Air Force C-17 transport plane along the perimeter at the international airport in Kabul, Afghanistan. In the U.S. depar ...
Bild: keystone

«Die humanitäre Krise in Afghanistan verschärft sich rapide», beschrieb das UN-Nothilfebüro (OCHA) die Lage vor Ort. Und das Kinderhilfswerk UNICEF schreibt in einer Mitteilung: «Wir befinden uns in Afghanistan in einer Übergangsphase. Niemand kann vorhersagen, was als nächstes passiert».

Angesichts der unsicheren Lage, der bedrückenden Nachrichten und Bilder verzweifelter Menschen wollen sich viele solidarisch zeigen und Spenden sammeln oder Geld spenden. Die ersten Spendenaufrufe machten auf sozialen Netzwerken bereits die Runde und generierten schon Zehntausende Franken.

Um die humanitäre Katastrophe abzufedern, ist die Bevölkerung in Afghanistan auf Hilfe angewiesen. Schon im Frühjahr schätzte die UN den Spendenbedarf für Afghanistan auf knapp 1,3 Milliarden Dollar – also noch vor der Machtübernahme der Taliban.

epa09407976 Afghans who are displaced from Kunduz and Takhar provinces due to fighting between Taliban and Afghan forces live in temporary shelters at a camp in Kabul, Afghanistan, 10 August 2021.At l ...
Provisorische Unterkünfte in einem Lager in Kabul.Bild: keystone

Doch welche Spenden sind in der aktuellen Situation sinnvoll? Welche Organisation ist überhaupt vor Ort? Und auf was muss ich achten, damit ich nicht auf Spendenbetrüger hereinfalle?

Martina Ziegerer ist Geschäftsleiterin der Stiftung «Zewo», die regelmässig die Schweizer Non-Profit-Organisationen überprüft und zertifiziert. Ziegerer rät Spendenwilligen derzeit zu etwas Geduld und mahnt gleichzeitig zur Vorsicht. Viele Hilfsorganisationen würden derzeit abklären, wie sie am besten helfen, sodass die Spenden sicher und am richtigen Ort ankommen. Die Lage sei noch unübersichtlich.

Selbst die schweizerische Spendenorganisation «Glückskette», die sonst möglichst rasch und unbürokratisch handelt, warte noch ab, bis sie an die Spendenbereitschaft der Bevölkerung appelliert.

Gefahr für Trittbrettfahrer ist gross

Bei humanitären Katastrophen wie jetzt in Afghanistan ist die Spenden-Bereitschaft erfahrungsgemäss hoch. Das ist beeindruckend, birgt aber auch Gefahren. «Die Hilfsbereitschaft wird immer wieder von Trittbrettfahrern ausgenutzt», so Ziegerer. Diese sind jedoch nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Manche wirken seriös und professionell. Was kompetent klingen und auf den ersten Blick seriös aussehen mag, kann sich als betrügerischer Aufruf entpuppen.

Ziegerer rät deshalb zu überprüfen, wer dahinter steckt, ob die Organisation transparent informiert und sich kontrollieren lässt. Zu empfehlen seien zertifizierte Hilfswerke, insbesondere jene, die bereits vor Ort Erfahrung haben, über das erforderliche Fachwissen und die nötigen Kontakte verfügen, so Ziegerer.

Terre des Hommes

Zu den grossen Hilfsorganisationen gehört unter anderem die Fondation Terre des Hommes. Seit 1995 ist das Kinderhilfswerk vor Ort und setzt sich für die Rechte von Kindern ein. Gemäss eigenen Angaben fliessen 86 Prozent der Spenden direkt in die Kinderhilfsprojekte.

Spendenaufruf Terre des Hommes

UNICEF

Zu den Organisationen vor Ort zählt auch UNICEF. Das Kinderhilfswerk leistet in über 190 Staaten humanitäre Hilfe. Seit 65 Jahren ist die Organisation in Afghanistan stationiert. Gemäss eigenen Angaben sei der Zugang der Menschen in Not derzeit sehr schwierig und mit Gefahren für das Personal verbunden. Trotzdem habe man sich dazu entschieden, im Land zu bleiben. Man möchte die Wasserversorgung in den Dürre-Gebieten gewährleisten und wolle neue Gesundheitslager für Binnenvertriebene bereitstellen.

Spendenaufruf UNICEF

Ärzte ohne Grenzen

Auch die grösste medizinische Nothilfeorganisation Médecins Sans Frontières (Ärzte ohne Grenzen) ist schon lange in Afghanistan tätig. Seit 1980 befindet sich die Organisation fast ununterbrochen in Afghanistan im Einsatz, aktuell mit fünf Projekten in fünf Regionen und rund 2400 Mitarbeitern. Gemäss Anfrage von watson sollen die Projekte im Land weiter laufen, solange es die Situation erlaubt. Derzeit behandle man eine hohe Zahl von Kriegsverletzen.

Spendenaufruf Médecins Sans Frontières

Internationales Komitee vom Roten Kreuz

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist seit 1987 in Afghanistan präsent und arbeitet schon sehr lange daran, Menschen von den Taliban kontrollierten Gegenden zu schützen und zu unterstützen. Weiterhin werden die medizinischen Teams ihre Arbeit in den Rehabilitationszentren fortfahren.

Spendenaufruf IKRK

Caritas

Kein Team vor Ort hat das Hilfswerk «Caritas Schweiz», weshalb man gemäss Anfrage von watson aktuell (noch) keine Spenden für Afghanistan sammle. Anders sieht es bei «Caritas Österreich» aus. Die Spenden aus Österreich fliessen jedoch nicht direkt nach Afghanistan, eine Hilfsgruppe aus Österreich hat Caritas derzeit nicht vor Ort.

Die Organisation befindet sich in den Nachbarländern etwa in Pakistan, wo sie Geflüchtete aus Afghanistan mit Nothilfe und auch langfristiger Hilfe unterstützt. Gemeinsam mit Partnerorganisationen bereite man derzeit auch in Afghanistan direkt Hilfsannahmen vor. Mehr könne man zurzeit noch nicht sagen.

Spendenaufruf Caritas Österreich

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Die Taliban übernehmen die Macht in Afghanistan
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Am 15. August 2021 haben die Taliban ihr Ziel erreicht: Sie sind in der Hauptstadt Kabul einmarschiert und haben den Präsidentenpalast in ihrer Kontrolle.
quelle: keystone / zabi karimi
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20 Kommentare
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Mareko
24.08.2021 05:00registriert Juli 2020
Afghanistan braucht unsere Unterstützung nicht. Während rund 20 Jahren haben sich die USA und die Nato-Allianz, zusammen mit unzähligen Hilfswerken, auch NGOs, mit enormen Summen für die Afghanen engagiert. Doch kaum waren die Truppen der verhassten Ungläubigen zum Abzug aus dem Hindukusch bereit, bejubelten die Afghanen die Rückeroberungen zuerst der Provinz-Städte, schliesslich von Kabul durch die Taliban. Der Präsident und seine Entourage sind geflohen, die gut ausgebildete und ausgerüstete Armee hat sich kampflos den Taliban ergeben. Sie haben was sie wollen, jegliche Hilfe ist unnötig.
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