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Junge Leute drücken die Impfquoten in den Kantonen nach oben – diese Bezirke trumpfen auf

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Mittlerweile werden in der Schweiz auch schon Kinder geimpft. Die Quote der Geimpften bleibt aber tief.Bild: keystone

Junge Leute drücken die Impfquoten in den Kantonen nach oben – diese Bezirke trumpfen auf

Eine Auswertung von detaillierten Impfzahlen zeigt: Die Unterschiede sind selbst zwischen Nachbargemeinden gross. Ungeimpfte Erwachsene sind aber in allen Kantonen in der Minderheit.
06.08.2021, 06:02
Stefan Ehrbar / ch media
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Wer lässt sich impfen? Eine Antwort darauf liefert das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Demnach stehen die Kantone Zürich, Basel-Stadt und Basel-Landschaft an der Spitze, während in Appenzell Innerrhoden, Obwalden und Glarus am wenigsten Dosen in die Oberarme wandern.

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Was diese Daten nicht zeigen: Innerhalb von Kantonen sind die Unterschiede beträchtlich. Das zeigt eine Auswertung von CH Media anhand von detaillierten Daten auf Bezirks- und Gemeindeebene, welche die Kantone Bern, Zürich, Aargau und Basel-Landschaft zur Verfügung stellen.

Dass selbst innerhalb von wenigen Kilometern grosse Unterschiede herrschen, zeigt das Beispiel des Kanton Zürich. In der Stadt Zürich sind per 4. August 64 Prozent der Gesamtbevölkerung ab einem Alter von 0 Jahren geimpft. Im benachbarten Bezirk Dielsdorf liegt der Anteil mit 53 Prozent allerdings um über 10 Prozentpunkte tiefer, während er an der Goldküste etwa gleich hoch ist wie in der Stadt.

Anteil der mindestens einmal Geimpften an der Gesamtbevölkerung (ab 0 Jahren), Stand: 3.-5.8.

Die folgende Grafik zeigt die Impfquoten in ausgewählten Gemeinden, Bezirken und Kantonen der Schweiz.
Die folgende Grafik zeigt die Impfquoten in ausgewählten Gemeinden, Bezirken und Kantonen der Schweiz.quelle: BAG, Kanton Bern, Kanton Zürich, eigene Berechnungen – Grafik: ehs

Dasselbe Bild zeigt sich in Bern: Im Berner Seeland sind 62 Prozent der Gesamtbevölkerung ab 0 Jahren geimpft. Im angrenzenden Berner Jura hingegen liegt die Impfquote mit 45 Prozent ganze 17 Prozentpunkte tiefer. Im Kanton Aargau wiederum hat der Bezirk Rheinfelden angrenzend an Basel mit gut 55 Prozent die höchste Impfquote, der ländliche Bezirk Muri mit rund 45 Prozent die tiefste.

Auch ein Blick auf den Kanton Basel-Landschaft offenbart grosse Unterschiede: In Oberwil waren Ende Juli 60.4 Prozent der Gesamtbevölkerung mindestens einmal geimpft oder für die Impfung registriert. In der etwa gleich grossen Nachbargemeinde Therwil waren es mit 56.2 Prozent deutlich weniger – und in Pratteln mit deutlich mehr Einwohnern sogar nur 45.4 Prozent.

Ist die Nähe zur Stadt entscheidend?

In Basel-Landschaft zeigt sich, dass nicht nur die Grösse der Gemeinde alleine entscheidend ist. Auch kleine Gemeinden wie Ramlinsburg mit 721 Einwohnern weisen eine im schweizweiten Vergleich überdurchschnittlich hohe Impfquote auf. Tendenziell weisen Gemeinden in der Nähe der Stadt Basel eine höhere Impfquote auf.

Dass der Stadt-Land-Graben eine Rolle spielt, zeigt sich auch in Bern: Die ländlich geprägten Bezirke wie das Oberaargau oder das Obersimmental haben deutlich tiefere Impfquoten als etwa der Bezirk Bern-Mittelland mit der Bundesstadt und ihren Agglomerationsgemeinden. In Zürich wiederum hat der ländlich geprägte Bezirk Andelfingen am äussersten Rand des Kantons die tiefste Impfquote.

Diese Zahlen beziehen sich auf die Anteil der mindestens einmal Geimpften in der Gesamtbevölkerung. Werden die Anteile der erwachsenen Bevölkerung ab 20 Jahren betrachtet, zeigt sich: Selbst im derzeitigen Impfschlusslicht Appenzell Innerrhoden ist die Mehrheit der Erwachsenen bereits mindestens einmal geimpft. Am höchsten ist der Wert mit 75 Prozent in der Stadt Zürich.

Wer hat die höchste Impfquote?

Dass die Stadt Zürich die höchste Impfquote der Schweiz hat, ist wahrscheinlich, lässt sich aber nicht abschliessend verifizieren. Der Kanton Bern veröffentlicht die Impfquote seiner Hauptstadt nicht gesondert, sondern nur als Teil des Bezirks Bern-Mittelland. Möglich wäre auch, dass einzelne Gemeinden an der Zürcher Goldküste oder im Berner Seeland eine höhere Impfquote aufweisen.

Erstaunlich ist der hohe Wert der grössten Schweizer Stadt aber. Er kommt nämlich nicht zustande, weil ein besonders hoher Anteil der älteren Bevölkerung geimpft wäre. Bei den über 70-Jährigen schneidet die Stadt im innerkantonalen Vergleich durchschnittlich ab.

Die Impfquoten der Erwachsenen

Mindestens einmal geimpft ab 20 Jahren, Stand: 3./4. August
Mindestens einmal geimpft ab 20 Jahren, Stand: 3./4. August*Unter der Annahme gleicher Impfquote und Altersverteilung der 10-19-Jährigen wie im restlichen Kanton – Quelle: BAG, Kantone Zürich, Bern und Aargau, BFS, eigene Berechnungen – Grafik: ehs

Aussergewöhnlich hohe Werte verzeichnet sie dafür bei den Jüngeren: 72 Prozent der 20- bis 29-Jährigen sind bereits mindestens einmal geimpft. Zum Vergleich: Im Kanton St. Gallen liegt dieser Wert bei 40 Prozent, in Luzern bei 43 Prozent, im Kanton Aargau bei 44 Prozent und in Basel-Stadt bei 53 Prozent. In Appenzell Innerrhoden sind es mit bescheidenen 32 Prozent nicht einmal halb so viele.

Das kann verschiedene Gründe haben, die in mehr oder weniger starkem Ausmass auch in anderen Städten zum Tragen kommen. Denkbar sind diese Erklärungen:

  • Die Studierenden: In der Stadt Zürich wohnen dank der Universität, der ETH Zürich, der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und weiteren Hochschulen überdurchschnittlich viele Studierende. Wie Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Sotomo im Auftrag der SRG ergeben hat, ist die Impfbereitschaft bei Menschen mit einem Abschluss auf Hochschulstufe am höchsten. Nur 19 Prozent gaben in dieser Gruppe an, sich nicht impfen lassen zu wollen – im Gegensatz zu 27 respektive 28 Prozent in der Gruppe der Menschen mit einem Abschluss einer obligatorischen Schule/Berufsschule oder einer höheren Berufsbildung/Mittelschule.
  • Das Reisen: Bewohnerinnen und Bewohner grosser Kernstädte stiegen schon vor der Pandemie häufiger für private Zwecke ins Flugzeug als jene des ländlichen Raums – nämlich 0,8 mal pro Jahr im Vergleich zu 0,5 mal pro Jahr. Noch populärer ist das Fliegen für Menschen, die einen Flughafen in der Nähe haben, wie es in Zürich der Fall ist. Das zeigt eine weitere Analyse des Instituts Sotomo. Gerade beim Reisen ins Ausland vereinfacht die Impfung vieles, in gewissen Ländern ist sie Voraussetzung für die Einreise. Gut möglich, dass dies junge Menschen in den Städten zum Impfen animiert. Hinzu kommt: Gut 30 Prozent der Bevölkerung in der Stadt Zürich sind Ausländer, fast die Hälfte ist im Ausland geboren. Das ist deutlich mehr als im Schweizer Durchschnitt. Diese Menschen möchten beispielsweise nach langen Monaten der Pandemie wieder einmal ihre Verwandtschaft im Ausland besuchen.
  • Die Clubs: In keiner anderen Schweizer Stadt gibt es so viele Clubs wie in Zürich. Wer diese regelmässig besucht, muss sich entweder jedes Mal wieder testen oder sich einmalig vollständig impfen lassen.
  • Der Gruppeneffekt: Ist die Mehrheit des eigenen Freundeskreises geimpft, verschiebt sich die Wahrnehmung: Befürchtete Gefahren relativieren sich, die Impfung wird als normaler angesehen. Umgekehrt ist der Druck auf dem Land kleiner, wenn ein Grossteil des eigenen Freundeskreis nicht geimpft ist: Die Nicht-Impfung ist dann Normalität und nicht Ausnahme.
  • Die Zugänglichkeit: In der Stadt Zürich befinden sich drei Impfzentren, die zum Teil Walk-In-Impfungen anbieten. Hinzu kommen Dutzende Apotheken als Impforte. Der Zugang zur Impfung ist deutlich niederschwelliger und einfacher als vielerorts auf dem Land.
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116 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rethinking
06.08.2021 06:44registriert Oktober 2018
So hart es tönt…

Es scheint auch was mit der Intelligenz zu tun zu haben…

Oder zumindest mit der Bildung…
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der Denker
06.08.2021 08:12registriert März 2016
Wenn ich auf etwas wetten müsste. Würde ich sagen der Impfanteil ist dort am geringsten, wo die SVP den grössten Wähleranteil hat.
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Posersalami
06.08.2021 07:08registriert September 2016
Ich hoffe einfach, das die Landgemeinden Covid-19 dann auch Zuhause auskurieren und nicht die Spitäler in den Städten fluten.

Ist ja schliesslich nicht schlimm und auf dem Land leben ja nur „zächi sieche“.
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